# taz.de -- Nach der Zerstörung des Staudamms: Russland blockiert Opferhilfe | |
> Die UNO wirft Russland vor, Hilfsleistungen für Betroffene der | |
> Staudamm-Zerstörung zu verhindern. Kremlsprecher Peskow laviert. | |
Bild: Freiwillige bergen Leichen aus den Fluten in Hola Prystan | |
BERLIN taz | Lavieren lautete offensichtlich die Devise von Kremlsprecher | |
Dmitri Peskow am Montag. Er kenne die Nuancen nicht genau, doch es gebe | |
viele Fragen: Wie die Sicherheit garantieren? Es gebe ständig Angriffe und | |
Provokationen, zivile Objekte würden beschossen, Menschen stürben. Alles | |
sei „sehr kompliziert“, sagte Peskow dem russischsprachigem Webportal | |
insider.ru zufolge. | |
Damit reagierte er auf eine Erklärung der UNO-Vertreterin in der Ukraine, | |
Denise Brown, über die von russischen Truppen besetzten Teile des Gebietes | |
Cherson inklusive des linken Ufers des Flusses Dnipro. [1][In der Nacht zum | |
6. Juni war das Wasserkraftwerk Kachowka explodiert.] Seitdem herrschen in | |
der gesamten Region infolge großflächiger Überflutungen katastrophale | |
Zustände. | |
„Die Regierung der Russischen Föderation hat unseren Antrag auf Zugang zu | |
den Gebieten unter ihrer vorübergehenden Kontrolle bislang abgelehnt. Die | |
UN wird weiter versuchen, diesen Zugang zu bekommen. Menschen, die Hilfe | |
brauchen, darf diese nicht verweigert werden“, heißt es in der Erklärung. | |
Brown rief Moskau dazu auf, im Einklang mit seinen Pflichten gemäß dem | |
humanitären Völkerrecht zu handeln. Zuvor hatten die russischen Behörden | |
ihre Bereitschaft erklärt, Zugang zu den betroffenen Gebieten zu gewähren, | |
jedoch müsse der Weg durch „russisches“ Territorium genommen werden. | |
## Zahl der Toten ums Zehnfache höher | |
Dass der Zugang zum linken Dnipro-Ufer und die Verteilung humanitärer Hilfe | |
dort derzeit unmöglich sei, hatten zuvor auch freiwillige Helfer*innen | |
beklagt. Laut offiziellen Angaben der Verwaltung der russischen Besatzer | |
seien bislang 35 Menschen zu Tode gekommen und [2][7.800 evakuiert worden]. | |
Der Journalistin Ewgenija Wirlitsch zufolge, die sich noch immer in Cherson | |
aufhält, dürfte die Zahl der Toten um das Zehnfache höher liegen. | |
Für das rechte Dnipro-Ufer, das die Ukraine kontrolliert, wird die Zahl der | |
Toten mit 17 angegeben – vier davon sollen bei Angriffen ums Leben gekommen | |
sein. 31 Personen gelten noch als vermisst. | |
Vor wenigen Tagen hatte die Nachrichtenagentur Reuters Fotos aus der Stadt | |
Hola Prystan veröffentlicht. Der Ort mit 14.600 Einwohner*innen liegt | |
15 Kilometer von Cherson entfernt am linken Dnipro-Ufer und war von den | |
Überflutungen mit am schwersten betroffen. Hier sollen 13 Menschen zu Tode | |
gekommen sein. Auf den Bildern – sie sollen am 16. Juni aufgenommen worden | |
sein – ist zu sehen, wie Leichen, die bäuchlings mit dem Gesicht im Wasser | |
liegen, aus zerstörten Häusern geborgen und in Plastiksäcken | |
abtransportiert werden. | |
## Die Mehrheit steht hinter Präsident Wolodimir Selenski | |
Unterdessen soll die ukrainische Armee nach Kyjiwer Angaben an einem stark | |
abgesicherten Frontabschnitt im Süden des Landes mittlerweile acht | |
Ortschaften zurückerobert haben. Die Soldaten seien in der Gegend zudem bis | |
zu sieben Kilometer auf russisch besetztes Gebiet vorgestoßen, teilte die | |
Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Montag mit. Dabei hätten sie | |
113 Quadratkilometer Land unter ihre Kontrolle gebracht. Als achter Ort sei | |
das Dorf Pjatychatky eingenommen worden. Die Siedlung gilt als bedeutsam, | |
da sie nur etwa 90 Kilometer von dem von Russland besetzten Küstenstreifen | |
am Asowschen Meer entfernt liegt. | |
Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums hat Moskau in | |
den vergangenen zehn Tagen begonnen, Soldaten zu verlegen, um für | |
potenzielle Vorstöße der Ukrainer besser gewappnet zu sein. So seien vom | |
Ostufer des Flusses Dnipro Truppen teilweise abgezogen worden, um | |
[3][Stellungen in Saporischschja] und Bachmut zu verstärken. Dies sei | |
mutmaßlich Russlands Einschätzung geschuldet, dass ein größerer | |
ukrainischer Angriff über den Fluss Dnipro nach der Zerstörung des | |
Kachowka-Staudamms weniger wahrscheinlich sei. | |
Auch wenn ein Ende des Krieges nicht absehbar ist, scheint die überwiegende | |
Mehrheit der Ukrainer*innen immer noch fest hinter dem Kurs von | |
Präsident Wolodimir Selenski zu stehen. Laut einer Umfrage des | |
Internationalen Instituts für Soziologie in Kyjiw wünschen sich nur 23 | |
Prozent der Befragten, dass der Präsident nach dem Krieg durch eine andere | |
Person ersetzt wird. Demgegenüber sprechen sich 69 Prozent für Neuwahlen | |
aus. | |
19 Jun 2023 | |
## LINKS | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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