# taz.de -- TV-Rechte Frauen-WM: Zu groß für Unsichtbarkeit | |
> ARD und ZDF zeigen die Frauen-Fußballweltmeisterschaft nun doch. Der | |
> Frauenfußball ist zu wichtig geworden, um ihn nicht zu beachten. | |
Bild: Das EM-Finale der Frauen in England war die meistgesehene Fernsehsendung … | |
Es ist vollbracht: Die kommende WM der Frauen in Australien und Neuseeland | |
wird [1][nach langem Gezerre doch bei ARD und ZDF] zu sehen sein. | |
Kollektives Aufatmen bei Bundestrainerin, DFB-Präsident und Spielerinnen. | |
Nachdem in den großen westeuropäischen Märkten die Fronten zwischen dem | |
Weltfußballverband Fifa und Sendern beim Streit über den Preis der | |
TV-Rechte verhärtet waren, haben sich die Beteiligten nun mit einem Kniff | |
geholfen: Die Rechte gehen an die Europäische Rundfunkunion (EBU), die sie | |
an die Länder weitergibt. Ein gesichtswahrendes Ende für alle, ohne Zahlen | |
da-rüber, wer wie viel zahlt, und somit auch ohne die Info, wer vor wem | |
einknicken musste. | |
Der viel befürchtete TV-Blackout war jedoch faktisch nie ein realistischer | |
Ausgang. Und das ist die gute Nachricht dieser Posse. Zu groß war seit | |
Monaten der öffentliche Druck, längst auch durch Ministerinnen wie Annalena | |
Baerbock und Nancy Faeser, zu wichtig ist der Fußball der Frauen geworden, | |
als dass man eine Weltmeisterschaft noch einfach so ins Internet delegieren | |
könnte. Erst recht [2][seit dem letzten EM-Finale], der am meisten | |
gesehenen Fernsehsendung des Jahres 2022. | |
Dieser viel zitierte Vergleich mit der Männer-WM in Katar ist gewiss etwas | |
unlauter, weil die deutschen Männer früh ausschieden, die Frauen hingegen | |
ins Finale kamen, und in der Katar-Hysterie einige boykottierten, andere | |
keine Lust auf Winter-WM hatten. Dennoch ist der gesellschaftliche Wandel | |
unübersehbar. Das Spiel der Frauen wird nicht mehr zurück in die | |
Unsichtbarkeit fallen. Und das liegt nicht nur an den | |
Kapitalisierungsabsichten der Verbände, sondern maßgeblich an den aktiven | |
Frauen (und zunehmend interessanterweise Sponsoren), die Gleichbehandlung | |
einfordern. | |
In diesem Klima war das durchschaubare Verhandlungsschauspiel um die | |
erstmals separat ausgeschriebene Frauen-WM – offenbar boten die | |
Öffentlich-Rechtlichen zuletzt sechs Millionen, die Fifa wollte zehn | |
Millionen – schädigend für beide Seiten. Die Öffentlich-Rechtlichen | |
blamierten sich mit dem Verhältnis 214:6: 214 Millionen zahlten sie nämlich | |
für die letzte Männer- plus letzte Frauen-WM. Das spricht Bände über ihre | |
sexistischen Prioritäten. | |
## Gleichberechtigt und besser statt gleich schlecht | |
Die Fifa wiederum kleidete ihre Geldgier allzu durchschaubar in Feminismus. | |
Die Erpressungsversuche des Präsidenten Gianni Infantino blieben zudem | |
wenig überzeugend, weil er außer eines Blackouts, der auch für die Fifa | |
schlecht ausgesehen hätte, gar kein wirkliches Druckmittel hatte: Die | |
Bezahlsender Sky und Dazn bekundeten schon vor Wochen offen Desinteresse | |
und die hauseigene Gratis-Plattform Fifa+ wäre ein eher peinliches Szenario | |
gewesen, bei dem die Fifa außerdem ihre 110 Millionen Dollar Preisgeld | |
nicht hätte refinanzieren können. Nun werden beim Deal mit der EBU | |
gerüchteweise rund 50 Millionen Euro fließen. | |
Die Frauen-WM ist sichtbar, die Fifa macht mehr Geld und die Spielerinnen | |
ohnehin, nämlich 270.000 Dollar für jede Weltmeisterin, Fans bekommen | |
Spitzenfußball im guten alten Free-TV – es könnten alle zufrieden sein. | |
Grundsatzfragen werden gerade bei Frauen-Turnieren selten gestellt. Ob es | |
sinnvoll ist, 270.000 Dollar an jede Siegerin zu zahlen oder es nicht | |
27.000 auch täten? Ob es sinnvoll ist, einen Großteil der Mittel als | |
Konsumgeld in private Taschen an der Spitze zu geben, statt in | |
Infrastruktur, kleinere Länder und Breitensport zu investieren? Ob es | |
sinnvoll ist, Turnierkosten auf die Zahler:innen von Rundfunkgebühren | |
abzuwälzen? | |
Gleichberechtigung wird im Fußball immer noch am Ist-Zustand definiert. Es | |
wäre gewiss klüger, sich an einem Wird-Zustand zu orientieren: | |
gleichberechtigt und besser statt gleich schlecht. | |
15 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Alina Schwermer | |
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