# taz.de -- Abschied von Fußballikone Megan Rapinoe: Gruß von kleiner Frau | |
> Die WM wird für die charismatische US-Fußballerin Megan Rapinoe zur | |
> Abschiedstournee. Politisch war sie schon früh, wahrgenommen wurde es | |
> erst spät. | |
Bild: Durchaus erfolgreich: Bei der WM 2019 wurde Rapinoe als beste Spielerin u… | |
Wenn sie ein Tor erzielt hat, gehört [1][Megan Rapinoe] der gesamte Platz. | |
Dann breitet die Fußballerin ihre Arme aus, lacht aus vollem Herzen, und | |
ihre Präsenz ist von niemandem zu übersehen. Jenseits der Stadien ist die | |
US-Nationalspielerin, die nach der nun anstehenden Weltmeisterschaft und | |
der Saison der National Women’s Soccer League mit 38 Jahren aufhören will, | |
wie sie nun angekündigt hat, eine selbstkritische Person. | |
In ihrer [2][Autobiografie] nennt sich Rapinoe eine „kleine, weiße Frau, | |
die Fußball spielt“, und fügt noch hinzu, dass sie „laut und lesbisch ist | |
und sich die Haare pink färbt“. Das ist der Beginn einer Reflexion, warum | |
sie, die schon seit ihren Jahren im Collegefußball [3][politisch engagiert] | |
ist, so lange ohne jede politische Reaktion auskommen musste. | |
Diese „kleine, weiße Frau“, schreibt sie, die werde in den Medien anders | |
wahrgenommen „als beispielsweise ein fast zwei Meter großer, schwarzer | |
Football-Spieler mit Afrofrisur“. Als einer wie Colin Kaepernick eben, der | |
NFL-Profi, der als erster prominenter US-Sportler während der US-Hymne | |
niederkniete, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu protestieren. Diese | |
eine Geste 2016 genügte, um seine Sportkarriere zu zertrümmern. Wenige | |
Wochen später, am 4. September 2016, trat Rapinoe zu einem Ligaspiel in | |
Chicago an. Als die Hymne lief, kniete sie. Einem Reporter sagte sie | |
später: „Das war ein kleiner Gruß an Kaepernick und seinen Kampf.“ | |
## Triggerthema Rassismus | |
Rapinoe hatte sich schon immer politisch engagiert. Umweltschutz und | |
Frauenrechte waren ihre Themen, später die Rechte der LGBT-Community. Als | |
sie sich 2012 als lesbisch outete, war sie schon Vizeweltmeisterin 2011 und | |
Olympiasiegerin 2012, aber auch da passierte nichts. „Meine Sponsoren | |
kündigten ihre Verträge nicht. Ich bekam keinen wutentbrannten Anruf von | |
Nike. Soweit ich sehen konnte, gab es nicht die kleinste negative | |
Reaktion.“ Auch Rapinoes Engagement gegen das Gender Pay Gap, den sie 2015 | |
gemeinsam mit den anderen Nationalspielerinnen aufnahm, brachte ihr eher | |
Verständnis als Hass ein. | |
Was aber nach ihrem „kleinen Gruß an Kaepernick“ 2016 über sie hereinbrac… | |
war neu. „Nun wurden mir Gewalt oder gar der Tod angedroht, und das in | |
einer entsetzlichen Sprache.“ Statt sich mit seiner bedrohten Spielerin | |
solidarisch zu zeigen, befahl der Fußballverband seinen | |
Nationalspielerinnen, bei der Hymne künftig zu stehen. Rapinoe wurde | |
zunächst nicht mehr im Nationalteam eingesetzt. „Meine Karriere als | |
internationale Fußballerin lag in Scherben“, schreibt sie, doch genau das | |
habe sie elektrisiert. „Mein ganzes Leben lang war ich auf diesen einen | |
Punkt zugesteuert.“ | |
Rapinoe erfuhr, dass das Thema Rassismus die Sportöffentlichkeit triggerte | |
wie sonst kaum etwas. Rapinoe fand es skandalös, dass der Kampf gegen | |
Diskriminierung der jeweils unterdrückten Gruppe überlassen wurde. Da | |
wollte sie sich [4][als weiße Weltklassespielerin] einbringen. 2017 kehrte | |
sie ins US-Nationalteam zurück, und 2019 spielte sie in Frankreich ihre | |
dritte WM. Zwei Tage nachdem der damalige US-Präsident Donald Trump sie | |
persönlich auf Twitter beleidigt hatte, erzielte sie im Viertelfinale gegen | |
Frankreich zwei Tore. Später holten sie und ihre Kolleginnen den Titel. | |
Ihren Mund machte sie danach weiterhin auf, bei der Ehrung als | |
Weltfußballerin des Jahres oder bei einer Fifa-Gala etwa. Nur: Mittlerweile | |
fand – und findet – Megan Rapinoe Gehör. Wenn wir Glück haben, hat Megan | |
Rapinoe so viel vorgearbeitet, dass sie auch in den kommenden Jahrzehnten | |
noch Gehör finden wird. Ihr gehört doch der Platz. | |
12 Jul 2023 | |
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[4] /!5605963/ | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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