# taz.de -- USA gegen Europa bei der WM: Des Fußballs tektonische Platten | |
> Viermal gewannen die US-Frauen die WM. Sie profitieren von einer | |
> historischen Entwicklung. Aber kann sich der Soccer weiter gegen Europa | |
> behaupten? | |
Bild: Tor gegen Germany: Carli Lloyd, Megan Rapinoe und Alex Morgan vom US-Team… | |
Der US-Fernsehsender Fox wirbt damit, dass bei der anstehenden WM die | |
US-Frauen gegen den Rest der Welt antreten. Etwas arrogant ist das, aber | |
die US-Spielerinnen widersprechen dem nicht. Asiatische, afrikanische und | |
lateinamerikanische Teams werden zwar immer auffälliger, aber vor allem | |
dürfen wir uns auf einen Showdown zwischen Nordamerika (Kanada und USA) und | |
Europa (Deutschland, Schweden, England, Frankreich, Holland und Spanien) | |
einstellen. | |
Es sind zwei Fußballsysteme, die auf komplett unterschiedlichen Wegen zu | |
dem wurden, was sie heute sind: Die nordamerikanischen Frauen traten in den | |
1970er Jahren in eine Fußballwelt, die ihnen sofort offen stand. Das lag an | |
Reformen, wie dem in den USA enorm wichtigen Title IX, der Zugang zu allen | |
[1][Sportprogrammen an Schulen und Hochschulen] gewährleistet. | |
Wichtig ist auch, dass männlich dominierte hegemoniale | |
Mannschaftssportarten andere waren: Baseball, Football, Basketball und | |
Eishockey. Die europäischen Frauen waren hingegen gezwungen, den wohl am | |
stärksten von Männern dominierten Raum in ganz Europa zu erobern, den | |
Fußball. | |
Nicht nur in den USA und Kanada, auch die Erfolge der Teams aus Nord- und | |
Südkorea, China, Japan, Australien und in Europa auch Norwegen und Schweden | |
sind der beste Beweis, dass es die Schwäche des Männerfußballs war, die den | |
Frauenfußball stark machte. | |
## Zwei unterschiedliche Nachwuchssysteme | |
In traditionellen Fußballmächten wie England, Deutschland, Italien, | |
Spanien, Frankreich, Niederlande oder Brasilien und Argentinien konnte sich | |
der Frauenfußball schwieriger entwickeln. Umso erfreulicher, dass Europa | |
mittlerweile die amerikanische Dominanz infrage stellen kann. Bereits bei | |
der letzten WM wurde das Viertelfinale von sieben europäischen Ländern plus | |
den Vereinigten Staaten bestritten. Diese [2][Auseinandersetzung] dürfte | |
bei der anstehenden WM noch deutlicher zutage treten. | |
Heutzutage haben europäische Mannschaften wie Real Madrid, FC Barcelona, | |
Bayern München, Manchester United, Manchester City und Olympique Lyon den | |
Frauenfußball mit ganzem Herzen angenommen. Mit solchen Riesen kann die | |
NWSL in den USA nicht mithalten. Hier bleibt der Frauenfußball weitgehend | |
Jugendclubs, High Schools und Colleges vorbehalten. | |
Das klingt schwach, aber seien wir fair: Dieses System hat eine | |
Fußball-Nationalmannschaft hervorgebracht, die seit über 30 Jahren, seit | |
1991, den Globus beherrscht. Damals gewann sie den ersten ihrer vier | |
WM-Titel, obwohl die meisten Menschen in den USA mit Fußball nichts | |
anfangen konnten und die meisten Menschen in Europa mit Fußballerinnen | |
nichts anfangen wollten. | |
Es gibt immer noch diese zwei Systeme, wie talentierte Fußballerinnen | |
entdeckt und gefördert werden. Was aber könnte in dieser Konstellation das | |
nordamerikanische Pendant zu Real Madrid sein, dem reichen Überklub? Es | |
sind die Tar Heels von der University of North Carolina in Chapel Hill, die | |
22 nationale Meisterschaften erkämpft haben. Die Frage, die sich bei der WM | |
stellt, ist die, wie sich das amerikanische College-System künftig gegen | |
Europa halten wird. | |
Andrei S. Markovits ist Politologe an der University of Michigan, Ann | |
Arbor. Von ihm erschien gerade: „Women in American Soccer and European | |
Football: Different Roads to Shared Glory“, Dickinson-Moses Press (2019, | |
aktualisierte Neuauflage 2023), 184 Seiten, ca. 12 Euro. | |
21 Jul 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andrei S. Markovits | |
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