# taz.de -- Projektleiterin über Museums-Tournee: „Was wisst ihr über das J… | |
> Dieser Tage schickt das Jüdische Museum Berlin eine mobile Ausstellung an | |
> drei Schulen in Niedersachsen. Warum, erklärt die Historikerin Sarah | |
> Hiron. | |
Bild: „Warum ist der Gegenstand jüdisch?“: Kippa mit Davidstern auf Männe… | |
taz: Frau Hiron, warum geht das Jüdische Museum Berlin auf Reisen? | |
Sarah Hiron: Seit 2007 gibt es das Bildungsprogramm „on.tour“. In Kürze | |
besuchen wir mit unserer mobilen Ausstellung drei Oberschulen in | |
Niedersachsen. Der Gedanke dahinter: Kulturelle Bildung sollte für alle da | |
sein, es kann aber nicht jede Schulklasse ins Museum kommen. Auf diesem Weg | |
möchten wir [1][Themen zur deutsch-jüdischen Kultur und Geschichte] | |
vermitteln. | |
Wie funktioniert das? | |
Schulen bewerben sich bei uns oder wir schreiben Schulen aktiv an. Unser | |
Programm richtet sich an Schüler*innen ab der siebten Klasse bis zu | |
jungen Erwachsenen. Wir haben für die Niedersachsen-Tour mehr als 500 | |
Schulen angeschrieben. Meist melden sich dann rund 20 bis 30 Schulen zurück | |
und wir treffen eine Auswahl. | |
Was haben Sie dabei alles im Gepäck? | |
Wir haben verschiedene Exponate dabei, vieles davon zum Anfassen: | |
Fotodokumente, Filme sowie Alltags- und Ritualgegenstände aus dem | |
[2][jüdischen Leben]. Die Idee ist, dass die Schüler*innen die Kisten | |
mit den Exponaten selber auspacken und eine eigene kleine Ausstellung zu | |
einem von ihnen ausgewählten Thema bauen. Es ist ein interaktives | |
Spielfeld, es ist inklusiv gedacht und soll vor allem zu Diskussionen und | |
zum Nachdenken anregen. | |
Was heißt das konkret? | |
Wir fangen sehr spielerisch an und fragen die Schüler*innen, was sie über | |
das Judentum wissen. Da kommt meist viel zur Religion und auch zum | |
Holocaust. Das verknüpfen wir dann in den Gesprächen. Dabei stellen wir | |
ihnen Fragen wie: Wer bin ich? Es wird eine leere Glasvitrine aufgestellt, | |
die Schüler*innen dürfen einen persönlichen Gegenstand präsentieren, den | |
sie mitgebracht haben. Die anderen betrachten und beschreiben ihn. So | |
tasten wir uns an die Frage: Was ist überhaupt ein Museum? Anschließend | |
haben wir persönliche Gegenstände dabei, die uns Jüd*innen für die | |
Ausstellung mitgegeben haben. Wir sprechen darüber: Warum ist der | |
Gegenstand jüdisch? | |
Das Projekt gibt es seit 2007. Hat das Interesse der Jugendlichen zu- oder | |
abgenommen? | |
Das kann man nicht so verallgemeinern. Das hängt immer von den Schulen ab. | |
Die Arbeit ist zum Beispiel oft viel einfacher, wenn muslimische | |
Schüler*innen dabei sind, die einen Religionsbezug haben. Weil sie sich | |
dabei in Bezug setzen können und Vorstellungen oder Ideen zu Gott | |
mitbringen. Ich glaube, was sich aber schon verändert hat, ist die | |
Konzentrationsspanne, die durch das Medienverhalten insgesamt kürzer | |
geworden ist. | |
Normalerweise kommen die Menschen zu Ihnen ins Museum – was ändert sich, | |
wenn man das umdreht? | |
Der Unterschied ist groß. Wir lernen die Lebenswirklichkeit der | |
Jugendlichen besser kennen. Zudem gibt es Schulen, die trauen sich mit | |
ihrer Schüler*innenschaft nicht so richtig ins Museum, weil sie denken, | |
die Jugendlichen werden überfordert oder könnten sich schlecht benehmen. In | |
den Schulen sind Lehrer*innen dann ganz überrascht über die offenen | |
Gespräche und entdecken ihre Schüler*innen neu. | |
Im Positiven überrascht? | |
Überwiegend schon. Manchmal haben wir aber auch Gruppen, die nicht | |
interessiert sind und nur schwer mitmachen. Leider fallen auch | |
antisemitische Sätze. Das passiert manchmal sehr unbewusst, indem bestimmte | |
Stereotype aufgegriffen werden. Die Gesellschaft hat [3][Probleme mit | |
Antisemitismus], und das bekommen wir in den Schulen auch mit. | |
5 Jun 2023 | |
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## AUTOREN | |
Emily Kietsch | |
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