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# taz.de -- Polizeieinsatz in Connewitz: Jenseits aller Verhältnismäßigkeit
> In Leipzig-Connewitz erwartete die Polizei am „Tag X“ mit einem absurd
> teuren Großaufgebot den ganz großen Krawall. Und der kam – wie auf
> Bestellung.
Bild: Einer der größten Polizeieinsätze der vergangenen Jahre in Leipzig –…
Es hätte ein schöner Abend in Leipzig werden können: Frühsommerlicher
Sonnenschein lockte etliche Leipziger*innen und Gäste aus der ganzen
Bundesrepublik zu einem der vielen Großevents. Im Zentralstadion spielte
Herbert Grönemeyer vor 48.000 Leuten, Hunderttausende feierten parallel
beim jährlichen Stadtfest, etwas außerhalb vom Zentrum kickte sich der
Regionalligist Lok Leipzig erfolgreich zum Sachsenpokal.
Aber Einheimische und Tourist*innen staunten nicht schlecht, als die
Leichtigkeit von schwerem Gerät unterbrochen wurde: Ein martialischer
Räumpanzer der Bundespolizei lärmte am Nachmittag über die Kneipenmeile. Er
fuhr nach Süden, Richtung Connewitz. Schon zwei Tage zuvor kam es hier zu
vereinzelten Zusammenstößen zwischen Linksautonomen und Polizisten. Anlass
war die [1][Verurteilung der Linksextremistin Lina E.]. Für gut fünf Jahre
muss die 28-Jährige ins Gefängnis. Die autonome Szene trommelte nach dem
Urteilsspruch bundesweit zum „Tag X“ in Leipzig.
Kurz zuvor hatten aber die Behörden jegliche Demonstrationen im
Zusammenhang mit dem Prozess verboten. Angemeldet waren schließlich nur
einige kleinere Kundgebungen, die Polizei sprach zuletzt von knapp 1.500
Teilnehmer*innen. Diese überschaubare Dynamik hielt die Behörden aber nicht
davon ab, einen der lebendigsten Stadtteile Leipzigs mit Hunderten
Polizisten aus der ganzen Republik, Dutzenden Fahrzeugen, Räumpanzern,
Wasserwerfern und einem Helikopter in eine blau-grün-weiße
Bürgerkriegserwartungskulisse zu verwandeln.
Nachdem die Polizei dann einige Demonstrant*innen [2][über mehrere
Stunden vorsorglich eingekesselt hatte], ließ die befürchtete Eskalation
nicht mehr lang auf sich warten. Vermummte warfen mit Steinen und
Pyrotechnik, die Polizei sprach von „massiven Ausschreitungen“, es kam zu
vereinzelten Festnahmen. Das daraus resultierende Bild ist das ewig
gleiche: In Connewitz kämpft die Staatsmacht gegen ein angeblich resolutes
Viertel, durchsetzt von linken Autonomen.
Dass der Stadtteil eigentlich ein recht bürgerlicher ist – geschenkt. Für
ein paar Hundert teils minderjährige [3][Antifas] wurde ein Polizeizirkus
jenseits jeglicher Verhältnismäßigkeit inszeniert. Was wäre passiert, hätte
man sie laufen lassen? Ein paar brennende Mülltonnen? Ein Ausgehviertel im
Ausnahmezustand und einen millionenschweren Polizeieinsatz hätte es dafür
nicht gebraucht.
Gebraucht wird der Mythos Connewitz jedoch von einem Sicherheitsapparat,
der nicht mehr weiß, wen er beschützen soll – außer zuvorderst sich selbst.
4 Jun 2023
## LINKS
[1] /Urteil-gegen-mutmassliche-Linksextreme/!5937929
[2] /Leipzig-nach-dem-Tag-X/!5938332
[3] /Prozess-gegen-Lina-E/!5935556
## AUTOREN
Konstantin Nowotny
## TAGS
Schwerpunkt Antifa
Lina E.
Polizeigewalt
GNS
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Schwerpunkt Stadtland
Linksextremismus
Linksextremismus
IG
Lina E.
Leipzig-Connewitz
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