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# taz.de -- Gericht stoppt Hotelbau in Flensburg: Baustopp im Bahnhofswald
> Umweltverbände und eine Bürgerinitiative sind vor Gericht gegen
> Hotel-Investoren und die Stadt Flensburg erfolgreich. Hauptverhandlung
> steht noch aus.
Bild: Protest vor und hinter dem Zaun: Bahnhofswald Flensburg
Rendsburg taz | Der [1][Bau eines Hotels mit Parkhaus nahe am Flensburger
Bahnhof] ist zunächst gestoppt: Das Oberverwaltungsgericht in Schleswig
gibt einer Klage mehrerer Umweltschutzverbände und einer örtlichen
Bürgerinitiative recht. Denn der Neubau würde ein innerstädtisches Wäldchen
mit einer Quelle gefährden – um dieses Biotop zu erhalten, [2][hatten
Aktivist*innen im Herbst 2020 das Gelände besetzt]. Ob das Grundstück
dauerhaft unbebaut bleibt, muss ein Hauptverfahren entscheiden.
„Nach umfänglicher Prüfung teilt das Gericht die natur- und
artenschutzrechtlichen Bedenken der Kläger“, heißt es in einer Mitteilung
des Oberverwaltungsgerichts. „Durchgreifende Zweifel“ bestünden
insbesondere an der Rechtmäßigkeit des Bebauungsplans der Stadt.
Geklagt hatte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), unterstützt vom
Naturschutzbund Nabu und der Bürgerinitiative Bahnhofsviertel. Sie hatten
auf Quellen direkt neben der geplanten Baugrube sowie auf schützenswerte
Vogel- und Fledermausarten in dem Stadtwäldchen hingewiesen.
Nun stellt das Gericht in Schleswig fest, dass die Baugenehmigung der Stadt
„voraussichtlich gegen den gesetzlichen Biotopschutz verstoße“: Dem Hinweis
auf die Quellen sei nicht ausreichend nachgegangen worden, und es fehle an
ausreichenden Schutzvorkehrungen im Interesse des Artenschutzes.
## 140 Jahre alter Baumbestand
„Mehr geht kaum“, freut sich Ole Eggers, Geschäftsführer des BUND
Schleswig-Holstein. „Richtungsweisend“ sei das Urteil, das eine
Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom Sommer 2022 wiederholt. Die
Naturschutz-Organisationen hatten damals auf einen einstweiligen Baustopp
geklagt.
Damit wollten sie verhindern, dass die Investoren – die Flensburger
Jara-Immobilien – hinter der die örtlichen Unternehmen Jan Duschkewitz und
Ralf Hansen stehen, auf dem Gelände weitere Bäume fällen lassen und
beginnen, die Baugrube auszuheben.
Eine endgültige Gerichtsentscheidung darüber, ob ein Hotelbau auf dem
Gelände grundsätzlich zulässig ist, steht noch aus. Doch nach dem jetzigen
Urteil, das „unsere Rechtszweifel vollumfänglich aufgenommen hat, sehen wir
dem anstehenden Hauptverfahren nun mit einer gewissen Gelassenheit
entgegen“, sagt Ole Eggers.
Der Streit um das Grundstück mit seinem rund 140 Jahre alten Baumbestand
dauert bereits mehrere Jahre. Die Stadtverwaltung und eine Mehrheit der
Ratsversammlung erhofft sich von dem Bau positive Effekte, unter anderem
für die Verkehrswende – schließlich könnten dank des Parkhauses mehr
Pendler*innen in die Bahn umsteigen. Geplant ist ein Haus der Kette
„Intercity Hotels“, die zur Deutschen Hospitality gehört, die wiederum Teil
der chinesischen Huazhu Group ist.
Eigentlich war die Eröffnung des Flensburger Hauses mit 152 Zimmern für
2020 geplant. Doch Gegner*innen, darunter die Mitglieder der BI
Bahnhofsviertel, wiesen auf die Bedeutung des innerstädtischen Wäldchens
für das Mikroklima, als Feinstaubfilter und Rückzugsort für Tiere hin.
[3][So besetzten im Herbst 2020 Aktivist*innen das Wäldchen] und
harrten in Baumhäusern auf dem Gelände aus. Im Februar ließen die
Investoren ohne Genehmigung einen Bautrupp anrücken, erste Bäume wurden
gefällt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte der BUND bereits eine Klage eingereicht. Trotzdem
„begann der Projektträger Jara Immobilien illegalerweise mit massiven
Erdarbeiten“, erinnert sich Ole Eggers. Um weitere Maßnahmen zu stoppen,
wandte sich der Umweltschutzverband ans Verwaltungsgericht. Das gab der
Klage recht. Stadt und Jara legten Beschwerde ein. Diese hat nun das OVG
abgewiesen.
Wie es weitergeht, ist noch unklar. Ein Sprecher der Stadt Flensburg teilt
auf Anfrage mit, dass die Kommune zunächst mit den Investoren abklären
will, „welche Pläne diese auf den betroffenen Flächen verfolgen“. Die
Kritik an ihrer Bauleitplanung weist die Verwaltung zurück: „Der gesamte
Planungsprozess erfolgte mit durchgehender fachlicher Beratung durch
anerkannte Gutachter und in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden.“
Christiane Schmitz-Strempel und Günter Strempel von der
[4][Bürgerinitiative Bahnhofsviertel] hoffen, dass die Baupläne
eingestampft werden. Sie möchten, dass „die Stadt Flensburg wirkungsvolle
Maßnahmen ergreift, um das Quellgebiet und den ehemaligen Bach zu
renaturieren und den für die Stadt so notwendigen Biotopverbund zu
sichern“. Erleichtert ist die BI darüber, „dass nach den vielen Jahren
Widerstands endlich auch gerichtlich Klarheit über die große Bedeutung des
Biotops geschaffen wurde“.
31 May 2023
## LINKS
[1] /Baubeginn-auf-Bahnhofswald-Grundstueck/!5868877
[2] /Nach-Raeumung-des-Bahnhofswald-Flensburg/!5812378
[3] /Urteil-zu-Baumbesetzung/!5890379
[4] https://www.bahnhofsviertelflensburg.de/
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Naturschutz
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Flensburg
Prozess
Baumbesetzer*innen
IG
Simone Lange
Naturschutz
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