Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Sprachproblem Kasachisch versus Russisch: Zankapfel auf der Speisek…
> In der UdSSR verdrängte Russisch als Lingua franca die nationalen
> Sprachen der Republiken. Bis heute sorgt die Dominanz des Russischen für
> Streit.
Bild: In welcher Sprache ist wohl die Speisekarte? Cafészene in Astana (Kasach…
Manchmal bekomme ich Videos, in denen Passanten, zum Beispiel in den USA,
gefragt werden: „[1][Was wissen Sie über Kasachstan?]“ Die Antwort: „Das
ist irgendwo in Russland“, habe ich seltsamerweise öfter gehört. Aber es
gibt auch das Gegenteil. Wenn Menschen erfahren, dass viele Kasachen
Russisch sprechen, wundern sie sich manchmal: „Aber das liegt doch gar
nicht in Russland!“
Das Sprachproblem ist eines der größten Probleme in Kasachstan, so wie in
vielen anderen Ländern Zentralasiens. Alle diese Länder haben früher einmal
zur Sowjetunion gehört, [2][wo Russisch die Lingua franca für die
interethnische Kommunikation war]. Die nationalen Sprachen gerieten langsam
in Vergessenheit und galten als „optional“. Darum ist es gar nicht
erstaunlich, dass man jetzt, [3][wo es den Trend zur Dekolonialisierung
gibt] – und der Krieg in der Ukraine hat diesen Trend noch verstärkt – auf
das Ignorieren der kasachischen Sprache in Kasachstan sehr heftig reagiert.
Im vergangenen März zum Beispiel gab es deshalb einem Skandal in den
sozialen Netzwerken. Irgendwer hatte den Chatverlauf von Mitarbeitern einer
Barkette in Almaty veröffentlicht, in dem das dortige Führungspersonal
geäußert hatte, sie würden unter keinen Umständen kasachische Musik in
ihren Läden spielen. Sie können, so hießt es dort, nur englische und
russische Musik spielen. Die kasachische Sprache vertrüge sich nicht mit
ihrem Image.
Es folgten viele wütende Kommentare. Unter anderem wurde angemerkt, dass es
in diesen Bars auch keine kasachische Speisekarte gebe. Menschen begannen,
abwechselnd englisch- und kasachischsprachige Lieder zu singen und das zu
posten. Die Leitung der Kette beeilte sich schließlich, ihre Aussagen zu
korrigieren.
Im Nachgang sprach ich mit einer Bekannten über den Fall. Sie begriff
überhaupt nicht, warum Leute der Bar vorschreiben wollten, wie sie dort zu
arbeiten hätten. „Stell dir einfach mal vor, man würde bei einem
italienischen Restaurant in Kasachstan fragen:,Warum spielt ihr nur
italienische Musik? Macht mal kasachische an.' Dabei ist es doch ein
italienischer Laden“, sagte sie sichtlich genervt.
„Die Leute reagieren so, weil es sie stört, dass man dort russische Lieder
spielen darf, aber kasachische nicht erlaubt sind“, erklärte ich. „Sie
haben keinen Bock mehr auf diese Haltung und die Diskriminierung aufgrund
ihrer Sprache. Und sie haben recht.“
In vielen Läden der Unterhaltungsgastronomie gibt es keine Speisekarten auf
Kasachisch. In der Stadt Semej, in der ich lebe, kann man sie an einer Hand
abzählen. Doch heute achten die Leute stärker darauf. Nicht immer läuft das
friedlich ab: Im Februar wurden Gäste, die in einem Café in Almaty nach
einer kasachischen Speisekarte fragten, als „Faschisten“ beschimpft.
Immerhin: Die Besitzer haben sich später entschuldigt.
Aus dem Russischen von [4][Gaby Coldewey]
Finanziert wird das Projekt von der [5][taz Panter Stiftung].
Ein Sammelband ist im [6][Verlag edition.fotoTAPETA erschienen].
31 May 2023
## LINKS
[1] /Land-in-Zentralasien/!5825706
[2] /Krieg-in-der-Ukraine/!5931533
[3] /Zentralasiens-Blick-auf-Russland/!5869982
[4] /Gaby-Coldewey/!a23976/
[5] /Osteuropa-Projekte/!vn5913530
[6] https://www.edition-fototapeta-shop.de/
## AUTOREN
Khadisha Akaeva
## TAGS
Kolumne Krieg und Frieden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kasachstan
Dekolonisierung
Sowjetunion
Fremdsprachen
Zentralasien
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Kolumne Krieg und Frieden
Kolumne Krieg und Frieden
Kolumne Krieg und Frieden
## ARTIKEL ZUM THEMA
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Baerbock will Ukraine mehr unterstützen
Die Außenministerin sichert der Ukraine vor Nato-Treffen Unterstützung zu.
Die Bundesregierung entzieht vier von fünf russischen Generalkonsulaten die
Lizenz.
Unterstützung für Putin in Kasachstan: Eine kleine, gefährliche Minderheit
Es sind in Kasachstan nicht nur Russen, die pro-russisch denken. Ein
Sendeverbot für russisches Fernsehen wird das Problem nicht lösen.
Gebietsansprüche Russlands in Kasachstan: Kasachisch-ukrainische Parallelen
An der kasachisch-russischen Grenze gibt es Gebiete, die mehrheitlich von
ethnischen Russen bewohnt werden. Russland behandelt sie ähnlich wie die
Ostukraine.
Zentralasiens Blick auf Russland: Angst vor dem großen Nachbarn
Viele in den ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens schauen ängstlich
auf Russland. Sie fragen sich, ob sie Putins nächstes Kriegsziel werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.