# taz.de -- Zentralasiens Blick auf Russland: Angst vor dem großen Nachbarn | |
> Viele in den ehemaligen Sowjetrepubliken Zentralasiens schauen ängstlich | |
> auf Russland. Sie fragen sich, ob sie Putins nächstes Kriegsziel werden. | |
Bild: Kriegsangst gibt es auch in Zentralasien. Bischkek, Kirgistan, 23. März:… | |
Nur wenige haben es bisher laut ausgesprochen, aber viele hier verstehen, | |
dass wir nach der Ukraine als Nächstes dran sein könnten. Jetzt hört man | |
immer häufiger: Wenn die Russen mit ihrer so genannten „Spezialoperation“ | |
fertig sind, greifen sie als nächstes die Länder Zentralasiens an. | |
Die Menschen, die das verstehen, sympathisieren in jeder Hinsicht mit den | |
Ukrainern und versuchen zu helfen. Wenn nicht materiell, dann doch | |
wenigstens moralisch. Es wird viel über Ähnlichkeiten der Kulturen und der | |
Mentalität gesprochen. Auch wir Kirgisen sind ein freiheitsliebendes Volk. | |
Wir haben nicht nur mehrere Machtwechsel überstanden, wir sind es auch | |
nicht gewohnt, unterdrückt zu leben. | |
Zur zentralasiatischen Region gehören fünf Staaten: Kasachstan, Kirgistan, | |
Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan. Zwischen einigen dieser | |
„Nachbarn“ gibt es noch ungelöste Grenzprobleme. Aber seit dem 24. Februar | |
haben vor allem die Fragen nach den Beziehungen zu Russland wieder an | |
Bedeutung gewonnen. Als die kasachische Regierung etwa offiziell erklärte, | |
Russlands Handeln in der Ukraine nicht zu unterstützen, waren sie die | |
Ersten, die offene Drohungen erhielten. | |
Vom ersten Kriegstag an haben Experten und Politiker immer wieder gesagt, | |
dass die heutigen Gebiete der zentralasiatischen Länder ein „Geschenk | |
Russlands“ seien. Darüber hat man schon lange vor Kriegsbeginn gesprochen. | |
Die Rhetorik ist also nicht neu. Aber seit Beginn der Kriegshandlungen in | |
der Ukraine wurde sie noch verstärkt. Immer häufiger kann man jetzt | |
Aussagen über die Wiederbelebung der Sowjetunion hören. | |
Angesichts der [1][Ereignisse in Karakalpakstan], einer autonomen Republik | |
im Westen Usbekistans (dort protestierten Anfang Juli die Menschen gegen | |
den Verlust ihrer Autonomie nach einer Verfassungsänderung; d. Red), hat | |
[2][der Präsident von Belarus Alexander Lukaschenko noch einmal daran | |
erinner]t: „Zentralasien ist, wie auch wir, zwischen zwei Feuern. Auf der | |
einen Seite die Europäer und Amerikaner, und auf der anderen China, das | |
Zentralasien sehr stark hilft. Und dieser Kampf wird in Zentralasien | |
stattfinden. Das können Sie sich bald anschauen.“ | |
Sind das Drohungen, Warnungen oder Hinweise? Experten schließen nicht aus, | |
dass Lukaschenko und Putin frühere Beziehungen wiederherstellen wollen, um | |
so die Sowjetunion wiederzubeleben. Aber nicht wirtschaftlich, sondern | |
politisch, [3][mit einem einzigen Territorium, ähnlich dem der UdSSR]. | |
Und wie ein Politologe sagte: „Es ist offensichtlich, [4][dass zwischen den | |
Ländern Zentralasiens und Russlands eine neue Ära der Beziehungen begonnen | |
hat]. Es ist klar, dass Russland nicht vorhat, seinen Einfluss in der | |
Region aufzugeben. Er wartet dabei auf die Unterstützung von Verbündeten. | |
Und wenn er die nicht bekommt, wird er versuchen, diesen Einfluss mit | |
eigener Kraft zu erzwingen.“ | |
Aus dem Russischen von [5][Gaby Coldewey] | |
Finanziert wird das Projekt von der [6][taz Panter Stiftung]. | |
Einen Sammelband mit den Tagebüchern bringt der Verlag edition.fotoTAPETA | |
im September heraus. | |
28 Jul 2022 | |
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## AUTOREN | |
Mahinur Niyazova | |
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