| # taz.de -- Metalle werden knapp: Rohstoffhunger für Energiewende | |
| > Solarpaneele und Windräder brauchen mehr Metalle als das herkömmliche | |
| > Energiesystem. Das könnte die Energiewende verzögern. | |
| Bild: Nicht nur Solarpaneele, sondern auch die dafür benötigten Metalle komme… | |
| Chinag Mai taz | „Der Energiesektor entwickelt sich zu einer wichtigen | |
| Kraft auf den Mineralienmärkten“, schreibt eine Studie der Internationalen | |
| Energieagentur (IEA) aus dem vorletzten Jahr. Der Grund dafür ist simpel: | |
| Für die Stromerzeugung mit Wind und Sonne werden pro Megawatt deutlich mehr | |
| [1][Metalle] benötigt als bei einem Gaskraftwerk: Während für Letzteres gut | |
| 1 Tonne Metall (Stahl wird nicht dazugezählt) verbaut wird, sind es bei | |
| einem Solarpark rund 6 Tonnen pro Megawatt und bei einem Offshore-Windpark | |
| sogar knapp 16 Tonnen. Das Gleiche gilt für Elektroautos. Diese enthalten | |
| sechsmal mehr Metalle (ohne Stahl) als ein Auto mit Verbrennungsmotor. Um | |
| die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, wird sich die | |
| Metallnachfrage aus dem Energiesektor bis zum Jahr 2040 mindestens | |
| vervierfachen und bei Lithium sogar vervierzigfachen. | |
| Grundsätzlich ist das kein Problem, denn weltweit gibt es ausreichende | |
| Reserven der verschiedenen Metalle und es kommen ständig neue dazu. So | |
| wurden vor [2][Kurzem in Schweden] und Norwegen große Vorkommen an seltenen | |
| Erden entdeckt und in Indien große Vorkommen an Lithium. Doch von der | |
| Entdeckung bis zum Abbau dieser Vorkommen können viele Jahre vergehen. In | |
| einer Studie der Beratungsfirma McKinsey heißt es dazu: „Da es sich bei der | |
| Metall- und Bergbaubranche um einen sehr kapitalintensiven Sektor mit | |
| langer Vorlaufzeit handelt, werden Preisausschläge und Engpässe | |
| unvermeidlich sein, da die Nachfrage das Angebot übersteigt.“ | |
| Und das wiederum sei ein Problem für die Energiewende, warnt IEA-Chef Fatih | |
| Birol: „Wenn diese Schwachstellen nicht behoben werden, könnte der | |
| weltweite Fortschritt auf dem Weg zu einer sauberen Energiezukunft | |
| langsamer und kostspieliger werden – und damit die internationalen | |
| Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels behindern.“ | |
| „Als Rohstofflieferant der Wirtschaft muss der Bergbausektor in einem noch | |
| nie da gewesenen Tempo wachsen, um den erforderlichen technologischen | |
| Wandel zu ermöglichen“, schreibt McKinsey. Um dieses Wachstum zu | |
| ermöglichen, seien auch die Regierungen der Welt gefragt, fordert Birol: | |
| „Die Herausforderungen sind nicht unüberwindbar, aber die Regierungen | |
| müssen klare Signale geben, wie sie ihre Klimazusagen in die Tat umsetzen | |
| wollen.“ Nur wenn die Bergbaukonzerne relativ sicher sein können, dass die | |
| Nachfrage nach ihren Produkten steigen wird, werden sie die erforderlichen | |
| Milliarden in neue Minenprojekte investieren. | |
| ## Rohstoffstrategie wird dringend benötigt | |
| Aus diesem Grund haben sowohl Deutschland als auch die EU | |
| Rohstoffstrategien entwickelt. Diese sollen zudem die Versorgung stärker | |
| diversifizieren: Aktuell entfallen auf den Kongo 70 Prozent der globalen | |
| Kobaltproduktion, auf China 60 Prozent der Produktion an seltenen Erden. | |
| Diese Konzentration erhöhe „die Risiken, die durch physische Störungen oder | |
| Handelsbeschränkungen entstehen können“, schreibt die IEA. | |
| Mit der massiven Ausweitung des Bergbaus gehen auch Treibhausgasemissionen | |
| einher. Eine weitere Studie hat diese für den Materialbedarf des | |
| Stromsektors (ohne Elektroautos) berechnet: Bis weltweit der gesamte Strom | |
| ohne CO2-Emissionen produziert werden kann, werden der Abbau und die | |
| Verarbeitung der nötigen Rohstoffe 4 bis 29 Milliarden Tonnen an CO2 | |
| verursachen. Im Vergleich zum verbleibenden CO2-Budget der Menschheit ist | |
| das jedoch relativ wenig: Zwischen 1 und 9 Prozent dieses Guthabens müssen | |
| für den Umbau des Stromsektors genutzt werden. | |
| Gleichzeitig entfällt aber auch ein Großteil der Emissionen aus der | |
| Verbrennung von fossilen Energieträgern. Im Jahr 2019 wurden weltweit 15 | |
| Milliarden Tonnen Kohle, Öl und Gas gefördert, wie Nat Bullard vom | |
| britischen Thinktank Bnef ausgerechnet hat. Im Vergleich dazu ist der | |
| Metallbedarf für die Energiewende selbst 2050 noch sehr gering. Er steigt | |
| von heute 0,035 auf 0,18 Milliarden Tonnen – gewichtmäßig nur gut ein | |
| Prozent der Fossilen und überdies recycelbar. | |
| 22 May 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Mihatsch | |
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