# taz.de -- Krieg in Sudan: Kämpfe trotz Waffenruhe | |
> In Sudan wird trotz vereinbarter Waffenruhe weiter gekämpft. Das | |
> UN-Welternährungsprogramm warnt vor einer Krise in der gesamten Region. | |
Bild: Schwere Artilleriefeuer trotz der Verlängerung eines Waffenstillstands | |
KHARTUM afp/dpa/epd | Bereits vor Auslaufen einer [1][eigentlich | |
vereinbarten Waffenruhe in Sudan] ist in der Hauptstadt Khartum am Sonntag | |
erneut heftig gekämpft worden. Heftige Gefechte gebe es vor allem in der | |
Nähe des Armee-Hauptquartiers, berichteten Augenzeugen der | |
Nachrichtenagentur AFP. Zudem seien nördliche Vororte aus der Luft | |
angegriffen worden. Eigentlich galt am Sonntag noch bis Mitternacht ein | |
Waffenstillstand, gegen diesen war in den vergangenen Tagen aber immer | |
wieder verstoßen worden. | |
In Sudan kämpfen seit nunmehr zwei Wochen Armeeeinheiten unter dem Kommando | |
von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan gegen die von General Mohamed | |
Hamdan Daglo angeführte RSF-Miliz. Bei den Gefechten wurden nach | |
offiziellen Angaben bereits mehr als 500 Menschen getötet und rund 4.600 | |
verletzt. Es wird davon ausgegangen, dass die eigentliche Opferzahl viel | |
höher ist. | |
Unzählige Menschen sind wegen der Kämpfe zudem auf der Flucht. Westliche | |
Länder wie beispielsweise Deutschland haben ihre Staatsbürger per Flugzeug | |
oder Schiffen in Sicherheit gebracht. | |
## EU warnt vor Ausweitung der Krise auf Nachbarstaaten | |
Die Europäische Kommission sieht die Gefahr einer Ausweitung der | |
[2][Unruhen in Sudan] auf die Nachbarstaaten. „Das Risiko, dass die Krise | |
auf umliegende Staaten in der Region übergreift, ist reell“, sagte der für | |
humanitäres Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic der | |
„Welt am Sonntag“. An den Sudan grenzen demnach weitere Staaten, die | |
„höchst fragil“ sind. „Die Konsequenzen wären desaströs. Das kann niem… | |
wollen – darum muss die erste Priorität sein, die beiden Kriegsparteien zur | |
Vernunft zu bringen“, sagte er. | |
Lenarcic rechnet mit einer Verschärfung der Lage in Sudan, die schon vor | |
der aktuellen Krise dramatisch gewesen sei und „jetzt nur noch schlimmer | |
werden“ könne. „Das Land steht in Flammen, es fehlt an allem: sauberem | |
Wasser, Nahrungsmitteln, Medikamenten, Kraftstoff“, sagte der Kommissar. | |
Hunderte humanitäre Programme im ganzen Land seien suspendiert worden, | |
Lagerhäuser geplündert und Transportmittel, auf die humanitäre Helfer | |
angewiesen sind, zerstört. Dafür seien allein die beiden Kriegsparteien | |
verantwortlich – aber die Zivilbevölkerung des Sudan müsse dafür „zahlen… | |
sagte Lenarcic. | |
UN-Welternährungsprogramm warnt vor Krise in ganzer Region | |
Die anhaltende Gewalt in Sudan könnte über das Land hinaus die gesamte | |
Region in Ostafrika in eine humanitäre Krise stürzen. „Im Land hungerte | |
schon vor Ausbruch der Kämpfe ein Drittel der Bevölkerung, nun fehlt es an | |
allem und die Preise für Nahrung schießen in die Höhe“, sagte der Direktor | |
des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) in Deutschland, | |
Martin Frick, der Deutschen Presse-Agentur. Auch in den Nachbarländern | |
Tschad und Südsudan komme es zu ähnlichen Preisanstiegen. | |
Beide Länder hätten seit Beginn der Kämpfe in Sudan bereits [3][Tausende | |
Flüchtlinge] aufgenommen. „Im Südsudan, das klimabedingt gleichzeitig in | |
Überschwemmungen versinkt und andernorts vertrocknet, sind die Preise für | |
Nahrungsmittel in kürzester Zeit um 28 Prozent gestiegen“, sagte Frick. | |
Hinzu komme die angespannte Situation am Horn von Afrika, in der nach sechs | |
ausgefallenen Regenzeiten die Not ebenfalls auf einem Rekordniveau sei. | |
Das WFP musste aufgrund der Kampfhandlungen seine Unterstützung für 7,6 | |
Millionen Menschen in Sudan einstellen. Gerade Geflüchtete, die in Sudan | |
untergekommen seien, Schwangere oder mangelernährte Kinder stünden ohne die | |
Unterstützung des WFP vor dem Nichts, so Frick. Sobald es die | |
Sicherheitslage erlaube, solle die Hilfe wieder aufgenommen werden. | |
## Niederlande beenden Evakuierung aus Sudan | |
Die Niederlande haben die Evakuierung ihrer Staatsangehörigen aus dem | |
umkämpften Sudan abgeschlossen. Ein achter und letzter Evakuierungsflug sei | |
am späten Samstagabend in Sudan nach Jordanien gestartet, teilte das | |
Verteidigungsministerium in Den Haag mit. Insgesamt seien mindestens 160 | |
Niederländer aus dem afrikanischen Land geholt worden, 85 davon mit | |
Flugzeugen der niederländischen Luftwaffe. Die übrigen hätten mit Flügen | |
anderer europäischer Länder mitfliegen können. Die Niederlande hätten auf | |
ihren Flügen auch 130 Menschen mit 18 anderen Nationalitäten mitgenommen, | |
hieß es. | |
## Letzter britischer Evakuierungsflug verlässt Sudan | |
Großbritannien hat die Evakuierung seiner Bürgerinnen und Bürger aus dem | |
Sudan beendet. Der letzte Flug des britischen Militärs habe das | |
afrikanische Land am späten Samstagabend verlassen, teilte das | |
Außenministerium in London am Sonntagmorgen mit. „Die britische Regierung | |
führt keine Evakuierungsflüge vom Flugplatz Wadi Saeedna mehr durch.“ | |
Insgesamt seien mindestens 1888 Menschen mit 21 Flügen außer Landes | |
gebracht worden. Dabei handele es in erster Linie um Britinnen und Briten | |
sowie ihre engsten Angehörigen. Schätzungen zufolge könnten sich noch | |
Tausende Briten im Land aufhalten. | |
Außen-Staatsminister Andrew Mitchell nannte die Mission in der BBC „äußerst | |
erfolgreich“. Zugleich betonte er: „Wir können angesichts solch | |
gefährlicher Umstände nicht für immer dort bleiben.“ Außenminister James | |
Cleverly kündigte an, weiter auf eine diplomatische Lösung zu drängen, um | |
das Blutvergießen zu beenden. „Letztendlich ist ein stabiler Übergang zu | |
einer Zivilregierung der beste Weg, um die Sicherheit und den Wohlstand des | |
sudanesischen Volkes zu schützen“, sagte Cleverly. | |
## Pro Asyl fordert bundesweiten Abschiebestopp | |
Die Flüchtlingshilfsorganisation Pro Asyl hat sich für einen bundesweiten | |
Stopp von Abschiebungen in den Sudan ausgesprochen. „Die Bundesregierung | |
kann nicht weiter zusehen, dass Menschen angedroht wird, in ein Gebiet | |
abgeschoben zu werden, in dem ein bewaffneter Konflikt stattfindet“, sagte | |
ihr flüchtlingspolitischer Sprecher Tareq Alaows dem „RedaktionsNetzwerk | |
Deutschland“ (Sonntag). | |
Es sei nicht absehbar, wann die vor rund zwei Wochen begonnenen Kämpfe | |
rivalisierender Gruppen des sudanesischen Militärs beendet seien, warnte | |
Alaows. „Deshalb brauchen wir einen bundesweiten Abschiebestopp jetzt. Wir | |
können nicht einerseits Menschen evakuieren und andererseits Menschen | |
abschieben.“ Ungefähr die Hälfte der sudanesischen Flüchtlinge in | |
Deutschland sei nur geduldet und daher von Abschiebung bedroht. | |
Pro Asyl hatte bereits am Mittwoch gewarnt, verschlimmert werde die | |
Situation, weil es weder eine funktionierende Infrastruktur noch eine | |
medizinische Versorgung gebe. Es fehlten Strom, Wasser, Nahrungsmittel, | |
Medikamente und Blutkonserven. Wohnhäuser, Schulen und Krankenhäuser würden | |
unter Beschuss genommen. | |
30 Apr 2023 | |
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