# taz.de -- Krieg in Sudan: Sudans Warlords wüten immer weiter | |
> Trotz neuer Zusagen einer Feuerpause toben schwere Kämpfe, auch in Darfur | |
> ist die Lage dramatisch. Bemühungen um Konfliktlösung treten auf der | |
> Stelle. | |
Bild: Rauchsäulen über Wohnhäusern in Sudans Hauptstadt Khartum am Montag | |
BERLIN taz | Der [1][Krieg in Sudan] geht in die dritte Woche, und es ist | |
kein Ende in Sicht. 538 getötete und 4.599 verwundete Zivilisten seit dem | |
Ausbruch der Kämpfe zwischen der Armee und der paramilitärischen Miliz RSF | |
(Rapid Support Forces) am 15. April meldete am Sonntag das | |
Gesundheitsministerium in der Hauptstadt Khartum. | |
Am Montag wurden aus Khartum erneut massive Luftangriffe und Explosionen | |
gemeldet. Die Armee erklärte, sie wolle die RSF aus der Stadt treiben. Sie | |
setzt auf Luftangriffe und schwere Artillerie gegen die RSF-Kämpfer, die | |
Regierungsgebäude besetzt halten, in Khartums Polizeistationen sitzen und | |
über Flugabwehr verfügen. Berichten zufolge wagen sich die meisten der fünf | |
Millionen Einwohner Khartums nicht mehr aus ihren Häusern, mit jedem Tag | |
wird die [2][Versorgungslage] schlechter. | |
In der Westregion Darfur ist die Provinzhauptstadt El-Geneina nahe der | |
tschadischen Grenze weitgehend zerstört, nachdem dort am Montag vergangener | |
Woche die RSF einen Großangriff startete. Vor den RSF-Angreifern sind | |
inzwischen viele Angehörige der nichtarabischen Masalit-Volksgruppe über | |
die Grenze nach Tschad geflohen, so wie vor zwanzig Jahren beim | |
Staatsterror gegen Darfurs Aufständische durch die arabische | |
Janjaweed-Miliz, aus der die RSF hervorging. Viele der damaligen | |
Vertriebenen leben bis heute in Lagern, und die Lager um El-Geneina waren | |
auch jetzt Ziel der RSF-Angriffe. | |
„Alle Unterkünfte in unserem Lager sind verbrannt“, zitiert der Radiosender | |
Radio Dabanga eine Flüchtlingsfrau aus El-Geneina. Der Sultan der Masalit | |
der Stadt sagt: „Die Leichen auf den Straßen können wegen der Angriffe | |
nicht begraben werden.“ Er warf Sudans Armee vor, die Menschen nicht zu | |
schützen. Nach einem zweiten Angriff auf El-Geneina am Donnerstag meldeten | |
die Behörden zwanzig niedergebrannte Vertriebenenlager und 191 Tote. | |
## Feuerpausen helfen nur der Evakuierung von Ausländern | |
Aus Tschad, wo bereits 500.000 sudanesische Flüchtlinge leben, viele davon | |
seit Jahrzehnten, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Sonntag | |
von 20.000 Neuankömmlingen, die meisten völlig mittellos und viele von | |
ihnen krank. Es entstehen improvisierte Lager von mehreren | |
Quadratkilometern in Grenznähe unter freiem Himmel. Das UNHCR sorgt sich, | |
es gebe nur wenig Zeit, um vor dem Beginn der Regenzeit in wenigen Wochen | |
feste Lager und eine funktionierende Versorgung einzurichten. | |
Auch in den Bürgerkriegsländern Südsudan und Zentralafrikanische Republik | |
landen sudanesische Flüchtlinge zu Tausenden, ebenso in Äthiopien und | |
Ägypten. | |
Offiziell haben Armee und RSF in Sudan schon fünf Feuerpausen zugesagt und | |
immer wieder verlängert. Die gelten aber offensichtlich nicht für die | |
Kämpfe, sondern garantieren lediglich den reibungslosen Ablauf der | |
[3][Evakuierung von Ausländern]. Am Montag beendete Großbritannien als | |
letztes westliches Land seine Evakuierungsflüge, nachdem es am 22. April | |
als erstes damit begonnen hatte – vor dem letzten Flug hatten nach | |
amtlichen Angaben 23 britische Flüge 2.122 Ausländer aus Sudan gebracht. | |
Die USA haben nach eigenen Angaben rund 1.000 Ausländer evakuiert, | |
Deutschland 780. | |
Die verbleibenden Evakuierungen laufen über den Hafen Port Sudan, direkt | |
gegenüber von Saudi-Arabien am Roten Meer; die saudische Marine ist an | |
vorderster Front. Ebenso läuft über Port Sudan humanitäre Hilfe an. | |
Saudi-Arabien steht nicht von ungefähr im Zentrum der Bemühungen. In vielen | |
Bürgerkriegsländern öffnet das Besprechen praktischer Fragen wie die | |
Abwicklung von Hilfstransporten Gesprächskanäle zur Konfliktlösung. | |
## Paralleler Rücktritt beider Kontrahenten nicht in Sicht | |
Im Fall Sudan laufen nun Bemühungen, die beiden Kontrahenten an einen Tisch | |
zu bekommen – Staatschef Abdelfattah al-Burhan, der die Armee führt, und | |
der stellvertretende Staatschef Hamdan Daglo Hametti, der die RSF führt. | |
Darüber hinaus soll der international begleitete Prozess zu Sudans | |
Demokratisierung wiederbelebt werden. Er stockt seit 2021, als das Militär | |
die seit 2019 amtierende zivil-militärische Übergangsregierung absetzte. | |
Im Dezember 2022 sagten die Generäle zwar in einem „Rahmenabkommen“ die | |
Rückkehr zu einer zivilen Übergangsregelung zu, aber die Details waren noch | |
nicht geklärt, als ein Streit um die vorgesehene Eingliederung der RSF in | |
die Streitkräfte zum Krieg führte. | |
Die Gespräche wurden von einem „trilateralen Mechanismus“ mehrerer | |
Organisationen geführt: die UN-Mission in Sudan (Unitams), die Afrikanische | |
Union (AU) und die Horn-von-Afrika-Regionalorganisation der Staaten am | |
„Intergovernmental Authority on Development“ (IGAD). Unterstützt wurden sie | |
vom sogenannten Quad aus den USA, Großbritannien, Saudi-Arabien und den | |
Vereinigten Arabischen Emiraten. | |
Für vergangenen Freitag rief die IGAD zu Gesprächen zwischen Sudans | |
Kriegsparteien in Südsudans Hauptstadt Juba. Die platzten jedoch. Burhan | |
und Hametti erklärten sich zwar grundsätzlich zu Gesprächen bereit, aber | |
erst müsse der jeweils andere von seinem Posten zurücktreten. Nun soll es | |
„militärisch-technische“ Gespräche im saudischen Dschiddah geben. | |
Unter Diplomaten kursiert das Szenario eines parallelen Rücktritts Burhans | |
und Hamettis als Schlüssel zur Konfliktlösung. Nur weiß niemand, wie dies | |
herbeigeführt werden könnte. Aber alle wissen, was es bedeuten würde, wenn | |
der Krieg weitergeht. Abdallah Hamdok, Sudans 2021 abgesetzter ziviler | |
Übergangspremier, warnte am Samstag in Kenias Hauptstadt Nairobi, eine | |
Fortsetzung des Krieges in Sudan wäre ein „Albtraum für die Welt“, gegen | |
den „Syrien, Jemen, Libyen im Vergleich ein Kinderspiel“ wären. | |
1 May 2023 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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