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# taz.de -- Kommunalwahl in Schleswig-Holstein: Wahlkampf in Zeitungsoptik
> Eine Wählergemeinschaft in Schleswig-Holstein druckt eine Zeitung, die
> das Layout der Kieler Nachrichten kopiert. Der Streit der Beteiligten ist
> alt.
Bild: So seriös, dass man sie gern kopieren möchte? „Kieler Nachrichten“
Bremen taz | Rund 7.500 Haushalte in der schleswig-holsteinischen Stadt
Schwentinental haben am Wochenende eine Zeitung bekommen, die den Kieler
Nachrichten zum Verwechseln ähnlich sieht. Es handelt sich aber um eine
Wahlkampfzeitung der Wählergemeinschaft „Gemeinsam vor Ort“, die bei der am
Sonntag [1][anstehenden Kommunalwahl] im Kreis Plön antritt.
Sie sei gespickt mit „lokalpolitischen Inhalten und Themen, die in
Schwentinental zu wenig oder anders hätten bearbeitet werden können“. Das
sagt Dennis Mihlan, Vorstandsmitglied der Wählergemeinschaft und laut
Impressum einer von zwei „Chefredakteuren“ der Wahlzeitung.
Die Kieler Nachrichten (KN) sind davon gar nicht begeistert: „Layout, die
Schriften und nahezu alle anderen optischen Bestandteile der KN“ seien
kopiert worden, steht [2][in einem aktuellen Artikel]. „Lediglich an
versteckter Stelle findet sich kleingedruckt der Hinweis auf die wahren
Urheber“, heißt es weiter. Die Redaktion habe nichts von der Imitation
gewusst und verurteile sie auf Schärfste.
„Solche Fälschungen können das Vertrauen in die Kieler Nachrichten als
unabhängige und überparteiliche Tageszeitung erheblich untergraben und
gefährden“, schreibt KN-Chefredakteurin Stefanie Gollasch der taz. „Ob wir
gegen diesen aus unserer Sicht rechtswidrigen Eingriff in unsere
geschützten Rechtspositionen juristische Schritte ergreifen, prüfen wir.“
## Leser*innen reagieren empört
Dass es sich um eine gefälschte Ausgabe handelt, sei „Schwachsinn“, sagt
Mihlan. Man habe sich „an den Look angelehnt“, aber: „Es steht nicht KN
drauf, sondern Schwentinentaler Nachrichten.“ Auf der ersten der zwölf
Seiten steht zudem „Wahlzeitung Gemeinsam vor Ort“. Mit dem Design habe man
erreichen wollen, dass die Leute die Zeitung anschauen – und nicht wie
andere Flyer direkt wegwerfen. Die Aktion sei rechtlich sowie moralisch
komplett legitim, findet Mihlan. „Das ist halt kreativer Wahlkampf.“
Die Kritik der KN: Die Zeitung erwecke bei vielen den Eindruck: „Sieh an,
die Kieler Nachrichten geben jetzt eine Sonderausgabe nur für uns heraus!“
Tatsächlich, so schreibt es Gollasch, sei der „offenbar beabsichtigte
Effekt der ‚Wahlwerbung der Kieler Nachrichten‘“ eingetreten – viele
Leser*innen seien empört. Es habe zahlreiche „zum Teil wütende und
fassungslose Reaktionen“ gegeben. Das zeige, dass die Kennzeichnung auf der
ersten Seite nicht reiche, um die Urheberschaft zu klären.
Mihlan erzählt, dass er bereits vor fünf Jahren – damals als Mitglied der
Grünen – eine Wahlkampfzeitung im Stile des Stadtmagazins veröffentlicht
habe. Kritik habe es damals von der Stadt Schwentinental, dem Verlag und
politischen Gegnern gegeben. Weil die Rückmeldungen ansonsten „durchweg
grandios“ gewesen seien, habe er sich im [3][aktuellen Wahlkampf] gedacht:
Warum nicht noch einmal?
Dieses Mal wollte sich die Zeitung „in Form und Aufmachung“ an den Kieler
Nachrichten orientieren. So steht es in einer Mitteilung, die neben der
Wahlzeitung selbst auf der [4][Internetseite der Wählergemeinschaft] zu
finden ist.
Ein Grund für die Auswahl: Die Auseinandersetzung der Beteiligten mit der
Zeitung läuft schon lange. Vor rund fünf Jahren haben Andreas Müller, der
ebenfalls zur Wählergemeinschaft gehört und „Chefredakteur“ der Wahlzeitu…
ist, und Mihlan unter gefälschten Namen mehrere Leserbriefe an die KN
verschickt; diese wurden teilweise veröffentlicht. So berichten es die KN.
Müller und Mihlan sind zu dem Zeitpunkt der Leserbriefe-Aktion Mitglied bei
den Grünen und sitzen für diese im Kreistag Plön und in der Stadtvertretung
Schwentinental. Für die Briefe ernten sie laut KN Kritik, auch aus den
eigenen Reihen. Sie geben ihre Ämter ab, behalten jedoch ihre Mandate.
Gemeinsam mit anderen Personen verlassen sie später die Grünen-Fraktion und
treten schließlich auch aus der Partei aus – die Geburtsstunde der
Wählergemeinschaft „Gemeinsam vor Ort“.
Diese wirft den KN Parteilichkeit vor, will laut der Mitteilung sogar
[5][Beschwerde beim Presserat einreichen]. Auch eine von einer Gruppe um
einen Grünen geschaltete Werbeanzeige in den KN kritisiert „Gemeinsam vor
Ort“. In der Anzeige wird davon abgeraten „Gemeinsam vor Ort“ zu wählen,
weil das bedeute, auch dem „Leserbrieffälscher“ Andreas Müller seine Stim…
zu geben.
Aus der Veröffentlichung der Anzeige, den Vorwurf der Parteilichkeit
abzuleiten, sei absurd, sagt Gollasch. Jede Partei oder Gruppierung könne
Anzeigen schalten. Die Beschwerde beim Presserat warte man „gelassen ab“.
10 May 2023
## LINKS
[1] /Buergerschaftswahl-in-Bremen/!5930277
[2] https://www.kn-online.de/lokales/ploen/schwentinental-leserbrieffaelscher-k…
[3] /Eingeschraenkte-Buergerbegehren/!5928657
[4] https://gemeinsamvorort.com/
[5] /Sensibilisierung-fuer-den-Alltag/!5916083
## AUTOREN
Alina Götz
## TAGS
Wahlkampf
Zeitung
Schleswig-Holstein
Kommunalwahl
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Grüne Schleswig-Holstein
Rechtsextremismus
Lesestück Recherche und Reportage
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