# taz.de -- Tarifeinigung im öffentlichen Dienst: Geschürte Erwartungen nicht… | |
> Dass die Verdi-Mitglieder mit dem Ergebnis zufrieden sind, ist | |
> unwahrscheinlich. Angesichts des erklärten Verhandlungsziels war das | |
> Erreichte mager. | |
Bild: Richtig glücklich scheint niemand mit der Einigung im Tarifstreit zu sei… | |
Ein Grund zum Jubeln ist die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst von Bund | |
und Kommunen für die Gewerkschaften nicht. Von einem guten und fairen | |
Abschluss in schwierigen Zeiten spricht Bundesinnenministerin Nancy Faeser. | |
Im Vergleich zu anderen Tarifabschlüssen der jüngeren Zeit und mit Blick | |
auf die schwierige finanzielle Situation vieler Kommunen ist das nicht | |
falsch. Der Erwartungshaltung der Beschäftigten entspricht [1][die | |
Einigung] allerdings nicht. | |
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und der Deutsche Beamtenbund werden | |
einige Mühe haben, ihren Mitgliedern die allzu augenfällige große Differenz | |
zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu erklären. Wenn man nur auf die | |
Lohnsteigerung im kommenden Jahr schauen würde, ließe sich von einem | |
tragfähigen Kompromiss sprechen. Aber es gibt zwei Probleme, von denen eins | |
in der Vergangenheit, das andere in der Gegenwart liegt. | |
Die Gewerkschaften sind [2][mit einer hohen Forderung in die Verhandlungen | |
gegangen]: In diesem Jahr sollte es eine monatliche Lohnerhöhung von 10,5 | |
Prozent geben, mindestens jedoch 500 Euro. Damit sollten nicht nur aktuelle | |
Kaufkraftverluste verhindert, sondern eine bereits seit 2021 erlittene | |
Reallohnschrumpfung abgemildert werden. Die beruhte auf einem unglaublich | |
niedrigen Tarifabschluss im März 2020, der mit einer erstaunlich langen | |
Laufzeit von 28 Monaten abgeschlossen wurde – ein Desaster. | |
Doch schon mit dem [3][Tarifabschluss bei der Deutschen Post] vor einem | |
Monat war klar, dass auch im öffentlichen Dienst weit weniger herauskommen | |
wird. Wer sich bei einem Konzern, der Milliardengewinne erzielt, mit | |
Einmalzahlungen für 2023 und einer Lohnsteigerung von monatlich 340 Euro ab | |
dem Frühjahr 2024 zufrieden gibt, kann notleidenden Kommunen schlecht mehr | |
abverlangen. Von daher ist es schon ein Erfolg, dass diese 340 Euro im | |
öffentlichen Dienst ein Mindestbetrag sind. Viele Beschäftigte erhalten | |
mehr. Aber eben auch erst nächstes Jahr. | |
Selbst wenn Einmalzahlungen generell kein Ersatz für Lohnerhöhungen sein | |
können, die sich dauerhaft positiv auf die Gehaltsentwicklung auswirken, | |
helfen sie angesichts drastisch gestiegener Lebenshaltungskosten doch | |
ungemein. | |
Aber wer vorher tönt, wie das Verdi getan hat, dass eine | |
Inflationsausgleichsprämie nur Ergänzung zu einer absolut unverzichtbaren | |
Lohnerhöhung sein kann, der darf dann nicht vollständig auf eine | |
Gehaltserhöhung in diesem Jahr verzichten. Bis zum 12. Mai befragt Verdi | |
nun die betroffenen Mitglieder, was sie von dem Tarifabschluss halten. Die | |
Begeisterung dürfte sich in Grenzen halten. | |
23 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/tarifstreit-oeffentlicher-dienst-117.h… | |
[2] /Inflation-und-Streiks/!5919207 | |
[3] /Beigelegter-Tarifkonflikt-bei-der-Post/!5918542 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
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