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# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Die Zeichen stehen auf Arbeitskampf
> In Berlin ist jeden Tag 1. Mai: Nach den Streiks im öffentlichen Dienst
> demonstrieren nun Kurierfahrer*innen für ihre ausstehenden Löhne.
Bild: So geht Streik: Gorillas-Beschäftigte beim Arbeitskampf 2021
Miese [1][Arbeitsbedingungen bei Online Lieferdiensten] sind in Berlin
längst kein Geheimnis mehr. Die Kurierfahrer*innen des umstrittenen
Berliner Start Ups Gorillas waren die ersten, die [2][vor rund zwei Jahren]
auf die prekäre Lage von Ridern aufmerksam machten. Unter anderem mit
[3][wilden Streiks] kämpften sie für ihre Rechte und gegen schlechte
Ausrüstung, zu späte, falsche oder gleich ganz ausbleibende Lohnzahlungen
und Union Busting.
Das blieb nicht ohne Wirkung: Das Workers Collective gründete gegen den
massiven Widerstand der Geschäftsführung nicht nur [4][einen Betriebsrat],
sondern wurde auch zum Vorbild für die Arbeiter*innen anderer
Lieferdienste: Lieferando, Flink, Getir, Hellofresh, es gibt kaum einen
Lieferdienst, in dem sich daraufhin nicht ebenfalls
Arbeiter*innenvertretungen gründeten – meist verbunden mit
langwierigen Auseinandersetzungen vor Gericht.
Verschwunden sind die [5][schlechten Arbeitsbedingungen] deshalb aber noch
lange nicht. Auch beim Kurierdienst Wolt scheint einiges im Argen zu
liegen: 120 meist migrantische Arbeiter*innen sollen von einem
Subunternehmen des Bringdienstes nicht bezahlt worden sein, es soll um
Forderungen von mehreren 100.000 Euro gehen. Die Rider rufen daher für
diesen Mittwoch zu einer Fahrraddemonstration auf und wollen vor die
Wolt-Zentrale in Friedrichshain ziehen, um ihr Geld einzufordern. Um ihren
Forderungen lautstark Nachdruck zu verleihen, brauchen sie in ihrem
Arbeitskampf die Solidarität und Unterstützung der Berliner:innen
(Mittwoch 5. März, 10 Uhr, U-Bahnhof Karl-Marx-Straße; 11 Uhr, Wolt
Zentrale, Stralauer Allee 6).
## Rider kämpfen für ihren Lohn
Auch die Rider der Velocarrier GmbH und Ecocarrier AG ziehen diese Woche in
den Straßen-Arbeitskampf. Die Radlogistikunternehmen, die Kund*innen mit
Biokisten und Rewe-Produkten beliefern, rühmen sich für Nachhaltigkeit und
faire Arbeitsbedingungen. Die Kurierfahrer*innen scheinen davon
allerdings nicht so viel zu merken: Sie klagen über kaputte Fahrräder,
massive Überstunden und falsche Versprechungen.
Im Dezember vergangenen Jahres endete ein innerbetrieblicher Kampf für die
Beschäftigten von EcoCarrier mit Massenentlassungen. Laut der
[6][Gewerkschaft FAU] hatten die Standortleitungen wegen der schlechten
Arbeitsbedingungen und eigener Überlastungen das Unternehmen verlassen,
woraufhin die Arbeiter*innen zusätzlich deren Verwaltungsaufgaben
übernahmen. Kurz nach der Vorbereitung einer Betriebsratswahl kündigte die
Geschäftsführung den Beschäftigten dann die Schließung des Berliner
Standorts an.
Die Berliner Rider lassen sich das jedoch nicht so einfach gefallen. Vor
Gericht kämpfen sie für ihren ausstehenden Lohn und Abfindungen. Nachdem
die Geschäftsführung den Verhandlungstisch verlassen hat, wollen sie nun
auf der Straße weiterkämpfen und für ihre Rechte protestieren (Samstag 8.
April, Rollbergstr. 59).
## Gedenken an Burak Bektaş
Migrant*innen in Berlin werden nicht nur allzu oft Opfer von Ausbeutung,
sondern auch von rassistischer Gewalt. Eines dieser Opfer ist [7][Burak
Bektaş], der vor elf Jahren in Neukölln erschossen wurde. In der Nacht auf
den 5. April 2012, nur wenige Monate nach dem Auffliegen des NSU-Komplex,
feuerte ein weißer Mann an der Rudower Straße mehrere Schüsse auf eine
Gruppe Jugendlicher mit Migrationsgeschichte ab.
Bektaş und seine Freunde hatten den Abend gemeinsam in einem nahen Park
verbracht und warteten dort auf den Nachtbus. Die Kugeln trafen drei von
ihnen. Zwei der Freunde überlebten die Schüsse lebensgefährlich verletzt.
Der 22-jährige Burak starb im Krankenhaus. Eine Kugel hatte seine Lunge
durchbohrt. Der Täter entfernte sich unerkannt vom Tatort.
Die Ermittlungen in dem Fall dauern zwar an, aber bis heute haben Polizei
und Staatsanwaltschaft keine Hinweise auf den Täter. Familie,
Freund*innen und Unterstützer*innen gehen von einem rassistischen
Tatmotiv aus und kämpfen seit elf Jahren für Aufklärung, Gerechtigkeit und
Konsequenzen. Ein 2017 errichtetes Denkmal für Bektaş wurde bereits vier
mal von Rechtsextremen geschändet. Zuletzt wurde es am 8. März [8][mit
Hakenkreuzen beschmiert]. Mit der Aufforderung „Findet den Mörder“
[9][erinnern Initiativen jedes Jahr] an seinem Todestag an der Gedenktafel
und online an den Mord an Burak Bektaş und fordern Aufklärung (Mittwoch 5.
März, 17 Uhr, Rudower Straße / Möwenweg).
5 Apr 2023
## LINKS
[1] /Arbeitsbedingungen-bei-Lieferdiensten/!5812180
[2] /Arbeitskampf-bei-Lieferdienst-Gorillas/!5779066
[3] /Protest-bei-Lieferdienst-Gorillas/!5775031
[4] /Arbeitskampf-bei-Online-Lieferdienst/!5814823
[5] /Interview-mit-Arbeitsrechtsanwalt/!5865998
[6] https://berlin.fau.org/presse/pressemitteilungen/
[7] /Tatmotiv-Rassismus/!5843092
[8] /Rechte-Anschlagsserie-in-Neukoelln/!5920265
[9] https://burak.blackblogs.org/material/
## AUTOREN
Marie Frank
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