# taz.de -- Kündigung nach taz-Bericht: Kritik am Job unerwünscht | |
> Nach kritischen Äußerungen in einem taz-Artikel wird ein Flink-Arbeiter | |
> gekündigt. Der Lieferdienst könnte vor Gericht damit durchkommen. | |
Bild: Wer bei Wind und Regen Essen ausliefert, kann nur hoffen, dass das Untern… | |
BERLIN taz | Vor dem Berliner Arbeitsgericht ist richtig was los an diesem | |
Mittwochmorgen: Neben dem Kurierfahrer Raúl D., der juristisch gegen seinen | |
Rauswurf beim Lieferdienst Flink vorgeht, sind außer den Anwält*innen | |
auch jede Menge Unterstützer*innen gekommen – teils in den Pinkfarben | |
des Berliner Start-ups. „Immer Ärger mit Ihnen, ob Pink oder Schwarz“, sagt | |
eine Mitarbeiterin des Gerichts scherzend zu Rider-Anwalt Martin Bechert. | |
[1][Der ist bekannt dafür], sich für die Arbeitsrechte von Kurier*innen | |
einzusetzen, egal ob sie in Pink bei Flink oder in Schwarz bei dem | |
mittlerweile von Getir geschluckten Bringdienst Gorillas arbeiten. | |
Grund für die fristlose Kündigung des Fahrradkuriers ist ein | |
[2][taz-Artikel], in dem sich Raúl D. kritisch über die Arbeitsbedingungen | |
und über die Ausrüstung bei Flink äußert. Gemeinsam mit Kolleg*innen | |
will er einen Betriebsrat in dem Unternehmen gründen, wogegen dieses aber | |
juristisch vorgeht. Darum geht es an diesem Tag vor Gericht jedoch nicht, | |
auch nicht darum, ob Raúl D.s öffentliche Kritik berechtigt war oder nicht. | |
Vielmehr soll in einer Güteverhandlung geklärt werden, ob nicht eine | |
Einigung möglich ist, bevor über die Wirksamkeit der Kündigung entschieden | |
wird. | |
Die Anwältin von Flink ist sich zwar „sehr sicher, dass die Kündigung | |
rechtens ist“, zeigt sich aber verhandlungsbereit. 500 Euro Abfindung | |
bietet sie dem Rider an, der rund anderthalb Jahre dort gearbeitet hat. Aus | |
dem Publikum kommt ein Lacher, der vom Richter gerügt wird. Doch auch | |
Rechtsanwalt Bechert, sich seiner Sache ebenfalls sicher, winkt ab. | |
Danach geht es kurz zu wie auf dem Flohmarkt: 500 Euro, dafür wird die | |
fristlose zu einer ordentlichen Kündigung umgewandelt, erneute Ablehnung. | |
Als das Angebot schließlich bei 1.500 Euro liegt, beraten sich Bechert und | |
sein Mandant kurz vor der Tür, bevor sie neuerlich ablehnen. Als klar wird, | |
dass die Vorstellungen zu weit auseinanderliegen und eine gütliche Einigung | |
nicht möglich ist, wird für Mitte Mai ein Verhandlungstermin festgelegt, | |
bei dem in der Sache entschieden werden soll. | |
## Antrag auf Weiterbeschäftigung abgelehnt | |
Den Antrag auf Weiterbeschäftigung lehnt das Gericht schon mal ab. Um Flink | |
dazu zu verpflichten, Raúl D. weiter zu beschäftigen, müsste die Kündigung | |
offensichtlich unbegründet sein. Was sie laut Richter aufgrund seiner | |
kritischen Äußerungen – ob nun berechtigt oder nicht – aber nicht ist. | |
Dass der Rider in einem anderen laufenden Verfahren beantragt hat, vom | |
Arbeitsgericht als Wahlvorstand für die Betriebsratswahlen bei Flink | |
eingesetzt zu werden, spiele dabei keine Rolle. Geschützt sei eben nur der | |
Wahlvorstand, nicht aber der Antragsteller. „Das Gericht ist kein | |
Gesetzgeber“, sagt der Richter trocken auf den Einwand Becherts, dass das | |
Gesetz hier nur unzureichenden Schutz biete. | |
„Es ist ein Skandal, dass Menschen wie Raúl, die einen Betriebsrat gründen | |
wollen, nicht geschützt sind“, sagt Bechert zur taz. Er sieht in dem | |
Vorgehen des Lieferdienstes nicht nur Union Busting, sondern auch einen | |
Angriff auf die Meinungs- und Pressefreiheit. Raúl D. selbst nimmt es | |
gelassen. Für ihn ist vor allem wichtig, dass es bei Flink bald einen | |
Wahlvorstand gibt. Ob das Gericht ihn noch als solchen einsetzen wird, | |
obwohl er gekündigt ist, wird sich zeigen. | |
1 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Marie Frank | |
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