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# taz.de -- Olaf Scholz auf der „Republica“: Dem Kanzler lieb und teuer
> Die TV-Moderatorin Linda Zervakis versuchte erfolglos, eine
> taz-Veröffentlichung zu verhindern. Nun ist klar, wie viel Geld sie vom
> Kanzleramt bekam.
Bild: 1.130,50 Euro brutto: Zervakis hatte versucht, die Höhe der „Kostenpau…
Berlin taz | Linda Zervakis war zufrieden mit ihrem Bundeskanzler-Interview
auf der Digitalkonferenz Republica, so erzählte sie es im Herbst 2022
[1][in einem Podcast von t-online]. „Es zu schaffen in 20 Minuten, dass ein
Olaf Scholz auch hin und wieder mal lacht, da war ich ein bisschen stolz
drauf“, sagte sie. Kein Wort verlor sie über die Umstände: Pro7-Moderatorin
Zervakis war auf der Republica keine unabhängige Journalistin, sondern
wurde vom Kanzleramt engagiert – ohne dass das transparent gemacht wurde.
Scholz’ Leute fürchteten offenbar zu kritische Fragen. [2][Die PR-Aktion
kam erst vor einem Monat durch eine taz-Recherche ans Licht.]
Mit der taz will Linda Zervakis nicht sprechen. Ihr Manager Ansa
Seidenstücker hat die allermeisten Fragen nicht beantwortet und nur eine
Sache betont, als er mit der Recherche konfrontiert wurde: Zervakis habe
für die Moderation auf der Republica kein Honorar bekommen.
Zervakis bekam vom Kanzleramt aber eine „Kostenpauschale“ überwiesen:
1.130,50 Euro brutto. Die Summe hat ein Regierungssprecher der taz in der
vergangenen Woche mitgeteilt. Zuvor hatte das Kanzleramt die Angabe mit
Verweis auf das „Betriebs- und Geschäftsgeheimnis“ noch strikt verweigert.
Die taz ist dagegen vor das Verwaltungsgericht gezogen. Bevor das Gericht
eine Entscheidung gefällt hat, kam nun die Antwort.
Nach wie vor nicht offenlegen will das Kanzleramt, welche Kosten erstattet
worden sein sollen. „Mit der Kostenpauschale sollten pauschal alle
anfallenden Kosten von Frau Zervakis und ihrem Team abgedeckt werden“, sagt
ein Regierungssprecher lediglich. „Eine Aufschlüsselung liegt daher nicht
vor.“
Zervakis selbst hatte versucht, die Höhe der „Kostenpauschale“ zu
verheimlichen. Schon am Tag der Online-Veröffentlichung der Recherche kam
Post von ihrem Anwalt. Er wollte der taz untersagen, auch nur den Verdacht
zu äußern, dass Zervakis für die Moderation auf der Republica eine
Bezahlung erhalten haben könnte, die als Teil einer großzügigen
Kostenpauschale getarnt wurde.
Zervakis ging vor Gericht, zog aber dann ihren Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zurück. Die zuständige Pressekammer des
Landgerichts Hamburg hatte ihr zuvor signalisiert, dass sie wohl keinen
Erfolg haben wird – weil die Berichterstattung der taz nicht zu beanstanden
sei.
## „Kosten für Styling und Maske“
In einem Schriftsatz nennt ihr Anwalt den Grund, warum Zervakis nicht
möchte, dass bekannt werde, dass sie manche Moderationen auch ohne Honorar
übernehme: Das mindere ihre Verhandlungsposition bei anderen Moderationen,
etwa öffentliche Firmenveranstaltungen.
Dass Zervakis auch gegenüber dem Gericht die Höhe der Kostenpauschale nicht
offenlegen wollte, hat offenbar einen guten Grund: Es handelt sich um eine
recht hohe Summe, die selbst ein Honorar bei vergleichbaren Moderationen
übersteigt. So bekommt man etwa [3][beim RBB laut Honorarrahmen] weniger
Geld für eine halbstündige „TV-Moderation unter erschwerten Bedingungen“.
Auf der Republica werden Moderator:innen in der Regel überhaupt nicht
bezahlt.
Gab es also die Kosten gar nicht und in Wahrheit geht es doch um ein
getarntes Honorar? Zervakis’ Manager hat das dementiert: „Die
Kostenpauschale beinhaltete – ausschließlich – Kosten, die Linda Zervakis
im Zusammenhang mit der Moderation des Gesprächs mit Bundeskanzler Olaf
Scholz auf der re:publica Berlin am 9. Juni 2022 entstehen“, so hat es
Ansa Seidenstücker gegenüber dem Gericht eidesstattlich versichert. Eine
Anfrage der taz, um welche Kosten es gegangen sein soll, beantwortete er
nicht.
Die An- und Abreise zur Konferenz hat Zervakis’ Sender Pro7 bezahlt. Sie
fuhr morgens aus München mit dem ICE nach Berlin und abends zurück, gerade
einmal sechs Stunden verbrachte sie in der Hauptstadt, sie übernachtete
dort nicht. Das geht aus Bahntickets und der Reiseverbindung hervor, die
Zervakis’ Anwalt ans Gericht geschickt hat.
Ihr Sender Pro7 hatte mitgeteilt, dass er kein Problem mit dem Interview
habe, sie habe dafür ja kein Honorar bekommen. „Ein solches Interview ist
mit unseren journalistischen Werten sehr gut zu vereinbaren“, sagte ein
Sprecher. Auf die Nachfrage, ob das auch bei einer hohen „Kostenpauschale“
gelte, kommt keine direkte Antwort. Der Sprecher macht aber deutlich, dass
der Sender in der intransparenten PR-Moderation weiter kein Problem sieht.
Zugleich nennt er von sich aus eine mögliche Erklärung, was für Kosten
angefallen sein könnten: „Mit der Kostenpauschale von 1.130,50 Euro können
wir für einen Moderationsauftritt nicht die Kosten für Styling und Maske
bezahlen – weder für Frau Zervakis noch für eine andere Moderator:in“,
schreibt er.
Transparenzhinweis: Der Autor hat 2019 [4][einen Vortrag auf der Republica]
gehalten. Er bekam dafür kein Geld, aber kostenlosen Eintritt.
27 Feb 2023
## LINKS
[1] https://www.t-online.de/digital/internet-sicherheit/internet/id_100071412/l…
[2] /Linda-Zervakis-auf-der-Republica/!5908929
[3] https://www.rbbpro.de/wp-content/uploads/2020/09/2020-09-08-Ziel-Honorarrah…
[4] https://19.re-publica.com/de/session/akte-hannibal-werkstattbericht
## AUTOREN
Sebastian Erb
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