# taz.de -- Hauke Heekeren über die Uni Hamburg: „Eine Uni der Nachhaltigkei… | |
> Hauke Heekeren ist seit einem Jahr Präsident der Uni Hamburg. Ein | |
> Gespräch über Leben mit Exzellenzstatus, studentische Hilfskräfte und | |
> Studienerfolg. | |
Bild: Uni-Präsident Hauke Heekeren bei der „Get back to Audimax“-Show im S… | |
taz: Herr Heekeren, Sie sind ein Jahr Präsident der Uni Hamburg. Als Sie | |
anfingen, gewann die Uni den Exzellenztitel. Bis 2026 über 80 Millionen | |
Euro. | |
Hauke Heekeren: Das war schon etwas früher, den Titel gewannen wir 2019. | |
Was hat der Titel verändert? | |
Die [1][Wahrnehmung der Uni in der Stadt] hat sich sichtbar geändert. Viele | |
Uni-Angehörige verbinden damit einen gewissen Stolz. Und ganz konkret: Wir | |
haben uns im Rahmen des Exzellenzantrags vieles vorgenommen, was wir jetzt | |
umsetzen. Wir werden internationaler. Wir treffen Maßnahmen, die uns | |
helfen, tolle Spitzenforschende zu gewinnen, auch aus dem Ausland. | |
Sie bezahlen mit dem Geld auch Professuren? | |
Ja, um Forschungsbereiche zu stärken. Unser Credo ist: Wir sind Uni der | |
Nachhaltigkeit. Deshalb haben wir die Rolle des | |
Chief-Sustainability-Officer geschaffen, die zentral alle | |
Nachhaltigkeitsaktivitäten der Uni koordiniert. | |
Die Linke forderte prompt, Exzellenz-Unis sollten „Leuchtturm“ als | |
Arbeitgeber sein. Der „Befristungswahn“ sei nicht mehr zu rechtfertigen. | |
Es gibt dazu schon gute Prozesse, die ich in Hamburg vorgefunden habe. Wir | |
haben dazu das Projekt „Karrierewege in der Wissenschaft“ gestartet, in dem | |
wir schauen, wie diese Wege aussehen können. Dazu gehört auch die | |
Befristungs-Problematik. Wir wollen auch hier Leuchtturm sein. | |
Gegen Befristung wehren sich auch studentische Hilfskräfte. Die | |
Bürgerschaft beschloss nun, deren Verträge sollen zwölf Monate dauern. | |
Finden Sie das richtig? | |
Unsere studentischen Hilfskräfte sind sehr wichtig für uns, und deswegen | |
wollen wir die studentischen Angestellten auch gut behandeln. Das ist eine | |
klare Aussage. Und jetzt schauen wir uns genau an, wie die Bedürfnisse der | |
Studierenden aussehen. Der Beschluss der Bürgerschaft war [2][erst einmal | |
nur ein Prüfantrag]. | |
Setzen Sie den um? | |
Wie bereits gesagt, handelt es sich um eine Prüfung und keinen finalen | |
Beschluss. Betrachtet man die Bedürfnisse der Studierenden, gibt es auch | |
Situationen und Projekte, die nicht länger als drei oder vier Monate | |
andauern und Studierende sagen uns: 'Das passt mir. Ich habe danach sowieso | |
was anderes vor.’ Deshalb könnte man zum Beispiel zwölf Monate als | |
Richtgröße festlegen, von der man auch Ausnahmen definiert. | |
Hamburgs Hochschulen waren [3][zehn Jahre auf Spardiät]. Die Linke | |
schreibt, der Uni fehlten viele Millionen im Budget. | |
Die Uni hat 2023 einen ausgeglichenen Haushalt. Die Stadt sichert uns mit | |
dem „Zukunftsvertrag“ bis 2027 eine jährliche Budgetsteigerung über zwei | |
Prozent zu. Das war vor dem völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die | |
Ukraine eine gute Basis. Jetzt kommt die Inflation dazu. Die schlägt nicht | |
überall so unvermittelt durch. Die Tarifverträge beschäftigen uns erst ab | |
2024, weil die aktuellen Tarifabschlüsse bis Ende 2023 gelten. Bei den | |
Energiekosten sind wir zuversichtlich, dass wir Hilfe von der Stadt | |
bekommen. | |
Aber der Studiengang [4][Kriminologie muss schließen]? | |
Das hat der zuständige Fakultätsrat lange vor meiner Zeit beschlossen. Die | |
Inhalte, um die es hier geht, werden sogar von anderen Studiengängen | |
abgedeckt. Dass Studiengänge ersetzt werden, ist ein normaler Prozess an | |
einer großen Uni. | |
Liegt das an der Exzellenz? | |
Nein. Mit der Exzellenz-Strategie hat das nichts zu tun. Die gibt uns den | |
Auftrag, ein übergeordnetes Profil und Schwerpunkte zu entwickeln. Wir | |
haben vier Exzellenzcluster in den Bereichen Nanowissenschaften, | |
Klimaforschung, Manuskriptforschung und Quantenphysik. Da bemühen wir uns | |
um eine Verlängerung. Und es gibt drei Anträge für mögliche neue | |
Exzellenzcluster. Das betrifft die Infektionsforschung, die | |
Neurowissenschaften und die Nierenforschung. Das sind sehr forschungsstarke | |
Bereiche. | |
Reden wir über die Lehre. Die soll seit Jahren besser werden. Aber rechnet | |
man die Quoten Ihrer ‚Ziel- und Leistungsvereinbarungen‘ zusammen, | |
schließen nur 42 Prozent der Studis den Bachelor auch ab. | |
Die genannte Zahl und somit eine Verrechnung der Quoten sind nicht | |
zielführend. Es geht hier um eine sogenannte „Kohorten-Berechnung“. Es wird | |
betrachtet, wie viele Bachelor-Abschlüsse es in einem Jahr X gab und wie | |
viele Bachelor-Studienanfänger:innen im 1. Fachsemester es vier Jahre zuvor | |
gab. Aufgrund von Fach- oder Hochschulwechseln sowie Studienabbrüchen | |
handelt es sich aber nicht um die gleichen Personen. Die Zahlen sind | |
außerdem stark pandemiebedingt und unterliegen aufgrund der erschwerten | |
Studienbedingungen wie digitale Lehre, wegfallende Jobs für Studierende und | |
Prüfungen, die teilweise nicht durchgeführt wurden, in den Jahren 2020 und | |
2021 starken Schwankungen. | |
Laut Ihrer Zielvereinbarung müssen Sie aber nur die 42-Prozent-Quote | |
erreichen. Vor 2017 lag die noch bei 60 Prozent. [5][Die Quote wurde | |
gesenkt]. | |
Es handelt sich hierbei um ein bundesweites Phänomen, das ich auch aus | |
meiner Zeit als Vizepräsident für Studium und Lehre an der FU Berlin | |
bereits kenne. Wir brauchen eine andere differenzierte Betrachtung. Sonst | |
wird es so dargestellt, dass es auch eine Minderleistung von uns wäre. Die | |
Fakultäten tun unfassbar viel, um die Studierenden zu beraten und zu | |
begleiten. Aber uns fehlen die Instrumente, zu wissen, was die Menschen, | |
die ihr Studium bei uns nicht abschließen, eigentlich tun. Da steht zum | |
Beispiel der Datenschutz davor. Wir wünschen uns von Seiten der Politik | |
dafür andere Instrumente. | |
Sagten Ihre [6][Vorgänger] auch. | |
Das macht es ja nicht falsch. | |
Liegt es am Können oder an der Motivation, wenn Studierende abbrechen? | |
Viele Bereiche können wir gar nicht beurteilen. Uns beschäftigt die Frage, | |
wie gut vorbereitet und mit welchen Vorkenntnissen die Studierenden hier | |
ankommen. Gerade auch nach der Pandemie. | |
Ist es schlechter geworden? | |
Das versuchen wir gerade zu analysieren und zu evaluieren. | |
[7][Die Pandemie zwang die Hochschulen], online zu gehen. Ein | |
Digitalisierungs-Schub? | |
In der Tat. Wir waren auf einen Schlag gezwungen, viele neue Formate | |
auszuprobieren. Jetzt arbeiten wir systematisch auf, welche davon | |
eigentlich in welchen Bereichen wie gut funktionieren. In einigen Bereichen | |
wird die digitale Lehre bleiben und auch das ein oder andere Mischformat. | |
Dafür entwickeln wir neue Lehr-Lernräume, die dafür ausgestattet sind, dass | |
man Präsenz- und Online-Formate kombiniert. | |
Nun nimmt ein sogenannter Chatbot „ChatGPT“ gar das Schreiben ab. Eine | |
Gefahr, dass Studierende schummeln? | |
Ich erlebe KI-Systeme wie ChatGPT mehr als Chance denn als Risiko. Damit | |
können wir Lehr- und Lernformate sowie Prüfungsformate weiterentwickeln. | |
ChatGPT ist sehr gut darin, vorhandenes Wissen zu reproduzieren. Aber unser | |
Auftrag ist, die Studierenden mündig zu machen. Das beinhaltet ja gerade, | |
Texte zu beurteilen, Quellen zu hinterfragen, was bei der Nutzung von | |
ChatGPT nötig ist. | |
1 Mar 2023 | |
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## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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