# taz.de -- Kongress wegen PKK-Nähe abgesagt: Uni gibt Verfassungsschutz nach | |
> Nach einem Hinweis des Verfassungsschutzes kündigt die Universität | |
> Hamburg einer Konferenz Räume. Der Asta sieht darin einen Fall | |
> politischer Zensur. | |
Bild: Steht wegen der Absage in der Kritik: Präsident Hauke Heekeren in der Un… | |
Hamburg taz | Kurz vor dem Beginn der Konferenz „We want our World back!“ | |
am Osterwochenende hat die Universität Hamburg ihre Raumzusage widerrufen. | |
Demnach darf der Kongress nicht wie geplant im Audimax der Hochschule | |
stattfinden. | |
Kritiker*innen sehen in dem Vorgehen einen Angriff auf die | |
Wissenschaftsfreiheit. Die Universität beruft sich auf eine Warnung des | |
Hamburger Verfassungsschutzes (VS), der Teilen der Konferenz eine Nähe zur | |
kurdischen PKK attestiert, die in Deutschland seit 1993 verboten ist und | |
vom Verfassungsschutz beobachtet wird. | |
Die Konferenz ist Teil der Reihe „Die kapitalistische Moderne | |
herausfordern“ und soll am Wochenende zum vierten Mal auf dem Hamburger | |
Universitätsgelände stattfinden. Laut den Veranstaltern treffen sich dort | |
internationale Intellektuelle, Aktivist*innen und Studierende, um über | |
Missstände wie Klimakrise und patriarchale Gewalt zu diskutieren und | |
gemeinsam Alternativen zum Kapitalismus zu eruieren. Dabei würden unter | |
anderem [1][Perspektiven aus der kurdischen Freiheitsbewegung mit | |
einbezogen]. | |
Die Veranstalter erwarten rund 1.300 Konferenzteilnehmer*innen | |
erwartet, auf dem Podium sitzen unter anderem der Politikwissenschaftler | |
John Holloway sowie Mexikos erste indigene Präsidentschaftskandidatin, | |
María de Jesús Patricio Martínez. Als Veranstalter der Konferenz treten der | |
AStA der Universität Hamburg sowie das Network for an Alternative Quest | |
auf. | |
## Uni erkennt parteipolitische Werbung | |
Letzterem gehören [2][nach Angaben des Verfassungsschutzes] mehrere | |
PKK-nahe Gruppen an, deshalb sei die Konferenz eine „Veranstaltung aus dem | |
PKK-Unterstützungsumfeld“. Bereits als das Netzwerk die Konferenz in den | |
Jahren 2012, 2015 und zuletzt 2017 auf dem Unigelände durchgeführt hatte, | |
sollen verschiedene PKK-Unterstützer*innen per Video zugeschaltet und auf | |
dem Podium vertreten gewesen sein, so der VS. | |
An die Uni Hamburg ist der Verfassungsschutz erst vor kurzem herangetreten, | |
um sie über die PKK-Nähe der Konferenz zu informieren. „Mit den jetzt | |
vorliegenden Erkenntnissen hätte die Universität die Veranstaltung nicht | |
genehmigt“, heißt es aus der Pressestelle der Hochschule. Sie vergebe keine | |
Räume an Veranstaltungen mit parteipolitischer Ausrichtung. | |
„Dies gilt umso mehr, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass Werbung für eine | |
Organisation gemacht wird, die in Deutschland verboten ist“, so die | |
Hochschule weiter. Daher habe sie die Raumgenehmigung entzogen. | |
Für den mitveranstaltenden AStA der Uni ist die Raumabsage ein Fall von | |
politischer Zensur. In einem Statement, das die Studierendenvertretung am | |
Montag veröffentlichte, kritisiert sie die Zusammenarbeit von | |
Universitätsleitung und Verfassungsschutz scharf: „Wir sind entsetzt über | |
diesen Angriff auf die Organe der studentischen Selbstverwaltung, die | |
Autonomie der Wissenschaft und die Meinungsfreiheit im Allgemeinen.“ | |
## Prominente internationale Unterstützung | |
Es sei ein Skandal, dass die Hochschule vor dem Verfassungsschutz | |
einknicke, erklärt der AStA weiter. Er fordert die Universitätsleitung dazu | |
auf, der Konferenz die Räume zur Verfügung zu stellen – diese seien bereits | |
vor langer Zeit zugesagt worden. | |
Das Statement hat binnen kurzer Zeit viel Zustimmung von verschiedenen | |
Initiativen und Aktivist*innen sowie aus Wissenschaftskreisen erhalten. | |
Als prominentester Vertreter steht der US-amerikanische Linguistikprofessor | |
Noam Chomsky als Unterstützer auf der Liste. Auch verschiedene | |
Fachschaftsräte der Universität Hamburg sowie Studierendenvertretungen | |
anderer deutscher Hochschulen stellen sich an die Seite des Hamburger AStA. | |
Auch aus den Reihen der Hamburger Bürgerschaftsfraktion der Linkspartei | |
kommt Kritik an Uni und Verfassungsschutz. [3][Laut der | |
Co-Fraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir unterbinde die Uni den | |
wissenschaftlichen Diskurs], die Raumabsage sei ein erheblicher Angriff auf | |
die Wissenschaftsfreiheit: „Eine plurale Gesellschaft braucht kritische | |
Auseinandersetzung und Hochschulen sollten dafür ganz wortwörtlich den Raum | |
bieten“, so Özdemir. | |
Für den [4][innenpolitischen Sprecher der Linkspartei Deniz Celik] ist die | |
Warnung der Uni durch den Verfassungsschutz ein Fall politischer | |
Einflussnahme: „Es ist nicht die Aufgabe des Verfassungsschutzes, darüber | |
zu entscheiden, welche wissenschaftlichen Diskurse stattfinden dürfen.“ | |
## Asta bietet Kompromiss an | |
Die Hochschule will trotz der Kritik an ihrer Entscheidung festhalten. „Die | |
Absage der Veranstaltung ist endgültig“, teilt ihre Pressestelle mit. Für | |
Luise Dechow aus dem Asta ist das ein Affront, schließlich habe sich die | |
Studierendenvertretung als Mitveranstalter kompromissbereit gezeigt, sogar | |
Teile des Programms anzupassen. | |
„Wir sind schockiert darüber, dass die Uni jedes Gesprächsangebot von | |
Seiten des Asta abblockt“, sagt Dechow der taz. Laut Uni könne bei beiden | |
Parteien in der Frage nach „möglichen Einzelaspekten rund um die abgesagte | |
Veranstaltung kein inhaltlicher Konsens“ gefunden werden. | |
Der Asta hat gegen die Kündigung der Räume Widerspruch eingelegt und | |
angekündigt, gegebenenfalls rechtlich gegen die Entscheidung der | |
Hochschulleitung vorzugehen, damit die Konferenz ein weiteres Mal auf ihrem | |
Campus stattfinden kann. | |
4 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-kaempfen-in-Rojava/!5647520 | |
[2] /Warnung-vor-Hamburg-enteignet/!5877684 | |
[3] /Friedensdelegation-nach-Kurdistan/!5855276 | |
[4] https://www.linksfraktion-hamburg.de/ | |
## AUTOREN | |
Nina Nevermann | |
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