# taz.de -- Gesetz in Georgien: Demokratie unter Druck | |
> Unter der Führung der Regierungspartei Georgischer Traum driftet Georgien | |
> in Richtung Russland. Nun droht gar ein Gesetz gegen ausländische | |
> Agenten. | |
Bild: Ex-Präsident Saakaschwili, hier bei einer Gerichtsanhörung per Video au… | |
Wer dem Irrglauben anhängt, die Südkaukasusrepublik Georgien sei immer noch | |
auf dem Weg nach Europa, sollte es mit einem Realitätscheck versuchen. | |
Unter der Führung der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) driftet das | |
Land, in der Region einst Vorreiter für Reformen, stetig weiter in Richtung | |
Russland ab. Einige besonders umtriebige Abgeordnete, die die KO verlassen | |
haben, sie bei Abstimmungen jedoch nach wie vor unterstützen, wollen ein | |
[1][Gesetz über sogenannte ausländische Agenten] ins Parlament einbringen. | |
Sollte dieser Plan mehrheitlich Zustimmung finden, könnte das den Anfang | |
vom Ende der Arbeit zahlreicher Nichtregierungsorganisationen bedeuten. | |
Moskau lässt grüßen. | |
Schon jetzt steht die noch junge Zivilgesellschaft in Georgien unter | |
wachsendem Druck, wie das brutale Vorgehen von Polizeikräften gegen | |
oppositionelle Demonstrant*innen zeigt. Auch der Umgang mit dem | |
inhaftierten früheren [2][Präsidenten Michail Saakaschwili, der im | |
Gefängnis langsam vor sich hin stirbt], ist kein Ruhmesblatt. Die Weigerung | |
der Regierung, Saakaschwili zwecks medizinischer Behandlung ausreisen zu | |
lassen, deutet eher auf billige Rache denn die Einhaltung rechtsstaatlicher | |
Grundsätze hin. | |
## EU steht vor Dilemma | |
Bei einer Verurteilung von [3][Wladimir Putins Angriffskrieg gegen die | |
Ukraine] hält sich die Regierung bedeckt. Diese vornehme Zurückhaltung | |
steht in krassem Gegensatz zu weiten Teilen der Bevölkerung, die mit der | |
Ukraine solidarisch sind. Einmal abgesehen davon, dass der Zugzug | |
zigtausender Russ*innen nach Georgien seit Kriegsbeginn Ängste vor einer | |
Landnahme der anderen Art schürt – Russland hat ohnehin schon 20 Prozent | |
des georgischen Territoriums besetzt. | |
Die EU steht jetzt vor einem Dilemma. Im vergangenen Jahr verweigerte sie | |
Tblissi den Status eines Beitrittskandidaten. Angesichts der jüngsten | |
Entwicklungen dürfte der nächste Befund kaum anders ausfallen. Doch | |
Georgien jahrelang in der Warteschleife hängen zu lassen, kann keine Option | |
sein. Denn trotz aller Schwierigkeiten und Rückschläge hat das Land | |
Unterstützung verdient – vor allem die vielen jungen Menschen, die sich für | |
eine demokratische Entwicklung einsetzen. Nicht nur bei ihnen sitzt das | |
Trauma des [4][russisch-georgischen Krieges von 2008] tief. Damals blieb | |
dieser Weckruf im Westen ungehört – eine Unterlassungssünde, für die die | |
Ukrainer*innen jetzt einen hohen Preis bezahlen. Das darf sich nicht | |
wiederholen. | |
15 Feb 2023 | |
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[1] /NGO-Razzien-in-Russland-fortgesetzt/!5070501 | |
[2] /Menschenrechte-in-Georgien/!5910952 | |
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[4] /EU-Studie-ueber-Krieg-mit-Russland/!5155245 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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