# taz.de -- Friedensgespräche in Kolumbien: Juristische Unklarheiten | |
> In Mexiko spricht die ELN-Guerilla erneut mit der Regierung Petro. | |
> Erschwert wird das durch chaotisches Regierungshandeln. | |
Bild: Steht vor schwierigen Friedensgesprächen mit der ELN: Kolumbiens Präsid… | |
BOGOTÁ taz | An diesem Montag beginnt verspätet die zweite offizielle Runde | |
der Friedensgespräche zwischen den Verhandlungsteams der kolumbianischen | |
Regierung und der ELN-Guerilla. Derweil gefährden juristische Unklarheiten | |
den Prozess. | |
Hauptthema der zweiten Gesprächsrunde, die in Mexiko-Stadt stattfindet, | |
soll ein Waffenstillstand sein. Das zweite ist die Teilhabe der | |
Zivilgesellschaft an der Konstruktion des Friedens. Der Druck auf den | |
Gesprächen ist enorm: Sowohl Präsident Gustavo Petro als auch der oberste | |
Kommandant der ELN-Guerilla drängen auf Ergebnisse – wenngleich | |
unterschiedlicher Art. Petro will, dass die Regierungstruppe einen | |
verhandelten Waffenstillstand heimbringt, damit weniger Menschen sterben. | |
Die Guerilla hatte Friedensgespräche bisher vor allem als Mittel gesehen, | |
um politische Ziele durchzusetzen. Oder mit den Worten des obersten | |
Kommandanten alias [1][Antonio García]: „Der einzige Zweck des | |
Friedensprozesses ist, aus Kolumbien ein demokratischeres, gerechteres und | |
inklusiveres Land zu machen, dass die gerechtfertigten Wünsche der Mehrheit | |
des Landes gehört und berücksichtigt werden.“ | |
Die zweite Runde hätte eigentlich schon am 23. Januar beginnen sollen. Doch | |
eine [2][Kommunikationspanne von Präsident Gustavo Petro] ließ den Zeitplan | |
platzen: Er hatte an Silvester einen Waffenstillstand mit der ELN verkündet | |
– dem diese allerdings nie zugestimmt hatte. Statt der zweiten offiziellen | |
Runde trafen sich beide Seiten im Januar zu [3][Notfallgesprächen], um die | |
Wogen zu glätten. | |
## Der Friedensbeauftragte muss die Fehler korrigieren | |
Kommandant García, der nicht bei den Gesprächen dabei ist, hatte zuletzt | |
über [4][Twitter] kritisiert, dass die Armee weiter die alte Militärdoktrin | |
verfolge. So habe sie bei einer Operation bei Buenaventura wehrlose | |
ELN-Kämpferïnnen erschossen. [5][Außerdem] würde die Petro-Regierung wie | |
die des rechten Vorgängers Iván Duque die Guerilla mit Drogenkartellen, | |
kriminellen Organisationen und paramilitärischen Gruppen in einen Topf | |
werfen – entgegen der Gespräche. | |
Petro will für sein Hauptregierungsziel verhandeln, den „[6][totalen | |
Frieden]“, mit allen verbliebenen bewaffneten Gruppen im Land. Jenseits des | |
Verhandlungstisches zeigte sich zuletzt aber, dass die Regierung bislang zu | |
chaotisch agiert, schlecht kommuniziert und rechtliche Unschärfen den | |
„totalen Frieden“ gefährden. | |
So sah sich das Büro des Friedensbeauftragten der Regierung, Danilo Rueda, | |
zuletzt mehrfach zu Klarstellungen gezwungen. Es ging dabei vor allem um | |
rechtliche Konstrukte zur Einsetzung sogenannter Friedensvermittlerïnnen, | |
die offenbar nicht einmal die Justiz versteht. | |
Auf Ernennung der Regierung sollen solche Personen – in der Regel | |
Verurteilte mit Verbindungen zur Verbrecherwelt – überprüfen, ob bewaffnete | |
Gruppen wirklich Frieden und sich in die Zivilgesellschaft | |
wiedereingliedern wollen – allerdings von der Zelle aus. | |
Für einen Aufschrei sorgte, dass ein Richter einen wegen mehrerer Morde | |
verurteilten Mann freiließ, nachdem ihn die Regierung zum | |
[7][Friedensvermittler] bestellt hatte. Dem widersprach der | |
Friedensbeauftragte Rueda: Nur der Präsident könne die Freilassung anordnen | |
– und dies habe er nicht getan. Der Mann sitzt mittlerweile wieder ein. | |
Zweitens kam ein Anwaltskartell ans Licht, das inhaftierte Drogenbosse und | |
Paramilitärs belog – und ein Vermögen für seine Dienste verlangte. Sie | |
versprachen ihnen, dass sie Friedensvermittler würden, deshalb Haftvorteile | |
genießen würden und ihre Auslieferung ins Ausland ausgesetzt würde. Sie | |
nutzten als Türöffner den Namen des Bruders des Präsidenten, [8][Juan | |
Fernando Petro], sowie des Menschenrechtsanwalts und von der Regierung fürs | |
Verbrecherkartell [9][Golf-Clan] zum Friedensvermittlers ernannten Pedro | |
Niño – auch Lügen. | |
Niño ist bekannt als Anwalt von Paramilitärs. Er leitet zudem eine | |
Organisation namens Amerikanische Menschenrechtsorganisation. In deren | |
Namen und unter Verweis auf seine Rolle als Friedensvermittler hatte er zu | |
Friedensdialogen eingeladen, die denen der Regierung in Buenaventura ähneln | |
– ohne dafür ein Mandat zu haben, wie Rueda klarstellte. | |
13 Feb 2023 | |
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[1] https://twitter.com/antonioGcdte/status/1622628677971214336?s=20&t=8VDo… | |
[2] /Buergerkrieg-in-Kolumbien/!5906975 | |
[3] /Friedensgespraeche-mit-ELN-in-Kolumbien/!5909942 | |
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[5] https://twitter.com/antonioGcdte/status/1622628684199763969?s=20&t=8VDo… | |
[6] https://elpais.com/america-colombia/2023-02-12/la-paz-total-en-su-laberinto… | |
[7] https://elpais.com/america-colombia/2023-02-08/la-liberacion-del-hijo-de-la… | |
[8] https://www.elcolombiano.com/colombia/juan-fernando-pedro-el-hermano-del-pr… | |
[9] /Drogenkriminalitaet-in-Kolumbien/!5850828 | |
## AUTOREN | |
Katharina Wojczenko | |
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