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# taz.de -- Atommülllager säuft ab: Probleme in der Asse häufen sich
> Der Atommüll in der Asse soll herausgeholt werden. Und dann in ein
> Zwischenlager kommen. Wo soll das sein und wie lange bis zum Endlager?
Bild: Das ehemalige Salzbergwerk Asse bei Wolfenbüttel
Göttingen taz | Die Zahl der Teilnehmenden – in Präsenz und online – war
überschaubar, als die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) am
Donnerstagabend unter dem schmucklosen Titel [1][„Betrifft: Asse“] darüber
informierte, was sich aus ihrer Sicht 2022 rund um das Atommülllager im
Kreis Wolfenbüttel getan hat. Und was sie als Betreiber der Anlage in
diesem Jahr plant, um die marode Schachtanlage zu stabilisieren und die
Rückholung der tief unten lagernden radioaktiven Abfälle vorzubereiten.
Allerdings kam die Infoveranstaltung durchaus zur rechten Zeit. Denn zu
berichten gibt es mehr als genug, die [2][Probleme und offenen Fragen zur
Asse hatten sich zuletzt gehäuft]. Auf diese ging die BGE, die neben ihrem
Technischen Geschäftsführer Thomas Lautsch auch den Projektverantwortlichen
Jens Köhler als Referenten aufgeboten hatte, indes nur zum Teil ein.
Das frühere Salzbergwerk Asse II war in den 1960er Jahren zum
„Versuchsendlager“ für schwach und mittelradioaktiven Atommüll auserkoren
worden. Zwischen 1967 und 1978 wurden dort, angeblich probeweise, rund
126.000 Fässer mit leicht und mittelstark verstrahlten nuklearen und
chemischen Abfällen gebracht, teilweise kippten Radlader die Behälter
einfach in die ehemaligen Abbaukammern.
In diesen lagern nun so giftige Stoffe wie Plutonium und Arsen. Weil die
Grube instabil ist, sollen die Abfälle nach Möglichkeit geborgen und an die
Oberfläche geholt werden. Die BGE, die auch mit der Suche nach einem
Endlager für den hochradioaktiven Abfall betraut ist, hatte kürzlich
mitgeteilt, dass ein Standort dafür – anders als zunächst geplant und
gesetzlich vorgeschrieben – keinesfalls bis 2031 benannt werden kann. Die
Suche werde sich im günstigsten Fall bis 2046, im ungünstigen Fall sogar
bis 2068 hinziehen.
## Rückholung soll im Jahr 2033 beginnen
Weil der Bau des Endlagers Jahrzehnte dauert, kann die Befüllung
möglicherweise erst in den 2080er-Jahren oder noch später beginnen. Weitere
Verzögerungen durch Proteste von Anwohnern und Gerichtsverfahren sind dabei
noch gar nicht berücksichtigt.
Gleichzeitig hält die BGE an dem ursprünglichen Termin für die Bergung der
Atommüllfässer aus der Asse fest. „Nach derzeitigem Planungsstand soll die
Rückholung im Jahr 2033 beginnen“, bestätigt BGE-Sprecherin Monika Hotopp.
An der Oberfläche sollen die radioaktiven Abfälle zunächst neu verpackt und
in einem Zwischenlager geparkt werden.
Unklar ist bislang, ob der Asse-Müll später mit in das zu suchende Endlager
für hoch radioaktive Abfälle kommen kann oder ob dafür eine weitere
Lagerstätte gefunden werden muss. Im Standortauswahlgesetz heißt es dazu,
dass eine Endlagerung von schwach und mittelstark radioaktivem Atommüll im
Endlager für hoch radioaktiven Müll zulässig ist, „wenn die gleiche
bestmögliche Sicherheit des Standortes wie bei der alleinigen Endlagerung
hochradioaktiver Abfälle gewährleistet ist“.
„Wir denken die schwach und mittel radioaktiven Asse-Abfälle bei der Suche
jederzeit mit“, sagt BGE-Sprecherin Hotopp. „Das heißt, wir schauen immer,
ob eine Lagerung dieser Abfälle an dem jeweiligen Ort geologisch ebenfalls
möglich wäre.“ Die Abfälle aus der Asse würden aber nicht im selben
Hohlraum eingelagert, sondern in einem separaten Bereich. „Je später ein
Standort für ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll gefunden wird,
desto später wird sich klären, ob dieses Endlager auch für den Atommüll aus
Asse II geeignet ist“, sagt Eleonore Bischoff von der Wolfenbütteler
Atom-Ausstiegsgruppe (WAAG).
## Aus dem Zwischenlager wird eine Dauerlösung
Und selbst wenn, sei davon auszugehen, dass in einem künftigen
Gemeinschafts-Endlager zuerst der hoch aktive Atommüll eingelagert wird,
bevor die Einlagerung von weniger stark radioaktivem Müll folgt. Sollte
sich indes herausstellen, dass das Endlager für den hochradioaktiven Müll
für die Asse-Abfälle nicht taugt, müsse die Endlagersuche für diesen Müll
neu gestartet werden. Da dürfte Jahrzehnte dauern.
Die Betriebsdauer eines Asse-Zwischenlagers lasse sich dann gar nicht mehr
eingrenzen, es werde „zu einem Dauerendlager und zu einer radioaktiven
Belastung nicht nur der gegenwärtigen, sondern auch mehrerer zukünftiger
Generationen“, so Bischoff. Aus Sicht des SPD-Bundestagsabgeordneten Jakob
Blankenburg ist unklar, wo und wie der Atommüll aus der Asse gelagert
werden soll, bis ein Endlager in Betrieb ist.
Aufgrund dieser „Lagerungslücke“ sei zu befürchten, dass die Atomfässer
sehr viel länger als geplant in der unterirdischen Schachtanlage bleiben
könnten. Heike Wiegel vom atomkraftkritischen Verein „AufpASSEn“ verlangt,
dass die Suche nach einem eigenen Endlager für den Atommüll, der aus der
Asse zurückgeholt werden soll, unverzüglich beginnen muss.
## Dissens über Ort des Zwischenlagers
[3][Streit gibt es auch darüber, wo das Zwischenlager gebaut wird]. Während
sich die BGE auf einen Standort in unmittelbarer Nähe des Bergwerks
festgelegt und dafür auch schon Grundstücke gekauft hat, verlangen Kommunen
und Bürgerinitiativen vergeblich, dass auch Asse-ferne Standorte geprüft
werden. Sie verweisen dabei auf die ohnehin schon bestehende
Strahlenbelastung für die Einwohner von Gemeinden in der Nähe des Bergwerks
wie etwa Remlingen.
Weil sich die BGE in dem Konflikt nicht bewegt, hat die
Asse-2-Begleitgruppe – ein regionales Gremium, das die Interessen der
Region vertritt – den Begleitprozess zur Schließung des Atomlagers kürzlich
für beendet erklärt.
Die Vorsitzende der Begleitgruppe, die Wolfenbütteler Landrätin Christiana
Steinbrügge, sagte, „der in den letzten Jahren eingetretene
Vertrauensverlust macht aus unserer Sicht diesen Schritt unausweichlich.“
Es bestehe aber die „skeptische Bereitschaft“, gemeinsam mit den anderen
Akteuren anstelle der bisherigen Begleitung einen gut durchdachten
Beteiligungsprozess auszuarbeiten.
Sorge bereiten dabei die anhaltenden Wassereinbrüche. Im vergangenen Jahr
flossen durch Risse im Salz und im unterirdischen Gebirge rund 5.000
Kubikmeter Salzwasser in das Bergwerk. Der größte Teil davon wird
aufgefangen, bevor er in Kontakt mit den eingelagerten radioaktiven
Abfällen kommt. Immerhin hat die Menge der in die Asse sickernden
Salzlösung laut BGE im vergangenen Jahr an der Hauptauffangstelle
abgenommen – von täglich rund 12,5 Kubikmeter auf rund 11,5 Kubikmeter
täglich. Die Ursache des Rückgangs ist derzeit unklar. Doch sickern darüber
hinaus noch rund 15 Liter pro Tag auch durch die Einlagerungskammern und
werden durch radioaktive Stoffe kontaminiert, hauptsächlich durch Tritium
und Cäsium-137.
Diese Flüssigkeit gilt als radioaktiver Abfall. Eine gesetzliche Regelung,
die sogenannte [4][Lex Asse], ermöglicht seit 2013 allerdings die
Verwertung der kontaminierten Wässer zur Herstellung von Salzbeton. Sofern
der Zufluss stabil bleibt, kommt die BGE damit nach eigenen Angaben klar.
Sollte deutlich mehr Lauge in das Bergwerk fließen, könnte die Rückholung
des Atommülls buchstäblich ins Wasser fallen. Die Nachbarschächte des
Bergwerks, Asse I und Asse III, waren übrigens schon früher vollgelaufen
und aufgegeben worden.
10 Feb 2023
## LINKS
[1] https://www.bge.de/de/asse/meldungen-und-pressemitteilungen/meldung/news/20…
[2] /Lagerung-des-Asse-Atommuells/!5906619
[3] /Streit-um-Atommuellzwischenlager/!5904528
[4] /Schnellere-Atommuellbergung/!5084105
## AUTOREN
Reimar Paul
## TAGS
Energiekrise
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Asse
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Atommüll
Atommüllentsorgung
Schwerpunkt Klimawandel
Asse
Wolfenbüttel
Anti-Atom-Bewegung
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Bürgerinitiativen.
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