# taz.de -- Sean Penns Film vom Kriegsbeginn: Durch dunkle Korridore | |
> „Superpower“ von Sean Penn (Berlinale Special) ist spannend als Dokument | |
> des Kriegsbeginns in der Ukraine. Als Film hat er ziemliche Schwächen. | |
Bild: Sean Penn in „Superpower“ von Sean Penn und Aaron Kaufman | |
Für jeden anderen Dokumentarfilmer wäre es eine produktive Herausforderung | |
gewesen: Als Sean Penn in Kyjiw für ein Selenski-Porträt drehte, kam der | |
russischen Überfall auf die Ukraine. Dabei war Penns Projekt schon vorher | |
im wahrsten Sinn des Wortes abgefahren: Der [1][62-jährige | |
Oscarpreisträger,] der sich mindestens seit seinem lautstarken Protest | |
gegen den Einmarsch der USA im Irak als politisch aktiver Mensch versteht, | |
sah sich – wie so viele – schon 2019 von [2][Wolodimir Selenskis | |
eindrucksvollem Karrierewechsel vom Schauspieler zum Präsidenten] | |
fasziniert und wollte zusammen mit Kumpel Aaron Kaufman etwas machen. | |
Im November 2021 begannen die Dreharbeiten in der Ukraine, Penn reiste nach | |
Kyjiw, nach Mariupol und in den Donbass. Im Februar 2022 kam er erneut nach | |
Kyjiw, für ein mehrfach verschobenes Interview mit Selenski. Dann wurde der | |
Termin bestätigt – allerdings unter radikal veränderten Umständen. | |
Statt selbst im Mittelpunkt zu stehen, sah sich Penn von historischen | |
Kräften in den Dienst genommen, und zwar ganz direkt: sein Interview-Termin | |
mit Selenski, verwirklicht unter abenteuerlichen Umständen mit nächtlichem | |
Gehetze durch dunkle Korridore, wurde zu einem der Belege dafür, dass der | |
ukrainische Präsident vor Ort geblieben war und sich nicht, wie die | |
russische Propaganda gerne hätte verbreiten wollen, evakuieren hatte | |
lassen. | |
## Schmerzhaft spannend | |
Wie gesagt, ein Dokumentarfilmer hätte aus diesem unschlagbar interessanten | |
Material viel machen können. Schon die Interviews und Bilder vom November | |
2021, die Penns Crew in der Ukraine aufnahm und die in „Superpower“ nur die | |
Einleitung bilden, ergäben einen aus heutiger Sicht geradezu schmerzhaft | |
spannenden Film für sich. Welche Umbruchsstimmung herrschte, und wie viele | |
damals an Selenski zweifelten! | |
Auch die Aufnahmen, die Penn am Tag nach dem russischen Überfall auf der | |
Autofahrt raus aus Kyjiw an die Grenze nach Lwiw zeigen, wären einen | |
eigenen Film wert, allerdings eher der satirischen Sorte. Soll man es Penn | |
übelnehmen, dass er mitten im Chaos-Zug der vielen Flüchtenden so | |
privilegiert wohl behütet davonkommt, wenn auch erst nach 26 Stunden? | |
Es ist fast zu leicht, sich über Sean Penns Eitelkeit zu mokieren. Alles | |
geschenkt. In Wahrheit reicht das Drumherum, das zufällig | |
Mit-ins-Bild-Gekommene, die Seitenblicke derer, die auch mit drauf sind, um | |
aus „Superpower“ ein super-spannendes Dokument zu machen. | |
19 Feb 2023 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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