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# taz.de -- Ukraine-Solidarität in Südamerika: Realitätscheck für Olaf Scho…
> Lateinamerika will sich im Ukrainekrieg auf keine Seite schlagen.
> Enttäuschung darüber ist fehl am Platz – Engagement aus Europa hat man
> dort lange vermisst.
Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz am 31. Januar vor der Kathedrale von Brasilia
Die Reise des deutschen Bundeskanzlers [1][Olaf Scholz nach Argentinien,
Chile und Brasilien], also in die drei politisch und wirtschaftlich
bedeutsamsten Länder Südamerikas, ist zu einem Realitätscheck geworden.
Alle drei Länder sind progressiv regiert, die Präsidenten kommen aus
Parteien, die Scholz’ Sozialdemokratie nahestehen – aber beim Versuch, sie
in die Solidarität mit der angegriffenen Ukraine einzubinden, beißt Scholz
auf Granit.
Zwar haben alle drei Länder in der UN-Vollversammlung Anfang März 2022 den
russischen Einmarsch in die Ukraine verurteilt, auch wenn Gabriel Boric in
Chile und Luis Inácio Lula da Silva in Brasilien da noch gar nicht im Amt
waren. Aber keines von ihnen ließ sich in die [2][internationalen
Sanktionen gegen Russland einbinden,] und nicht nur die drei, sondern
vermutlich kein einziges lateinamerikanisches Land würde heute
[3][Waffenlieferungen an die Ukraine] zustimmen.
Das liegt nicht daran, dass die drei Regierungen ideologisch irgendwelche
Bedenken gegen das Recht auf Verteidigung hätten, der Meinung wären, es sei
in Ordnung, Nachbarländer zu überfallen, oder Putins antiliberalem
völkisch-machistischem Ideenersatz etwas abgewinnen könnten.
Was bei diesem Besuch aufscheint, insbesondere bei der bemerkenswerten
Pressekonferenz von Scholz und Brasiliens Lula da Silva, ist etwas anderes:
Erstens: Bei allem Interesse an wirtschafts- und energiepolitischer
Kooperation mit Europa wollen sich die lateinamerikanischen Staaten in der
neu aufkommenden Blockkonfrontation auf keine Seite schlagen.
Denn was Deutschland seit einem Jahr diskutiert, zu große Abhängigkeit von
Russland und China, kennt Lateinamerika im Verhältnis zu den USA schon viel
länger. Das Auftreten Europas, aber eben auch Chinas und in sehr
eingeschränktem Maße auch Russlands nach dem Ende des Kalten Krieges hat
Handlungsspielräume und Alternativen eröffnet, die man nicht wieder
schließen will.
Zweitens aber auch: Mit Sputnik, RT und dem in Venezuela beheimateten
Telesur gibt es gleich drei größere Medienplattformen, die in ganz
Lateinamerika tagesaktuell russische Positionen verbreiten. Aufsetzend auf
ein westliches Glaubwürdigkeitsproblem angesichts der früheren
Unterstützung aller noch so brutalen lateinamerikanischen Militärdiktaturen
fällt es nicht schwer, alternative Diskurse populär zu machen, wie sie
jetzt Brasiliens Präsident in der Pressekonferenz zum Besten gab.
Eine regelbasierte Außen-, Militär- und Menschenrechtspolitik, wie sie
Europa jetzt zu Recht in der Ukraine verteidigt, hat Lateinamerika weder
von den USA noch von Europa erfahren, im Gegenteil. Eine Äquidistanz zu
beiden kriegführenden Parteien, wie sie Lula andeutet, ist da noch das
Beste, was der Westen erwarten kann.
31 Jan 2023
## LINKS
[1] /Kanzler-bereist-Suedamerika/!5909174
[2] /Oel--und-Gasembargo-gegen-Russland/!5846266
[3] /Lieferung-von-Kampfpanzern-an-Ukraine/!5908962
## AUTOREN
Bernd Pickert
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
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