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# taz.de -- Wahlkampf in Berlin: Giffey kritisiert Merz-Auftritt
> Gegen den Wahlkampftermin von CDU-Bundeschef Merz in Neukölln gibt es
> viele Proteste. Auch die Regierende Bürgermeisterin findet klare Worte.
Bild: Zwischen sie passt offenbar mehr als ein Blatt: Franziska Giffey vor CDU-…
Berlin taz | Hat es so etwas jemals gegeben? Die SPD-Regierungschefin eines
Landes wendet sich offen gegen einen Auftritt des CDU-Bundeschefs im
Wahlkampf, sprich gegen den Vorsitzenden einer Partei, mit der die
Sozialdemokraten in Koalitionen im Bund und in vielen Ländern zusammen
arbeiteten und weiter arbeiten. In Berlin geht das, seit die CDU [1][nach
den Silvesterrandale offen rassistische Töne anschlägt] und offenbar damit
in Umfragen deutlich punktet. Am 12. Februar findet die Wiederholung der
Abgeordnetenhauswahl von 2021 statt.
An diesem Freitagabend soll CDU-Chef Friedrich Merz ausgerechnet in
Neukölln auftreten, laut Programm wird er in der Gropiusstadt mit
Bürger*innen diskutieren, zahlreiche Proteste sind angekündigt. In dem
Bezirk hat es in der Silvesternacht zwar nicht die meisten Ausschreitungen
in Berlin gegeben, aber die schwersten. Seitdem ist Neukölln zumindest in
der bundespolitischen Debatte – wieder einmal – zum Synonym für
gescheiterte Integration vor allem junger Männer meist migrantischer
Herkunft geworden.
Merz hat [2][jene in einer Fernsehtalkshow als „kleine Paschas“
bezeichnet]; die CDU nach den Ausschreitungen öffentlich gefordert, auch
die Vornamen der Tatverdächtigen mit deutschem Pass zu veröffentlichen.
Und doch überrascht die Schärfe, mit der Berlins Regierende Bürgermeisterin
Franziska Giffey den Auftritt von Merz kritisiert. „Was Friedrich Merz und
die Berliner CDU seit Wochen veranstalten, ist populistisch und
durchschaubar“, erklärte die SPD-Spitzenkandidatin wenige Stunde vor der
Veranstaltung via Twitter. „Erst die schrecklichen Ereignisse an Silvester
für den eigenen Wahlkampf instrumentalisieren, dann die Menschen in Berlin
nach Vornamen in Schubladen stecken wollen und jetzt ausgerechnet in
Neukölln einen Wahlkampftermin inszenieren.“
Die Masche der CDU sei bekannt, so Giffey weiter. „Erst spalten und hetzen,
dann wieder relativieren. Mit diesem Muster macht die CDU Positionen der
Rechten salonfähig. Das ist brandgefährlich und hat nichts mit einem
modernen, weltoffenen und freiheitlichen Berlin zu tun.“ Zwar müssten
Straftaten konsequent verfolgt und die Probleme der Brennpunkte weiter
angegangen werden. „Aber sich sonst nie blicken lassen, null Probleme lösen
und dann im Wahlkampf große Töne spucken, das ist kein Politikansatz für
Berlin.“
## Startpunkt Neukölln
Giffey war zu Beginn ihrer Karriere in Neukölln Politikerin, von 2015 bis
2018 sogar Bezirksbürgermeisterin. Sie hat nie einen Hehl daraus gemacht,
dass der Bezirk ihr, der gebürtigen Ostdeutschen, viel bedeutet. In einem
[3][Interview mit der Zeit] sprach sie davon, dass „Neukölln mein Kompass“
sei; im taz Wahltalk Mitte Januar verteidigte sie den Bezirk vehement gegen
Pauschalisierungen.
Aber es dürfte noch einen anderen Grund geben, warum Giffey die Union
frontal angeht: Laut jüngsten Umfragen ist sie stärkste Partei mit knapp
über 20 Prozent und liegt damit vor SPD und Grünen, die zwei bis vier
Prozentpunkte dahinter rangieren. Der Abstand ist zwar gering; die Tendenz,
dass die CDU die Wahl gewinnen könnte, verfestigt sich allerdings.
Sollte das passieren, droht nach der Wahl in zwei Wochen eine kuriose
Situation. Denn [4][die CDU hat keine Machtoption], weil ihr ein großer
Koalitionspartner fehlt. Die Grünen hatten sich bereits distanziert, Giffey
zieht nun nach. Der „einsame Kai“, wie Spitzenkandidat Kai Wegner immer
wieder genannt wird, steht damit vor einem Dilemma. Selbst von der SPD mehr
oder weniger offen als Rassist gebrandmarkt, kann er eigentlich nicht
anders, als wieder in die Opposition zu gehen.
27 Jan 2023
## LINKS
[1] /Debatte-ueber-Silvester-Gewalt/!5906228
[2] /Die-CDU-unter-Friedrich-Merz/!5907378
[3] http://www.zeit.de/politik/deutschland/2023-01/franziska-giffey-silvesterna…
[4] /Wahlwiederholung-am-12-Februar/!5906628
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Franziska Giffey
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Wahlkampf
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Silvesterknallerei
Schwerpunkt Rassismus
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