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# taz.de -- Doku über Val Kilmer bei Arte: Über Batman lästern
> Die Doku „Val Kilmer“ ist ein tiefes, persönliches und narzisstisches
> Denkmal für den Schauspieler. Trotzdem sei es ihm gegönnt.
Bild: Kilmer als Jim Morrison 1991
Seine Abschiedsvorstellung hat Val Kilmer eigentlich schon gegeben. Wer im
vergangenen Jahr den inzwischen mehrfach Oscar-nominierten Blockbuster
[1][„Top Gun: Maverick“] gesehen hat, bekam eine Idee davon, dass es um die
Gesundheit des US-Schauspielers nicht gerade bestens bestellt ist. Den
Kehlkopfkrebs hat er zwar überwunden, doch die Krankheit hat ihn geschwächt
und Spuren hinterlassen; sprechen etwa kann Kilmer nach einem
Luftröhrenschnitt nur noch unter größten Schwierigkeiten. Seine Rückkehr
als Mavericks Rivale Iceman, einer seiner legendärsten Rollen, für eine
einzige Szene war ein wahrhaftig rührender Moment in dem
Tom-Cruise-Vehikel. Auch weil man sich des Eindrucks nicht erwehren konnte,
ihn womöglich zum letzten Mal auf der Leinwand zu erleben.
Jetzt gibt es noch einmal ein Wiedersehen mit Kilmer bei Arte, in einem
sehr besonderen Film, der wirkt wie der Schlusspunkt vielleicht nicht unter
ein Leben, aber zumindest unter eine Karriere. [2][„Val Kilmer – Ein Leben
zwischen Top Gun und The Doors“] ist ein Dokumentarfilm, der zwar auf dem
Papier von Leo Scott und Ting Poo inszeniert, aber letztlich von dem
Schauspieler selbst verantwortet wurde. Denn fast alles, was wir hier neben
alten Filmausschnitten und Talkshow-Auftritten zu sehen bekommen, hat
Kilmer selbst mit seiner Videokamera aufgenommen.
Mehr als 800 Stunden privater Aufnahmen umfasst das Archiv des heute
63-jährigen Kaliforniers, der schon in den siebziger Jahren mit seinen
beiden Brüdern im religiösen Elternhaus in Los Angeles aufwändige kleine
Filme drehte. Die Einblicke, die Kilmer nun mit diesem Material sowie dem
ausführlichen, von seinem Sohn Jack gesprochenen Kommentar in sein Leben
gibt, sind ungemein persönlich. Der frühe Tod seines jüngeren Bruders
Wesley nach einem epileptischen Anfall im Swimmingpool, die Trennung der
Eltern, später die Heirat mit der britischen Kollegin Joanne Whalley,
Windelwechseln bei Töchterchen Mercedes oder telefonische
Sorgerechtsstreitigkeiten nach der Trennung – dem Publikum wird wenig
vorenthalten.
Auch der berufliche Rückblick fällt freimütig aus, da auch backstage am
Theater oder in Drehpausen am Set der Camcorder selten ausgeschaltet blieb.
Wir sehen beim ersten Broadway-Engagement, wie die blutjungen Kollegen Sean
Penn und Kevin Bacon ihre nackten Hintern in die Kamera halten. Beim Dreh
zu „Top Gun“ wird ausgelassen gefeiert und herumgealbert, während Kilmer in
den neunziger Jahren dann seinem Frust freien Lauf lässt. Sei es darüber,
dass im Superhelden-Kostüm bei „Batman Forever“ bestenfalls Schauspielerei
wie in einer Seifenoper möglich wäre oder John Frankenheimer bei „DNA – D…
Insel des Dr. Moreau“ die Berufsbezeichnung Regisseur nicht verdient habe.
## Keine kritische Auseinandersetzung
Man kann erahnen, warum sich Kilmer irgendwann den Ruf einhandelte,
schwierig und divenhaft zu sein, und der Dokumentarfilm blendet dies auch
nicht aus. Doch um die zweite Hälfte seiner Laufbahn, als für Kilmer ab
2000 die Hauptrollen und Prestige-Produktionen zusehends weniger wurden,
macht „Val Kilmer – Ein Leben zwischen Top Gun und The Doors“ eher einen
Bogen und widmet sich lieber seinem nie zur hundertprozentigen Vollendung
gekommenen Theater-Traumprojekt über Mark Twain.
Statt einer tiefschürfend-kritischen Auseinandersetzung mit einem Künstler,
in der auch andere zu Wort kommen, ist der Film eben ein ganz subjektives,
anekdotenhaftes Lebensresümee, das nebenbei auf eindrückliche Weise
vermittelt, welchen Spagat zwischen künstlerischem Anspruch und der
Kommerz-Maschinerie der Schauspieler-Alltag in Hollywood bedeuten kann.
Sich selbst auf diese Weise ein Denkmal zu setzen, mag narzisstisch
anmuten. Doch wenn man mitansieht, wie Kilmer ansonsten seinen
Lebensunterhalt damit bestreitet, bei der Comic-Con bis zur Erschöpfung
Autogramme zu schreiben, muss man ihm diesen passend egozentrische
Schlusspunkt unter die eigene Karriere einfach gönnen.
7 Feb 2023
## LINKS
[1] /Filmfestspiele-Cannes-2022-Top-Gun/!5854859
[2] https://www.arte.tv/de/videos/109345-000-A/val-kilmer-ein-leben-zwischen-to…
## AUTOREN
Patrick Heidmann
## TAGS
Arte
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