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# taz.de -- Arte-Serie „Machine – die Kämpferin“: Karl Marx und Kung-Fu
> In der Arte-Serie „Machine – die Kämpferin“ führt eine Ex-Soldatin ei…
> Fabrik in die Selbstverwaltung. Es ist ein linkes Pop-Märchen.
Bild: Der Belegschaftsvertreter JP (JoeyStarr) nimmt sich der wortkargen neuen …
Wenn die junge Aushilfsarbeiterin mit dem programmatischen Namen Machine
(Margot Bancilhon) erst einmal zuschlägt, gibt es kaum mehr Gegenwehr. Dann
ist es ganz egal, ob sie aufdringliche Macker, Neonazis, Steuerprüfer,
Polizisten oder [1][Gewerkschafter] verprügelt, die sich der
Selbstverwaltung ihres Küchenmaschinen produzierenden Betriebs
entgegenstellen. Die französische Arte-Serie „Machine – die Kämpferin“ …
eine eigenwillige Genre-Mischung aus Krimi, [2][Martial Arts], Sozialdrama,
Action-Spektakel und Politthriller. Im Zentrum der Geschichte steht die
titelgebende Machine.
Früher war sie Elite-Soldatin, kam traumatisiert von einem Auslandseinsatz
in ihre Heimatstadt in der französischen Provinz zurück. Sie nimmt einen
Job in einer Firma an, die gerade von einem koreanischen Investor gekauft
wird, der die Produktion auslagern will. Es kommt zum Streik, die Präfektur
will den Deal unbedingt über die Bühne bringen und setzt Robert (Sébastien
Lalanne), einen Mann fürs Grobe, ein, der ein paar Nazis anheuert, um die
Streikenden mit Gewalt zur Aufgabe zu bringen.
Nur hat er nicht mit Machines Kampfkünsten gerechnet, die das halbe Dutzend
Nazi-Schläger verdrischt, während ihre Gewerkschaftskolleginnen davon gar
nichts mitbekommen und derweil eifrig diskutieren, wie viele Würste und
Bier sie für die nächsten Tage der Werkbesetzung bestellen sollen.
Machine freundet sich mit dem von allen belächelten Arbeitskollegen JP an,
der von der mittlerweile auch schon 56-jährigen französischen Hip
Hop-Legende JoeyStarr gespielt wird und der gern mit Marx-Zitaten um sich
schmeißt.
## Klassenkampf, im wahrsten Sinne des Wortes
Jeder der sechs Episoden ist der legendäre Ausspruch von Emmanuel Macron
vorangestellt, der vom Beginn seiner Präsidentschaft 2017 aus einem
Interview mit der Zeitschrift „Elle“ stammt: „[3][Mein Rat an die Jugend:
lest Karl Marx!]“.
Machine, die außerdem vom Geheimdienst und einem rachsüchtigen
Elitesoldaten gesucht wird, beginnt das Kapital von Marx als Comic zu
lesen, während JP zur Selbstorganisation des Betriebs aufruft und sich
gegen die Gewerkschafter durchsetzt, die auf Abfindungen spekulieren.
Das wirkt zwar immer wieder aufgesetzt, vor allem, wenn Machine den
Klassenkampf mit Kung Fu ausfechtet, ist aber ungemein flott erzählt und
macht deutlich, wie kämpferisch Sozial- und Arbeitsverhältnisse im
Nachbarland Frankreich verhandelt werden. Das Konterfei JPs, der dem
Unternehmer den Stinkefinger zeigt, wird schließlich zum Logo der
erfolgreichen Selbstverwaltung, die aber immer mehr unter Druck gerät.
## Potpourri popkultureller Querverweise
„Machine – die Kämpferin“ teilt in alle Richtungen aus, führt biedere
Gewerkschafter ebenso vor wie rechte Geheimdienstmitarbeiter und Militärs,
wie man sie aus den Politkrimis von Jerome Leroy kennt, sorgt aber dafür,
dass sich die mitunter sympathischen Provinzgendarmen mit der
Arbeiterschaft solidarisieren. Das kommt über weite Strecken als
handwerklich gut gemachter Actionthriller mit satirischen Schlenkern daher,
ist mit reichlich HipHop-Musik und Punk unterlegt, wird stellenweise sehr
brutal und bietet ein ganzes Potpourri popkultureller Querverweise.
Machines blinder, kryptische Weisheiten von sich gebender Kung-Fu-Meister
aus der Provinz, der mit Stock im Martial Arts-Studio herumläuft, ist eine
liebevolle Hommage an die Kult-Serie „Kung Fu“ aus den 1970er Jahren. Im
gelben Aushilfsarbeiteranzug mit schwarzen Seitenstreifen erinnert Machine
an „Kill Bill“. Das wirkt, als hätten Ken Loach und Quentin Tarantino eine
französische Klassenkampfsaga gedreht.
Dazu kommt noch die romantische Liebelei des koreanischen Unternehmersohnes
Wook Kwandai (Guang Huo) mit der Hotelangestellten Stephanie (Solène Rigot)
im K-Pop-Style, und immer wieder drängt sich der Videoblogger Final Fuck
(Michaël Abiteboul) ins Bild, der den Kampf um die Selbstverwaltung medial
sichtbar macht. Ende März wurde dieses temporeiche linke Pop-Märchen über
trinkfeste Provinzarbeiterinnen, Freundschaft, Solidarität und politischen
Kampf beim wichtigsten europäischen Serienfestival in Lille als bester
französischer Beitrag ausgezeichnet.
12 Apr 2024
## LINKS
[1] /Gewerkschafter-ueber-Arbeitskampf-an-Unis/!5997331
[2] /Martial-Arts-Spektakel-von-Wilson-Yips/!5691406
[3] /Vom-Reformer-zum-Revolutionaer/!5940176
## AUTOREN
Florian Schmid
## TAGS
Karl Marx
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