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# taz.de -- Steinzeit-Megatrend: Wie die Töpferei nach Europa kam
> Wissenschaftler*innen haben Tongefäße aus der Steinzeit untersucht
> und neue Erkenntnisse über unsere menschlichen Vorfahren gewonnen.
Bild: Topf aus der Steinzeit, Fundort in Tschechien
Menschen haben schon immer Dinge erfunden, und diese Erfindungen haben sich
schon immer verbreitet. Wie und warum das passiert, besonders unter
Jäger*innen und Sammler*innen, ist aber nicht gut erforscht. Das liegt
zum Beispiel daran, dass nicht sesshafte Menschen damals viel unterwegs
waren und weniger Überbleibsel hinterlassen haben als zum Beispiel
Ackerbaugesellschaften.
[1][Archäolog*innen unter der Leitung] von drei britischen und irischen
Wissenschaftler*innen haben anhand 1.226 getöpferter Gefäße
untersucht, wie die Töpferei aus Zentralasien und Westsibirien nach
Osteuropa gekommen ist. Ihre Ergebnisse [2][veröffentlichten sie in der
Fachzeitschrift Nature Human Behaviour].
## Die Studie
Die untersuchten Gefäße wurden an 156 Orten in Osteuropa und Russland
ausgegraben. Ihr Alter haben die Forscher*innen mithilfe der sogenannten
Radiokohlenstoffdatierung ermittelt. Dabei wird gemessen, wie stark der
[3][Anteil von radioaktiven 14C-Atomen] bei den organischen Rückständen im
Gefäß bereits abgenommen hat. Das Kohlenstoffisotop 14C steckt in jedem
lebenden Organismus und wird immer weniger, je länger der Organismus schon
tot ist. Darüber hinaus haben die Wissenschaftler*innen auch die Form,
Dekoration und die organischen Spuren untersucht, um Aussagen über das Wie
und Warum treffen zu können.
Den Berechnungen zufolge hat sich die Töpferei seit 5900 vor Christus
innerhalb von 300 bis 400 Jahren um etwa 3.000 Kilometer nach Westen
ausgebreitet. Das Wissen ums Töpfern ist also innerhalb einer Generation
bis zu 250 Kilometer weit gereist – so schnell, dass eine bloße Wanderung
der Gemeinschaften, die schon töpfern konnten, ausgeschlossen ist.
Stattdessen wurde die Töpferei wahrscheinlich über etablierte Netzwerke wie
die Verwandtschaft weitergegeben.
Die Forscher*innen haben auch untersucht, was in den getöpferten Gefäßen
aufbewahrt wurde. Besonders interessant finden sie die Spuren von Fisch und
Wildfleisch. Diese zeigen, dass sich die Vorlieben von Ort zu Ort stark
unterschieden, was die Forscher*innen mit der lokalen Küche und den
Bräuchen erklären. Sie weisen darauf hin, dass ihr Analyseverfahren besser
darin ist, Fleisch zu erkennen, als die Überreste von Pflanzen.
## Was bringt’s?
Nicht nur die bloße Fähigkeit zu töpfern hat sich über Tausende Kilometer
verbreitet, sondern auch ähnliche Formen und Dekorationen. Das ist ein
Beispiel dafür, dass sich soziale Traditionen, gemeinschaftliche
Aktivitäten wie das Essen und Technologien gemeinsam entwickeln und
gegenseitig beeinflussen.
Die Studie rekonstruiert, wie nicht sesshafte menschliche Gemeinschaften
lebten. Dadurch lernen wir von alternativen Lebensweisen, die Inspiration
für politische Visionen bieten können. Aber es zeigt auch, was wir mit den
Menschen von damals gemein haben. Zum Beispiel, dass wir trotz immer neuer
Technologien unser Essen sehr gern so zubereiten, wie es unsere Eltern und
Großeltern getan haben.
19 Jan 2023
## LINKS
[1] /Deutsch-ukrainisches-Grabungsprojekt/!5895112
[2] https://www.nature.com/articles/s41562-022-01491-8
[3] /Altersbestimmungen-mit-Kohlenstoff/!5218441
## AUTOREN
Jonas Waack
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