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# taz.de -- Preisregeln für Kindermedikamente: Lauterbach plant Änderungen
> Manche Arzneimittel wie Fiebersäfte sind derzeit in der Apotheke nicht zu
> haben. Die Regierung will Lieferengpässe mit neuen finanziellen Anreizen
> bekämpfen.
Bild: Jetzt bloß nicht krank werden: Viele Medikamente sind im Moment nur schw…
Berlin dpa | Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant als
[1][Reaktion auf Lieferengpässe bei Medikamenten] deutliche Änderungen bei
den Preisregeln für Kinderarzneimittel. Damit solle kurzfristig
gegengesteuert werden, um einen sehr viel größeren Markt als heute zu
erschließen, hieß es aus Ministeriumskreisen am Montagabend. So solle für
bestimmte Präparate künftig das bis zu 1,5-Fache des „Festbetrags“ von den
gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden – also des maximalen Betrags,
den sie für ein Arzneimittel bezahlen.
Zuerst berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf ein
Eckpunktepapier des Ministeriums, eine solche bessere Vergütung solle nicht
nur kurzfristig gelten, sondern Kindermedikamente auch dauerhaft
wirtschaftlich attraktiver machen. Das solle dafür sorgen, dass keine
Engpässe entstehen. Für bestimmte Krebsmedikamente und Antibiotika für
Erwachsene seien ähnliche Maßnahmen geplant.
Lauterbach hatte Eckpunkte für einen Gesetzentwurf angekündigt, um Probleme
bei Arzneimittellieferungen zu bekämpfen. Engpässe gab es zuletzt bei
Kindermedikamenten wie Fieber- und Hustensäften. Auch Mittel für Erwachsene
sind betroffen, etwa Krebsmedikamente und Antibiotika. Laut Bundesinstitut
für Arzneimittel und Medizinprodukte gibt es derzeit gut 330 Meldungen zu
Lieferengpässen von Präparaten. Das Ministerium weist darauf hin, dass
nicht alle Lieferengpässe auch Versorgungsengpässe bedeuten. Es können also
Alternativen beschafft oder hergestellt werden, was aber mehr Aufwand für
Apotheken bringt.
## Ärzte befürchten Verschlimmerung an den Feiertagen
Um früh zu erkennen, bei welchen Mitteln sich Engpässe abzeichnen könnten,
solle außerdem die Versorgungslage intensiver überwacht werden, berichtete
die Süddeutsche Zeitung weiter. Generell solle bei der
Medikamentenbeschaffung nicht mehr nur der billigste Anbieter zum Zug
kommen. Laut dem Eckpunktepapier solle es bei wichtigen Mitteln zwei
Verträge geben: Neben dem günstigsten Anbieter aus dem nichteuropäischen
Ausland solle immer auch der günstigste Hersteller aus der EU
berücksichtigt werden. Der Auftrag werde dann geteilt.
Minister Lauterbach hatte die grundsätzliche Stoßrichtung bereits deutlich
gemacht. „Wir sind auch in diesem Bereich mit der Ökonomisierung zu weit
gegangen“, sagte er in der vergangenen Woche. Der Preis habe die alleinige
Rolle gespielt, die Verfügbarkeit von Arzneimitteln eine zu geringe Rolle.
„Das wollen wir aufheben.“
Derzeit sorgen neben Corona auch die Grippe sowie bei Kindern RS-Viren in
ganz Deutschland für viele Erkrankungen. Ärztevertreter befürchten eine
Verschärfung [2][der Engpässe in der Kindermedizin] über Weihnachten und
Silvester. „Im Moment beobachten wir, dass Infektionen mit dem RS-Virus
zurückgehen, dafür kommen jetzt immer mehr Kinder mit Grippe und anderen
Atemwegserkrankungen“, sagte der Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendmedizin, Jörg Dötsch, den Zeitungen der Funke
Mediengruppe. „Durch die Personallage an den Feiertagen wird die Lage in
Kliniken und Praxen gleichzeitig noch einmal angespannter sein als jetzt.“
Auch der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte:
„Ich gehe davon aus, dass diese akute Krise in der Kindermedizin noch bis
Februar andauert.“ Die Zahl der Infektionsfälle werde nicht nur bei
Kindern, sondern auch bei Erwachsenen voraussichtlich in den kommenden
Wochen noch weiter steigen. „Gleichzeitig geraten die Kinderkliniken über
die Feiertage durch ausgedünnte Dienstpläne zusätzlich unter Druck – zumal
dann, wenn viele niedergelassene Kinderärzte ihre Praxen in dieser Zeit
schließen oder die Sprechstunden reduzieren.“
## Kinderkliniken wollen sich vernetzen
Angesichts der heftigen Infektwelle und der enormen Belastung von
Kinderkliniken soll die digitale Vernetzung der Krankenhäuser ausgebaut
werden. „Ganz konkret bauen wir zurzeit mit Unterstützung der Region ein
digitales Netzwerk der niedersächsischen Kinderkliniken aus“, sagte die
ärztliche Leiterin der Kinderklinik der Medizinischen Hochschule Hannover,
Gesine Hansen, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. „Dies ermöglicht es
jeder Kinderklinik, mit einem Klick eine schnelle Übersicht über die
Klinikbetten in Niedersachsen zu bekommen, die aktuell zur Verfügung
stehen.“
Die Welle der Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV),
das für Babys gefährlich sein kann, sei in diesem Jahr drei- bis viermal so
hoch wie in den Vorjahren, sagte Hansen. „Und nun folgt – viel früher als
sonst – eine schwere Influenzawelle. Eine solche Situation bringt die
medizinische Versorgung für kranke Kinder, die schon seit Langem extrem
angespannt ist, an die Grenzen des Machbaren.“ Eine so starke Infektwelle
bedeute, „dass wir bei beschränkten Ressourcen viele geplante und auch sehr
wichtige Untersuchungen und Operationen verschieben müssen“. Sie
kritisierte, die Kindermedizin leide seit 20 Jahren an Unterfinanzierung.
Hansen betonte: „Ganz praktisch würde es auch sehr helfen, die Arbeit des
Pflegepersonals und des ärztlichen Personals zu entbürokratisieren.
Mindestens 30 Prozent der Arbeitszeit verbringen Pflegekräfte und Ärzte mit
Dokumentations- und Organisationsaufgaben.“
20 Dec 2022
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