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# taz.de -- Jahrestag des Breitscheidplatz-Anschlags: „Ermittlungen müssen w…
> 2016 starben 13 Menschen durch einen Anschlag auf dem Berliner
> Breitscheidplatz. Die Betroffenen suchen weiter nach Antworten.
Bild: Erinnerung an die Anschlagsopfer: Menschen laufen über das Denkmal auf d…
Berlin taz | Sechs Jahre ist der [1][islamistische Anschlag vom Berliner
Breitscheidplatz] her, für die Hinterbliebenen ist dieser dennoch weiter
nicht aufgeklärt. „Wir wissen bis heute nicht, wer alles Mittäter bei dem
Attentat war“, sagt [2][Astrid Passin] der taz, deren Vater Klaus Jacob bei
dem Anschlag getötet wurde. „Deshalb ist es für uns sehr wichtig, dass die
Ermittlungen hier fortgesetzt werden. Wir wollen weiter wissen, wie es zu
dieser Tat kommen konnte.“
Am 19. Dezember 2016 war der Islamist Anis Amri mit einem Lkw in den
Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gefahren. Den
eigentlichen Fahrer hatte der 24-Jährige zuvor getötet, auf dem Markt
verletzte er zwölf Menschen tödlich, dutzende weitere wurden teils schwer
verletzt. Amri floh nach Italien, wo er vier Tage später nach einem
Schusswechsel mit Polizisten getötet wurde.
Die Bundesanwaltschaft hat bis heute Ermittlungsverfahren zu dem Fall
offen. Parlamentsanfragen zu konkreten Mittätern wurden dort zuletzt indes
nicht beantwortet. Begründung: Man wolle die Arbeit der Geheimdienste nicht
gefährden. Dass es Mittäter gab, ist inzwischen unstrittig – wie etwa der
[3][Untersuchungsausschuss des Bundestag] festhielt.
So stand Amri beim Anschlag via Telegram in Kontakt mit einem libyschen
IS-Mentor mit dem Alias „Moumou1“. Auch bewegte er sich zuvor im Netzwerk
des Hildesheimer Predigers Abu Walaa, der als IS-Statthalter in Deutschland
galt. In Berlin war er Vorbeter in der inzwischen verbotenen
Fussilet-Moschee, bei der fünf Männer zuletzt wegen Terrorunterstützung zu
Bewährungsstrafen verurteilt wurden. Zudem fanden sich DNA-Spuren im
Tat-Lkw, die bis heute nicht zuzuordnen sind. Auch ist unklar, wie Amri an
seine Tatwaffe kam, mit der er den Lkw-Fahrer erschoss.
## Faeser warnt vor anhaltender islamistischer Gefahr
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte anlässlich des
Jahrestags, „dass wir den Kampf gegen den islamistischen Extremismus und
Terrorismus weiterhin mit aller Konsequenz führen müssen“. Die Bedrohung
halte unverändert an. So zählt der Verfassungsschutz weiterhin 28.920
Islamisten in Deutschland, ein nur leichter Rückgang zum Vorjahr. Und das
BKA führt derzeit 520 Personen als islamistische Gefährder, denen schwere
Straftaten zugetraut werden. Zum Vergleich: Auf rechtsextremer Seite sind
es 74, auf linksextremer 11. Man müsse weiterhin jederzeit mit einem
islamistischen Anschlag auch in Deutschland rechnen, erklärte Präsident
Thomas Haldenwang zuletzt.
So steht derzeit ein 28-jähriger Syrer in München vor Gericht, der im
November 2021 [4][in einem ICE nach Nürnberg drei Menschen mit einem Messer
teils schwer verletzte]. Die Bundesanwaltschaft und Opfer, die als
Nebenkläger am Prozess teilnehmen, forderten in ihren Plädoyers zuletzt
eine lebenslange Haftstrafe: Der Täter habe aus islamistischem Motiv
gehandelt, eine anfangs angegebene psychische Erkrankung sei nur
vorgetäuscht gewesen. Gehandelt habe er als Einzeltäter.
Faeser erklärte, der Jahrestag des Breitscheidplatz-Anschlags sei „auch ein
Tag der Scham, dass die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern die Tat
nicht verhindern konnten, aber auch der Scham, dass die Bedürfnisse der
Opfer und ihrer Familien viel zu lange zu wenig beachtet wurden“.
Staatliche Stellen müssten sich Terrorbetroffenen mit „mehr Empathie und
mehr Unterstützung zuwenden“. Sie dürften „kein Gewirr von
Behördenvorgängen erleben“ und müssten „die bestmögliche gesundheitliche
und psychologische Versorgung erhalten“.
Auch [5][Pascal Kober] (FDP), der Opferbeauftragte der Bundesregierung,
versicherte, er werde „nach Kräften alles dafür tun, damit Betroffene von
terroristischen und extremistischen Anschlägen die bestmögliche
Unterstützung erhalten“.
## Opfer beklagen zähe Behördenverfahren
Tatsächlich sieht aber auch die Hinterbliebene Astrid Passin hier noch
Handlungsbedarf. So bräuchte es einfachere Überprüfungen, ob Betroffene
Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz haben. Bis heute würde vor
Sozialgerichten Verfahren von Betroffenen laufen, deren Bearbeitung „nicht
zufriedenstellend“ sei, so Passin zur taz.
An die Opfer des Terroranschlags sollte am Montagabend auf dem
Breitscheidplatz mit einer Andacht und Kranzniederlegung erinnert werden.
Teilnehmen wollte daran auch Berlins Bürgermeisterin Franziska Giffey
(SPD). Der Anschlag hinterlasse bis heute „tiefe seelische Narben“,
erklärte auch sie. „Berlin wird diese Tat und diesen Tag nie vergessen.“
19 Dec 2022
## LINKS
[1] /Fuenf-Jahre-Anschlag-am-Breitscheidplatz/!5818096
[2] /Angehoerige-von-Breitscheidplatz-Opfer/!5735667
[3] /Untersuchungsausschuss-zu-Anis-Amri/!5774742
[4] /Messerangriff-in-ICE-bei-Regensburg/!5869898
[5] /Interview-mit-Opferbeauftragten-Kober/!5840732
## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Islamistischer Terror
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Nancy Faeser
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Polizei Berlin
Schwerpunkt Rechter Terror
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