# taz.de -- Anti-Terror-Einsatz in NRW: Keine Giftstoffe gefunden | |
> Die erneute Durchsuchung bei zwei Terrorverdächtigen in Castrop-Rauxel | |
> bleibt ohne Fund. Die Ermittler sehen dennoch eine „Verabredung zum | |
> Mord“. | |
Bild: Spezialkräfte der Polizei am Montag in Castrop-Rauxel | |
BERLIN taz | Erneute Ermittlungen gegen [1][zwei Terrorverdächtige in | |
Castrop-Rauxel] haben wieder keinen Hinweis erbracht, dass sich die beiden | |
Männer tatsächlich die potenziell tödlichen Giftstoffe Rizin und Cyanid | |
verschafft haben könnten. Wie schon bei einer ersten Durchsuchung [2][in | |
der Nacht von Samstag auf Sonntag] sei auch am Montag „nichts Gefährliches | |
gefunden“ worden, sagte der Sprecher der zuständigen | |
Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, Holger Heming, der taz. | |
Unterstützt von Spezialisten des Landeskriminalamts und der Feuerwehr | |
hatten Polizist:innen am Montagvormittag zwei Garagen durchsucht, auf | |
die einer der Verdächtigen, ein 32-Jähriger mit iranischer | |
Staatsbürgerschaft, Zugriff hatte. Da er nicht offiziell Mieter der Garagen | |
war, waren diese bei der Durchsuchung seiner Wohnung am Sonntag offenbar | |
übersehen worden: Erfahren hätten die Ermittler von den Garagen erst durch | |
einen „Zeugenhinweis“, so Heming. | |
Weil Rizin zu Kreislaufversagen und Cyanide wie das bekannte Zyankali zu | |
Atemlähmungen führen kann, sei der Einsatzort wie schon am Tag zuvor | |
„weiträumig abgesperrt“ worden, erklärte die Sprecherin der beteiligten | |
Polizei Münster, Antonia Linnenbrink. Außerdem habe eine | |
„Task-Force-Analyse-Einheit“ der Feuerwehr eine „Dekontaminationsstrecke�… | |
errichtet. | |
Gegen den 32-Jährigen und seinen 25 Jahre alten Bruder hatte das | |
Amtsgericht Dortmund bereits am Sonntagabend Haftbefehl erlassen. Ihnen | |
wird auch ohne konkreten Giftfund vorgeworfen, mithilfe von Cyanid und | |
Rizin „einen islamistisch motivierten Anschlag“ geplant zu haben, um „mit | |
diesem eine unbestimmte Anzahl von Personen zu töten“, heißt es in einer | |
Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf. „Es besteht dringender | |
Tatverdacht einer Verabredung zum Mord“, betonte Oberstaatsanwalt Heming | |
gegenüber der taz. | |
## Der Hinweis kam wohl vom FBI | |
Grundlage für den Haftbefehl seien zum einen Hinweise, die „eine | |
US-amerikanische Sicherheitsbehörde“ – wohl das FBI – durch Auswertung | |
einer Chatgruppe gewonnen habe, sagte Heming. Die beiden Verdächtigen | |
sollen sich auf Telegram offenbar zunächst nach Plänen für einen Bombenbau | |
und später dann nach Giftstoffen erkundigt haben. Verwendet worden seien | |
aber auch „eigene Ermittlungsergebnisse“ – bei der ersten Durchsuchung | |
waren in der Wohnung des 32-Jährigen am frühen Sonntagmorgen auch | |
Computerdateien sichergestellt worden. | |
CDU-Politiker wie Nordrhein-Westfalens Landesinnenminister [3][Herbert | |
Reul] und der innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, | |
Alexander Throm, nutzten den ursprünglichen US-Geheimdiensthinweis, der in | |
Castrop-Rauxel die Ermittlungen auslöste, prompt für Forderungen nach mehr | |
Überwachung in Internet. „Das Wichtige ist, dass man frühzeitig weiß, wer | |
da was plant“, sagte Reul im ZDF. Dennoch sei Deutschland auf Hinweise | |
ausländischer Dienste angewiesen, kritisierte Throm gegenüber der | |
Funke-Mediengruppe. Dies bedeute ein beträchtliches Sicherheitsrisiko, | |
welches „mit der restriktiven Haltung der Ampel gegenüber unseren eigenen | |
Diensten noch größer wird“. | |
In Nordrhein-Westfalen wird jetzt weiter untersucht, ob die beiden Iraner | |
Teil eines größeren Terrornetzwerkes sind. Die Nachrichtenagentur dpa hatte | |
zuvor unter Berufung auf „Sicherheitskreise“ berichtet, zumindest der | |
32-Jährige stehe im Verdacht, Anhänger einer sunnitischen islamistischen | |
Terrorgruppe zu sein. | |
Dabei soll es sich nach taz-Informationen um den „Islamischen Staat“ (IS) | |
handeln. Allerdings müsse der Begriff „Anhänger“ nicht bedeuten, dass eine | |
Person fest in die Strukturen eines Terrornetzwerkes eingebunden und damit | |
„Mitglied“ sei, betonte Oberstaatsanwalt Heming. Aktuell seien aber keine | |
weiteren Verdächtigen bekannt. Auch weitere Durchsuchungen seien derzeit | |
nicht geplant. | |
## Mitbeschuldigter ist vorbestraft | |
Dennoch droht zumindest dem 25-Jährigen Verdächtigen bereits zum zweiten | |
Mal eine Mordanklage: Weil er im Juli 2018 betrunken einen rund 10 Kilo | |
schweren Ast von einer mehr als 17 Meter hohen Brücke auf die A45 geworfen | |
hatte und dabei eine Autofahrerin verletzt hatte, wurde er wegen versuchten | |
Mordes und gefährlicher Körperverletzung schon im Januar 2018 zu sieben | |
Jahren Haft verurteilt. | |
Wegen seiner Alkoholsucht sei er derzeit in einer Entzugsklinik in Hagen | |
untergebracht, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dortmund, Henner | |
Kruse, der taz. Am vergangenen Wochenende habe er sich aber in der Wohnung | |
seines 32-Jährigen Bruders in Castrop-Rauxel aufhalten können, weil ihm ein | |
Verwandtenbesuch genehmigt worden sei. | |
9 Jan 2023 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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haben. Es wäre der erste dieser Art gewesen. |