# taz.de -- Hausprojekt in Neukölln: Gemeinwohl wieder möglich | |
> Seit dem gescheiterten Vorkauf leben die Mieter der Hermannstraße 48 in | |
> Unsicherheit. Nun aber verhandelt eine Wohnungsbaugesellschaft über den | |
> Kauf. | |
Bild: H48 bleibt! | |
Berlin taz | Es war eine der größten Rettungsaktionen durch das kommunale | |
Vorkaufsrecht: Anfang 2021 wurden die Häuser der [1][Herrmannstraße 48 | |
einem Käufer vor der Nase weggeschnappt]; etwa 140 Mieter:innen wollten | |
sich künftig über das Mietshäusersyndikat selbst verwalten. | |
Doch durch Einsprüche durch die vorherige Eigentümerin und den | |
ausgestochenen Käufer und schließlich [2][dem Ende des Vorkaufsrechts durch | |
ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts] im November 2021 platzte das | |
Vorhaben. Endgültig vorbei war es, als der Bezirk im April dieses Jahres | |
den Vorkaufsbescheid aufgrund rechtlicher und finanzieller Risiken | |
zurückzog. | |
Etwa die Hälfte der Mieter:innen lebt seitdem mit der Angst, plötzlich | |
vor die Tür gesetzt zu werden. Bedroht sind insbesondere die etwa 70 | |
Bewohner:innen eines alten Fabrikgebäudes im Hinterhof, die dort in | |
großen Wohngemeinschaften zusammenleben. Zwar wurden die Räumlichkeiten | |
schon vor 20 bis 25 Jahren an die WGs vermietet, doch normale Mieterrechte | |
werden ihnen nicht eingeräumt. | |
„Die Eigentümer vertreten die Ansicht, dass es sich um Gewerbe- und nicht | |
um Wohnraummietverhältnisse handelt“, sagt Anne-Kathrin Krug, Vorsitzende | |
des Hausvereins. Schutzrechte, etwa vor Kündigungen, wie sie | |
Mieter:innen üblicherweise genießen, „werden damit de facto nicht | |
gewährt“, sagt sie. Eine WG sei bereits noch von der Vorbesitzerin | |
gekündigt und geräumt worden und steht seitdem leer, ebenso wie | |
Gewerbeflächen im Erdgeschoss. | |
## Neue Verhandlungen | |
Mehr aus Verzweiflung denn aus Hoffnung heraus schrieb der Vorstand des | |
Hausvereins im September einen Brief an die neuen Eigentümer, ein | |
mittelständisches sächsisches Immobilienunternehmen, und bot Verhandlungen | |
über einen Rückkauf des Hauses an. | |
Überraschenderweise fiel die von deren Anwalt verschickte Antwort positiv | |
aus: Man solle die Vorstellungen über Ankaufsumme und Zeitspanne für die | |
Abwicklung konkretisieren. Womöglich ist der Kauf der Häuser für 12 | |
Millionen Euro angesichts gestiegener Zinsen und hohem Sanierungsaufwand | |
sowie einer kritischen Öffentlichkeit, die das Handeln der Eigentümer | |
begleitet, unattraktiv geworden. | |
Doch auch die Eigenübernahme der Bewohner:innen mit dem | |
Mietshäusersyndikat kommt angesichts der schlechteren | |
Finanzierungsbedingungen und fehlender Förderungen nicht mehr in Betracht. | |
Stattdessen gelang es aber, die Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land mit | |
ins Boot zu holen. | |
Deren Sprecherin bestätigte nun der taz, mit den Eigentümern im Kontakt zu | |
sein. „Es finden Gespräche statt“, heißt es; Details nannte sie angesichts | |
des noch schwebenden Verfahrens aber nicht. Die Bewohner:innen müssen | |
die Verhandlungen nun von außen verfolgen und können nur hoffen: „Wir | |
würden uns total freuen, wenn Stadt und Land die Häuser kaufen würde“, so | |
Krug. | |
21 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Vorkaufsrecht-in-Neukoelln/!5750495 | |
[2] /Gerichtsentscheidung-zum-Vorkaufsrecht/!5815067 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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