# taz.de -- Grüne Kampagne für Wiederholungswahl: Diesmal in Farbe | |
> Die grüne Spitzenkandidatin Bettina Jarasch und der Landesvorstand haben | |
> ihre neue Wahlkampagne vorgestellt. Sie setzt auf „ökosoziale Maßnahmen�… | |
Bild: Alle für eine: Bettina Jarasch (M. und ganz r.) mit den grünen Landesch… | |
Irgendwie fehlte dann doch ein bisschen schwungvolle Musik, vielleicht | |
„Please Mr. Postman“ von den Beatles, irgendetwas zum Thema „Briefe | |
schicken“ halt. So aber herrschte perfektes Schweigen, als die | |
Landesvorsitzenden der Grünen, Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, ein | |
Wahlplakat für ihre Spitzenkandidatin Bettina Jarasch aus einem riesigen | |
grünen Umschlag nestelten, um damit den Kampagnenauftakt zur | |
Wiederholungswahl am 12. Februar zu setzen. JournalistInnen klatschen eben | |
nie. | |
„Wir laden die BerlinerInnen ein, Bettina Jarasch auf dem Postweg ins Rote | |
Rathaus zu schicken“, so die Botschaft von Mertens und Ghirmai bei dem | |
Termin in der Panoramabar am Strausberger Platz. Dass die Grünen auf | |
Briefwahl setzen, ist wohl auch dem Novum winterlicher Wetterbedingungen am | |
Wahltag geschuldet, was so seine Tücken haben kann. Im Übrigen hat die | |
Neuauflage der Kampagne vor allem Farbe bekommen: Im Gegensatz zu den | |
[1][in blassgrünen Schattierungen gehaltenen Plakaten vom Sommer 2021] sind | |
die neuen schön bunt, und alle tragen sie den Slogan „Zeit für Grün“. | |
Politische Claims und Motive sind so nichtssagend wie austauschbar. Wobei: | |
Vielleicht steckt ja doch mehr Psychologie darin, als wir uns eingestehen | |
wollen. Dass die Parteichefs mehrfach auf die positiven Signale hinwiesen, | |
die von Farbgebung („apfelgrün“) und Schrifttype („dynamisch“) ausgehe… | |
wäre dann aber auch wieder nicht richtig. Gute ZauberInnen erklären nie | |
ihre Tricks. | |
Die amtierende Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und | |
Klimaschutz, die vom grünen Landesausschuss mit 92,5 Prozent erneut zur | |
Spitzenfrau im Kampf ums Rote Rathaus gekürt worden war, verwies auf die | |
vielfältigen Krisen, die die Stadt und das Land im Griff haben: „In vielen | |
Gesprächen, die ich geführt habe, ging es um die Sorge der Menschen, nicht | |
mehr klarzukommen“, so Bettina Jarasch. Wenn Berlin entschlossen in | |
„ökosoziale Maßnahmen“ investiere, könne es aber „besser aus der Krise | |
kommen, als wir hineingegangen sind“. | |
Zu den Motiven der Kampagne – 30.000 kleine und mehrere hundert | |
Großplakate, wegen der Energiekrise alle unbeleuchtet – gehören | |
Energiewende und -sicherheit, bezahlbare Wohnungen und MieterInnenschutz, | |
bessere Schulen, entschlossener Kampf gegen Hass und Rassismus und | |
natürlich ein kraftvolles „Weiter so“ bei der von Jaraschs Verwaltung | |
betriebenen Mobilitätswende. | |
## Diplomatische Töne | |
Und wie steht die alte und neue Kandidatin zu den beiden Volksentscheiden, | |
die die Landespolitik vor sich hertreiben? Dem zur Enteignung, der im | |
September 2021 eine satte Mehrheit bekam, und der für eine auf 2030 | |
vorgezogene Klimaneutralität, der nach dem Scheitern der Initiative auf dem | |
Klageweg nun am 26. März stattfindet? | |
In beiden Fällen gab sich Jarasch diplomatisch: Man könne die knapp 60 | |
Prozent für den Enteignen-Entscheid „weder beiseiteschieben noch umdeuten“, | |
[2][noch liege der Ball aber bei den ExpertInnen der von Rot-Grün-Rot | |
eingesetzten Kommission]. Ein Enteignungsgesetz müsste „rechtssicher sein, | |
denn es wird beklagt werden“. | |
[3][Im Fall von „Berlin 2030 klimaneutral“] bemühte die Kandidatin erneut | |
ihre Formel, es sei wichtiger, die Klimaschutzmaßnahmen voranzutreiben, als | |
immer neue Zielzahlen zu setzen. Ob sie dem Entscheid Erfolg wünsche? | |
Darauf gab Jarasch keine eindeutige Antwort. Nur so viel: „Klar ist jede | |
Stimme für mehr Klimaschutz gut. Ich habe aber bereits gesagt, dass ich | |
nicht glaube, dass wir 2030 schaffen können.“ | |
19 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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