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# taz.de -- Dekolonisierung von Straßennamen Berlin: Kampf gegen das Vergessen
> Eine nach Kolonialverbrechern benannte Straße und ein Platz im
> „Afrikanischen Viertel“ erinnern nun an den damaligen Widerstand.
Bild: König Jean-Yves Eboumbou Douala Bell (r) bei der Straßenumbenennung im …
Berlin taz | Seit Freitag tragen ein Platz und eine Straße im Afrikanischen
Viertel im Bezirk Wedding nicht länger die Namen zweier Kolonialverbrecher.
Die feierliche Einweihung des Manga-Bell-Platzes und der
Cornelius-Fredericks-Straße, ehemals Nachtigalplatz und Lüderitzstraße,
wird begleitet durch die Botschafter Kameruns und Namibias sowie König
Jean-Yves Eboumbou Duala Bell, ein Nachfahre des Königspaares Manga Bell.
[1][Dass der 2. Dezember als Internationaler Tag zur Abschaffung der
Sklaverei als Datum gewählt wurde, ist dem Einsatz von Initiativen und
Communities zu verdanken]. Trotz des kalten Wetters warten einige Menschen
gespannt auf die Enthüllung des neuen Straßenschildes am Manga-Bell-Platz,
das durch ein traditionell gefärbtes buntes Tuch zunächst noch verhüllt
ist.
Eine Hymne zu Ehren der Familie Manga Bell wird angestimmt, einige stimmen
ein. Als der Gesang verstummt, beginnt die Begrüßung durch
Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger (Grüne). Sie betont, dass die
Umbenennung von Straßennamen zur Aufarbeitung der Kolonialgeschichte
Deutschlands nicht ausreichend sei. [2][Noch immer nehme diese keine
wesentliche Rolle im Bereich der Bildung ein], sei kaum Teil einer
deutschen Erinnerungskultur. Vor allem die afrikanische Community sorge
dafür, dass sich die deutsche Gesellschaft ihrer kolonialen Vergangenheit
stelle.
Dass der Kampf gegen das Vergessen nur mit gemeinsamer Kraft erfolgen kann,
verdeutlichen die Bezirksbürgermeisterin, der Botschafter Kameruns und der
Duala König Jean-Yves Eboumbou Bell bei der gemeinsamen Enthüllung des
Straßenschildes, die von feierlichem Applaus begleitet wird. Nicht länger
die Täter des Kolonialregimes sondern der Widerstand gegen eben jenes
Regime sollen künftig an die Geschichte erinnern.
## Solidarität und Zusammenhalt
In ihrer Rede betont Marianne Ballé Moudoumbou von Pawlo-Masoso e. V. die
Unverzichtbarkeit der Internationalen Solidarität zwischen den Völkern.
Dabei verweist sie auch auf die Situation an den Außengrenzen: Die Bilder
von hilfsbedürftige Menschen dürften nicht verdrängt werden. Obwohl die
Bewältigung der Kolonialvergangenheit eine Jahrhundertaufgabe darstelle, so
Moudoumbou, sei es wichtig, trotz aller Unterschiede zusammen zu stehen.
Dass eine Delegation aus Kamerun inklusive des amtierenden Duala-Königs bei
der Umbenennung anwesend ist, ist vor allem sein Verdienst: Jean-Pierre
Félix-Eyoum, ein Großneffe des König Rudolfs Duala Manga Bell. Er wirkt
freudig hinsichtlich der überfälligen Umbenennung des Platzes. Die fehlende
Rehabilitierung König Rudolfs, der im Jahr 1914 wegen „Landesverrats“
gehängt wurde, bleibt jedoch weiterhin ein dringendes Anliegen wie er
betont. Momentan läuft eine Petition an die Bundesregierung.
Durch den Kleingärtner-Anlage Togo geht es zur zweiten Station, der
Cornelius-Fredericks-Straße. Namensgeber ist ein wichtiger Mann im
militärischen Widerstand gegen die Verbrechen deutscher Kolonialherrschaft
im heutigen Namibia. Wütend und traurig zugleich ist daher die Rede des
namibischen Botschafters, der die Anerkennung des Völkermords der Herero
und Nama fordert.
Dass die Vergangenheitsbewältigung ein schwieriger und komplexer Prozess
ist, betont auch Victor Ndocki, der Botschafter Kameruns. Für ihn stellt
die Umbenennung der Straßen kein Ende dieses Prozesses dar, sondern ein
Werkzeug. Trotzdem, oder gerade deshalb, klingen die Stimmen aus der
afrikanischen Community in Berlin heute zufrieden, denn ihre
jahrzehntelange Arbeit hat sich gelohnt.
2 Dec 2022
## LINKS
[1] /Dekolonisierung-von-Strassennamen/!5899594
[2] /Deutsche-Kolonialverbrechen-und-Schule/!5861110
## AUTOREN
Leah Schmezer
## TAGS
Deutscher Kolonialismus
Straßenumbenennung
Schwerpunkt Völkermord an den Herero und Nama
Türkei
Postkolonialismus
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Afrodeutsche
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