# taz.de -- Investition in grünen Wasserstoff: Gut für den Nachbarkontinent | |
> Grüner Wasserstoff aus Namibia wird nicht helfen, hierzulande grünes | |
> Wachstum zu erreichen. Gebraucht wird er dennoch – für Afrikas | |
> Klimaneutralität. | |
Bild: Viel Sonnenenergie, aber vor allem für den eigenen Verbrauch: Solaranlag… | |
Gegen das Projekt ist nichts zu sagen: Deutschland wird 10 Milliarden Euro | |
in Namibia investieren, um dort grünen Wasserstoff zu produzieren. Denn das | |
afrikanische Land hat viel Sonne und viel Wind, kann also den Ökostrom | |
günstiger gewinnen, mit dem dann der Wasserstoff hergestellt wird. Vor | |
allzu großen Hoffnungen sollte man sich allerdings hüten. Dieser grüne | |
Wasserstoff wird nicht billig sein, schon gar nicht in Deutschland. | |
Grüner Wasserstoff ist nötig, weil der Wind nicht immer weht und die Sonne | |
nicht immer scheint. Wer klimaneutral leben will, muss also Strom | |
speichern, um für Flauten und Dunkelheit gerüstet zu sein. | |
Das gilt auch für Afrika. Obwohl es gelegentlich übersehen wird: Auch in | |
der Sahara oder in Namibia gibt es einen Winter. Er ist nicht so lang und | |
kalt wie in Deutschland, aber auch im Süden scheint die Sonne nicht | |
ständig. Es wäre also eine Illusion zu glauben, dass Namibia den [1][grünen | |
Wasserstoff] produziert und wir ihn dann komplett importieren könnten, um | |
hier unser „grünes Wachstum“ zu befeuern. Namibia benötigt den grünen | |
Wasserstoff zunächst einmal selbst, um klimaneutral zu werden. Nur die | |
Überschüsse können nach Deutschland gehen, wie [2][Wirtschaftsminister | |
Robert Habeck] zu Recht betont. | |
Auch rein ökonomisch ist es sinnvoll, den grünen Wasserstoff zunächst in | |
Nambia einzusetzen, da es sehr teuer ist, ihn nach Deutschland zu | |
transportieren. Die Probleme fangen damit an, dass Wasserstoff extrem | |
flüchtig und voluminös ist. Also muss das Gas auf minus 253 Grad | |
heruntergekühlt werden, damit es transportabel ist. Alternativ ließe sich | |
der Wasserstoff in Ammoniak verwandeln, das leichter zu verschiffen ist. | |
Aber auch das kostet weiteren Strom. Zudem geht erneut viel Energie | |
verloren, wenn Wasserstoff oder Ammoniak dann genutzt werden, um Fahrzeuge | |
anzutreiben oder wieder Strom zu erzeugen. | |
Die Gesamtbilanz ist bescheiden: Selbst wenn eine Solaranlage in der Sahara | |
oder in Namibia 80 Prozent mehr Strom erzeugt als Paneele in Deutschland, | |
ergibt dies am Ende nur halb so viel Energie, wie sich hierzulande erzeugen | |
lässt. Es ist also zwingend, dass Deutschland so schnell wie möglich seine | |
eigene grüne Infrastruktur aufbaut. | |
Trotzdem ist es richtig, in Namibia zu investieren – damit Afrika | |
klimaneutral werden kann. Aber es wäre eine Milchmädchenrechnung zu | |
glauben, dass Ökostrom wie Öl oder Gas funktioniert. Die fossilen | |
Brennstoffe ließen sich tatsächlich billig und im Überfluss aus dem Ausland | |
einführen. Die grüne Energie hingegen wird durch Importe teurer. Das ist | |
bitter, [3][weil es bedeutet, dass die grüne Energie knapp bleiben wird]. | |
5 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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