# taz.de -- Russische Niederlage auf G20-Gipfel: Moskaus diplomatisches Cherson | |
> Auf Bali hat Russland eine diplomatische Niederlage einstecken müssen, | |
> auch ehemals neutrale Staaten verurteilen den Krieg. Es wird eng für | |
> Wladimir Putin. | |
Bild: Hat den G20-Gipfel vorzeitig verlassen. Wäre sonst womöglich noch ungem… | |
Keine Frage: Es läuft nicht gut für Wladimir Putin und seine | |
Angriffskrieger. Auf Russlands militärische Niederlage im Kampf um die | |
ukrainische Stadt Cherson folgte jetzt eine diplomatische Niederlage beim | |
G20-Gipfel in Bali. Im [1][kursierenden Entwurf der Abschlusserklärung], | |
die an diesem Mittwoch von den Staats- und Regierungschefs verabschiedet | |
werden soll, heißt es, dass „die meisten“ von ihnen den Krieg in der | |
Ukraine „scharf verurteilen“. | |
Doch so, wie Moskau sein Desaster in Cherson nur als taktischen Rückzug zu | |
verklären sucht, strickt Moskau auch seine diplomatische Niederlage | |
propagandistisch um. Der böse Westen habe die Erklärung „politisiert“ und | |
versucht, Formulierungen reinzuschmuggeln, die eine Verurteilung Russlands | |
implizieren, erklärte Außenminister Sergei Lawrow laut der russischen | |
Agentur Tass in Bali. | |
Die Diplomatie hält Formulierungen oft schwammig, um Kompromisse und | |
Gesichtswahrung zu ermöglichen. In Bali wurde jetzt in der Kriegsfrage ein | |
Weg gewählt, der keine Einstimmigkeit sucht, die unmöglich gewesen wäre, | |
aber eben doch Mehrheitsverhältnisse ausdrückt, ohne sie klar zu benennen. | |
So ist auch die Zustimmung derjenigen möglich, die eine Minderheitsposition | |
vertreten. Selbst Lawrow hat dem nachgegeben, schließlich wird betont, dass | |
G20 kein Forum sei, „um Sicherheitsfragen“ zu lösen. Russland verweist auf | |
die UNO, wo es im Sicherheitsrat bekanntlich ein Vetorecht hat. | |
Doch kann Moskau jetzt nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine | |
diplomatische Unterstützung bröckelt. Denn auch Regierungen, die sich | |
bisher aus taktischem Eigeninteresse auf Russlands Seite gestellt haben, | |
sind von dessen Politik immer weniger überzeugt und wollen angesichts einer | |
sich andeutenden militärischen Niederlage offenbar nicht mehr so stark mit | |
Moskau identifiziert werden. | |
Prominentestes Beispiel hierfür ist China. Dabei hat Peking sicher kein | |
Interesse, dass „der Westen“ triumphiert und damit letztlich Washingtons | |
Hegemonie wieder gestärkt wird. China wünscht eine multipolare Welt, in der | |
es nicht allein Washingtons Gegenspieler ist, sondern es dazu noch andere | |
Gegenpole wie etwa Russland gibt. Doch braucht China auch noch gute | |
Wirtschaftsbeziehungen mit westlichen Ländern und will diese deshalb nicht | |
verprellen in einer Zeit, in der Putin mit der Androhung eines | |
Atomwaffeneinsatzes [2][auch aus Sicht Pekings den Bogen überspannt]. | |
Deshalb ist Peking mit seiner mutmaßlichen Zustimmung zur | |
Abschlusserklärung etwas von Moskau abgerückt. Bali ist ohne Zweifel eine | |
diplomatische Niederlage Moskaus, und Lawrows frühzeitige Abreise, die ihm | |
die Schmach dieser Niederlage erspart, das diplomatische Pendant zum | |
Rückzug aus Cherson. | |
15 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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