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# taz.de -- Beschluss der Evangelischen Kirche: Tempolimit im Namen des Herrn
> Die Evangelische Kirche macht vor, woran der Bundesverkehrsminister
> scheitert. Für Mitarbeitende gilt künftig ein Tempolimit bei
> Dienstfahrten.
Bild: Godspeed, aber bitte nich zu schnell
Berlin taz | Die [1][Evangelische Kirche (EKD)] hat auf der Synode in
Magdeburg vergangene Woche ein Tempolimit für alle Pkw-Fahrten im
kirchlichen Kontext beschlossen und könnte damit Vorreiter für weitere
Arbeitgeber und Verbände werden.
Mitarbeitende der EKD sollen – wenn sie im Namen der Kirche unterwegs sind
– eine gewisse Höchstgeschwindigkeit nicht überschreiten. Auf Autobahnen
sind das maximal 100 Kilometer pro Stunde, auf der Landstraße maximal 80.
So ist es im offiziellen Beschlusspapier festgehalten.
Die EKD glaubt, dass die Mitarbeitenden der Kirche sich der Dringlichkeit
dieses Beschlusses sehr bewusst seien und sich selbst die „Notwendigkeit
davon vergegenwärtigen“ werden, sagte ein Sprecher. So sollen bei der
Kirche künftig etwa keine Fahrtenbücher eingeführt oder das Einhalten der
Geschwindigkeitsbegrenzung kontrolliert werden. Die EKD aber ist davon
überzeugt, dass der gewünschte Effekt eintreten wird und dass dieses eigene
Tempolimit seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet.
Dass solche Geschwindigkeitsbegrenzungen nachweislich etwas bringen,
bestätigt Verkehrsforscher Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe
Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), der taz. Allein
schon ein Tempolimit auf Autobahnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 100
Stundenkilometern brächte eine Spriteinsparung von 10 Prozent auf ganz
Deutschland hochgerechnet – so Knie.
## Tempolimit – das große Tabu
Viel zu lange sei das Tempolimit und alles rund um das Auto hierzulande
laut dem Verkehrsforscher tabuisiert worden, und noch immer stoße man in
der Politik in Bezug auf Geschwindigkeitsbegrenzungen auf große
Widerstände. Es sei daher wichtig, „dass Politik, Zivilgesellschaft und
Wissenschaft eigenständig aktiv werden“, meint Knie. Er hofft darauf, dass
dem Beispiel der EKD weitere folgen werden.
Einige der 128 Mitglieder der EDK hätten sich auf der viertägigen Synode in
Magdeburg sogar ein noch schärferes Vorgehen in Bezug auf das Tempolimit
vorstellen können – auch um sich klarer für ein generelles
Geschwindigkeitsverbot hierzulande auszusprechen.
Das ist gerade auch in der Ampelkoalition immer wieder ein heftig
umstrittenes Thema. Die FDP verkaufte es als großen Erfolg, dass ein
[2][Tempolimit] nicht in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde, und
scheint sich gegen eine solche Einführung zu stemmen. Selbst wenn
Parteivorsitzender Christian Lindner beim Podcast „Die Lage der Nation“
erst vor einigen Tagen vermeintliche Offenheit signalisierte, ein
Tempolimit möglicherweise unter strengen Bedingungen einzuführen, wenn denn
die AKWs hierzulande weiterlaufen würden.
Der Forderung eines generellen deutschlandweiten Tempolimits hat die EKD in
ihren Beschluss nun aufgenommen. Allerdings etwas weicher als anfangs
gedacht. Führende Mitglieder wie die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus
etwa warnte vor dem endgültigen Beschluss der Synode davor, einen nicht zu
sehr „moralischen Ton“ anzuschlagen. Das könne sonst auch nach hinten
losgehen.
Im Papier der Evangelischen Kirche steht daher, dass die Kirche politische
Bemühungen um ein zeitnahes allgemeines Tempolimit von höchstens 120
Stundenkilometern unterstütze. „Unser Ziel ist es erst einmal, bei uns
selbst anzufangen“, sagt ein EKD-Sprecher.
Die Mitarbeitenden der EKD seien schon seit Längerem dazu angehalten, bei
der Nutzung ihrer Verkehrsmittel die Emissionen zu senken. Zusätzlich zum
Tempolimit sollen die Mitglieder vorrangig auf Zugfahrten oder andere
öffentliche Verkehrsmittel setzen, bevor sie zum eigenem Pkw oder
Dienstwagen greifen, so ein Sprecher.
Ohnehin ist das Ganze Teil einer größer angelegten Klimaschutzrichtlinie
der EKD, in der die Landeskirchen dazu ermutigt werden, die
Klimaneutralität bis 2035 umzusetzen, und auch die diesjährige Synode stand
ganz im Zeichen des Klimaschutzes. Eingeladen waren unter anderem auch
Vertreter der Protestgruppe der Letzten Generation. Zu den selbstgesteckten
Zielen zählen etwa, die Klimamaßnahmen im Bereich von Gebäuden umzusetzen,
Bildungsmaßnahmen und nun auch das Tempolimit.
14 Nov 2022
## LINKS
[1] https://www.ekd.de/beschluss-tempolimit-in-der-evangelischen-kirche-76252.h…
[2] /Deutsche-Umwelthilfe-zieht-vor-Gericht/!5819310
## AUTOREN
Nikola Endlich
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Deutsche Umwelthilfe
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