| # taz.de -- Veto der Unionsländer beim Bürgergeld: Das Menschenbild lässt ti… | |
| > Die Union riskiert, dass die niedrigen Hartz-IV-Sätze auch 2023 noch | |
| > gelten. Mit parteipolitischen Spielchen blockiert sie eine dringend | |
| > nötige Wende des Sozialsystems. | |
| Bild: Müssen wahrscheinlich nicht aufstocken: Söder und Merz | |
| Die Union klebt sich fest an Hartz IV, als hinge das Überleben des Planeten | |
| daran. Natürlich ist es das gute Recht der Union, die geplante | |
| Bürgergeldreform zu kritisieren [1][und ein Veto im Bundesrat einzulegen]. | |
| Nur leider geschieht das inmitten der Krise auf dem Rücken der Schwächsten. | |
| Denn die Zeit drängt: Gibt es keine schnelle Einigung, ist unklar, ob das | |
| Gesetz Anfang nächsten Jahres tatsächlich in Kraft treten kann. Für manche | |
| entscheidet das darüber, wie lange der Kühlschrank im Monat gefüllt bleiben | |
| kann. Es ist einfach keine Zeit f[2][ür parteipolitische | |
| Profilierungsspielchen]. | |
| Dabei geht es im Streit über das Bürgergeld noch nicht einmal ums Geld, | |
| also die Höhe der Regelsätze. Die Union gibt vor zu befürchten, dass mit | |
| der geplanten Reform der Anreiz, arbeiten zu gehen, verloren geht. Sie | |
| fordert vor allem zwei Punkte: Sie will mehr Sanktionsmöglichkeiten und | |
| weniger Schonvermögen. Bei Letzterem geht es darum, wie viel Erspartes | |
| Menschen behalten dürfen, wenn sie in die Arbeitslosigkeit rutschen. | |
| Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet die Union die Höhe des Schonvermögens | |
| kritisiert. Nicht nur, weil es eine Regelung ist, die sie selbst in der | |
| Großen Koalition während der Coronapandemie auf den Weg gebracht hatte, die | |
| nun zu einer dauerhaften Lösung werden soll – sondern auch, weil sich die | |
| Union in anderen politischen Kontexten keine Gelegenheit nehmen lässt, | |
| Vermögen und leistungsloses Einkommen – [3][Stichwort Vermögensteuer] – zu | |
| schützen. | |
| ## Wende dringend nötig | |
| Die Union blockiert eine dringend nötige Wende des Sozialsystems: Denn im | |
| Kern geht es bei dem Streit über das Bürgergeld um eine fast philosophische | |
| Frage: Arbeitet der Mensch nur, wenn er Bestrafung fürchtet? Die | |
| Ampelregierung möchte stärker auf Weiterbildung und Befähigung setzen, | |
| weniger auf Sanktionen. Das transportierte Menschenbild der Union lässt | |
| hingegen tief blicken. | |
| Wenn diese nun argumentiert, dass die viel bemühten „hart arbeitende | |
| Menschen“ mehr haben müssen als Arbeitslose, offenbart sie nur ihre | |
| Realitätsferne. Denn [4][etwa 24 Prozent der Hartz-IV-Empfänger*innen] | |
| müssen aufstocken. Sprich: Sie arbeiten und haben dennoch zu wenig zum | |
| Leben. Zudem haben sich CDU und CSU in der Vergangenheit nicht damit | |
| hervorgetan, Arbeitsbedingungen im Niedriglohnsektor verbessern zu wollen. | |
| Im Gegenteil. | |
| Es hängt nun am Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat, eine | |
| schnelle Lösung zu erzielen. Der zeitliche Druck bedeutet einen | |
| strategischen Vorteil der Union, um Veränderungen durchzusetzen. Dazu muss | |
| sie aber auch endlich einmal konkrete Vorschläge machen. | |
| 14 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Ampel-Projekt-im-Bundesrat/!5894763 | |
| [2] /Blockade-der-Union-beim-Buergergeld/!5889293 | |
| [3] /Ungleichheit-bei-Vermoegen-in-Deutschland/!5695967 | |
| [4] https://www.hartziv.org/aufstocker/#Zahl-der-Aufstocker-sinkt-leicht | |
| ## AUTOREN | |
| Jasmin Kalarickal | |
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