# taz.de -- Sondersitzung im Berliner Parlament: Die Krisenhilfe liegt im Zeitp… | |
> Der Nachtragshaushalt stößt im Abgeordnetenhaus auf wenig Widerstand. | |
> Offen bleibt allein die Zukunft des 29-Euro-Tickets. | |
Bild: Das Abgeordnetenhaus debattierte jetzt den Nachtragshaushalt. Der Beschlu… | |
BERLIN taz | 2,6 Milliarden Euro zusätzliches Geld, sieben Rednerinnen und | |
Redner – und dann steckt am Donnerstagmorgen im Abgeordnetenhaus der größte | |
Streitpunkt in ein paar Sätzen der SPD-Fraktion, wie nebensächlich | |
hingeworfen. Denn so wenig umstritten die [1][Nachbesserung des erst im | |
Juni beschlossenen Landeshaushalts] für 2022 und 2023 ist, so offen ist die | |
Frage, ob es mit dem vorerst bis März verlängerten 29-Euro-Ticket ab April | |
weitergeht. Da verläuft die Diskussionslinie nicht etwa zwischen Regierung | |
und Opposition, sondern zwischen den beiden größten Koalitionsparteien, SPD | |
und Grünen. | |
Kaum umstritten ist die Nachbesserung der Landesfinanzen, weil nicht nur | |
die Koalition, sondern auch die Oppositionsfraktionen großen Bedarf für ein | |
Hilfs- und Entlastungspaket sehen, das der Nachtragshaushalt finanzieren | |
soll. Am Montag wird das Parlament ihn absehbar in einer zweiten | |
Sondersitzung beschließen. | |
Für den haushaltspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Goiny, | |
kommt das Entlastungspaket zwar zu spät – Berlin hat aus seiner Sicht viel | |
zu lange abgewartet, wie die Bundesregierung helfen will. Außerdem reicht | |
ihm die Förderung für Unternehmen nicht aus. Der CDU-Mann befürchtet zudem, | |
dass die [2][mit den Hilfszahlungen betraute Investitionsbank] des Landes | |
so überlastet sein könnte, dass vor Jahresende, vielleicht sogar länger, | |
kein Geld bei den Firmen landet. | |
Doch damit hat es sich auch schon fast – von brachialer Ablehnung durch die | |
AfD-Fraktion abgesehen – mit der Kritik am Haushaltsentwurf, dem der Senat | |
vor zehn Tagen zugestimmt hat. Goinys auch [3][schon am Mittwoch im | |
Hauptausschuss] geäußerte Bedenken kontert Finanzsenator Daniel Wesener | |
(Grüne) so: „Mehr geht immer – aber zeigen Sie mir ein Bundesland, das mehr | |
leistet.“ | |
Und daher bleibt von diesem Vormittag am meisten jene Stichelei von | |
SPD-Chefhaushälter Torsten Schneider in Richtung von | |
Grünen-Verkehrssenatorin Bettina Jarasch in Erinnerung, die sich auch nicht | |
jedem bei Linkspartei und Grünen sofort erschließt. Im Kern geht es darum, | |
dass die SPD das im Oktober angelaufene 29-Euro-Ticket nicht bloß bis März, | |
sondern darüber hinaus verlängern will. Bis dahin soll dieses Ticket, das | |
über 31 Euro billiger ist als das frühere Umweltticket AB, auf jeden Fall | |
erhältlich sein, weil erst dann mit dem bundesweit gültigen 49-Euro-Ticket | |
zu rechnen ist. So weit sind sich in der Koalition SPD und Jarasch einig. | |
Dann aber gehen die Meinungen auseinander: Die Grünen, so heißt es aus | |
deren Fraktion der taz gegenüber, halten es für nicht machbar, parallel zum | |
bundesweit gültigen – und auch aus dem Berliner Landeshaushalt | |
mitzubezahlenden – 49-Euro-Ticket ein landesweites für 29 Euro zu haben. | |
Die Sozialdemokraten hingegen, so ist ihr Finanzexperte Schneider zu | |
interpretieren, argumentieren offenbar mit bereits bestehenden | |
Preisunterschieden im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, um zwei parallele | |
Tickets zu rechtfertigen. | |
FDP-Haushälterin Sibylle Meister macht es sichtlich Spaß, als letzte | |
Rednerin auf den Widerspruch zwischen Haushaltsinhalt und SPD-Anspruch | |
hinzuweisen: Pro Vierteljahr koste das 29-Euro-Ticket das Land Berlin 105 | |
Millionen Euro – „und nur das erste Vierteljahr ist im Haushalt | |
abgebildet“, sagt Meister. Ende März sei Schluss, sie habe am Morgen extra | |
noch mal nachgeguckt – „das sollten Sie auch ehrlich sagen.“ | |
10 Nov 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.parlament-berlin.de/ados/19/IIIPlen//vorgang/d19-0616.pdf | |
[2] https://www.ibb.de/de/wirtschaftsfoerderung/themen/energiekrise/hilfen-ener… | |
[3] /Haushaltsdebatte-in-Berlin/!5894309 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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