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# taz.de -- Blockade der Union beim Bürgergeld: Nur Lust am Nein
> CDU und CSU machen mit giftiger Rhetorik Stimmung gegen das Bürgergeld.
> Viel mehr haben die Unionsparteien in sozialen Fragen auch nicht
> anzubieten.
Bild: Mehr als ein polemisches, reflexhaftes Nein hat die Union in sozialen Fra…
Das [1][Bürgergeld] mache Arbeitslose reicher als Leute, die mit Jobs wenig
verdienen. [2][So versucht die Union es darzustellen – und arbeitet dabei
mit suggestiven Zahlen]. Familien mit 150.000 Euro Vermögen könnten es sich
mit dem neuen Bürgergeld auf Mallorca gut gehen lassen. Das ist giftige
Rhetorik und Stimmungsmache gegen Ärmere.
Denn dies ist ein extremer, eher theoretischer Einzelfall. Und der wäre
auch jetzt mit Hartz IV möglich. Um Härten während der Coronapandemie zu
vermeiden, hat das Parlament ohnehin schon das Schonvermögen angehoben –
damals mit den Stimmen der Union. Friedrich Merz und Markus Söder
argumentieren bigott.
Sie deshalb, wie es SPD-Chef Lars Klingbeil getan hat, auf eine Stufe mit
Trump zu stellen, ist allerdings ebenso giftige Rhetorik. Die Union spitzt
extrem zu. Aber Merz ist nicht Trump. Billige Polemik im Meinungskampf und
ein lässiger Umgang mit Fakten sind ungut, aber etwas anderes als das
Prinzip Trump – nämlich Rationalität durch Lüge zu ersetzen und
demokratische Verfahren nach Gutdünken auszuhebeln.
Die Union hat beim Bürgergeld ein Spiel eröffnet, bei dem sie auf den
ersten Blick nur gewinnen kann. Das Bürgergeld ist das zentrale Projekt der
Reparaturarbeiten der SPD an der Agenda 2010 – und das symbolische Ende
eines Konflikts, der auf die Sozialdemokratie 20 Jahre lang wie Betablocker
gewirkt hat. Das macht die Aussicht, dieses Projekt im letzten Moment zu
versenken, für Merz & Co besonders verlockend.
Aber auch wenn es der Union gelingt, am Montag eine Front im Bundesrat
aufzubauen und das Bürgergeld im Vermittlungsausschuss noch mal gestutzt
oder gar demoliert wird – es wird ein schaler Erfolg. Denn mehr als ein
polemisches, reflexhaftes Nein hat die Union in sozialen Fragen nicht
anzubieten. Zur Erinnerung: Sie hat vor 15 Jahren die Einführung des
allgemeinen Mindestlohns bekämpft. Sie hat [3][die Erhöhung auf 12 Euro]
erst mit scharfen Worten abgelehnt, dann widerwillig akzeptiert. Und jetzt
das donnernde Nein zum Bürgergeld. Wo bleibt das Positive?
In den 1970er Jahren, als die Union in der Opposition war, hat Heiner
Geißler die neue soziale Frage entdeckt. Es gab Arbeitslose, Rentner und
Gruppen, die im korporatistischen Modell der Bundesrepublik durch den Rost
fielen. Heute hat Deutschland einen extrem großen Niedriglohnsektor. Die
Union hat dazu außer Achselzucken nichts zu sagen. Das laute Poltern gegen
das Bürgergeld verdeckt 2022 matte Ratlosigkeit und programmatische Dürre.
Die Union hat nur Lust am Nein, keine Neugierde.
10 Nov 2022
## LINKS
[1] /Ende-von-Hartz-IV/!5894374
[2] /Streit-um-Grundsicherung/!5890397
[3] /Erhoehung-des-Mindestlohns/!5883357
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Friedrich Merz
Hartz IV
GNS
CDU/CSU
Bürgergeld
Markus Söder
Bürgergeld
Schwerpunkt Armut
Bürgergeld
Ampel-Koalition
Hubertus Heil
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