# taz.de -- Proteste in Iran: Ab in die historische Mülltonne | |
> Das iranische Regime ist nicht reformierbar und gehört abgelöst. Es | |
> braucht eine überzeugende Alternative und die Ausweitung der Proteste. | |
Bild: Ihre Zeit ist abgelaufen: Ayatollahs Khamenei und Khomeni | |
Die landesweiten, seit fünf Wochen andauernden Proteste in Iran stellen | |
einen weiteren Höhepunkt des jahrzehntelangen mühsamen Kampfes für | |
Freiheit, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit dar. Sie bilden im | |
Vergleich zu den Protesten der letzten Jahre einen qualitativen Sprung. | |
Jetzt geht es nicht mehr um einzelne wirtschaftliche oder soziale | |
Forderungen, sondern um das gesamte System, um einen Regimewechsel. | |
Die schreckliche Geschichte der vergangenen 43 Jahre zeigt, dass dieses | |
durch und durch korrupte Regime nicht nur nicht willens ist, den | |
Bedürfnissen und Nöten der Bevölkerung entgegenzukommen, es beharrt auch | |
auf die Fortsetzung der ideologisch verbrämten und religiös getarnten | |
Irrwege. Wie oft sind die Menschen, hoffend auf grundlegende Reformen, | |
geduldig zur Wahl gegangen, wie oft haben sie auf den Straßen, in den | |
Fabriken, [1][an den Universitäten] für die Durchsetzung ihrer Forderungen | |
protestiert. | |
Doch alle ihre Rufe und Schreie stießen auf taube Ohren. Dieses Regime ist | |
nicht reformierbar ist. Es gehört in den Mülleimer der Geschichte. Können | |
nun die vorwiegend jungen Frauen und Männer, die mit bewundernswertem Mut, | |
Tag für Tag ihr Leben riskieren, diese historische Entwicklung | |
vorantreiben? Die Proteste sind spontan, es gibt noch keinen klaren Plan, | |
keine Organisation, keine Führung. | |
Die Rebellierenden können ihr Ziel nur erreichen, wenn sie landesweit von | |
Werktätigen, staatlichen Angestellten, vom Basar und anderen | |
Bevölkerungsgruppen unterstützt werden, und wenn es ihnen gelingt, das | |
Militär, die [2][Revolutionsgarden], ja sogar Teile des Regimes zu spalten. | |
Das ist bisher nur sporadisch geschehen. Zudem müssen sie eine für die | |
Mehrheit der Bevölkerung überzeugende Alternative bieten. | |
Noch hat das Regime alle Hebel der Macht in der Hand und ist bereit, sie | |
skrupellos einzusetzen. Es kann sogar – noch dazu [3][mit Hilfe eines | |
deutschen Unternehmens] – das Internet und die sozialen Netzwerke sperren. | |
Fest steht, dass es nicht freiwillig das Feld räumen wird. Fest steht aber | |
auch, dass im Gebälk des Gottesstaates schon starke Risse sind. Das Regime, | |
das einst über eine breite Basis in der Bevölkerung verfügte, steht wie | |
eine fremde Besatzungsmacht einem Volk gegenüber, das jegliches Vertrauen | |
verloren hat. | |
Gerade die Jugendlichen, die sich in diesen Tagen mit leeren Händen den | |
bewaffneten Schergen entgegenstellen, die frei sein und selbstbestimmt | |
leben wollen, haben dem Regime einen harten Schlag versetzt, von dem es | |
sich nicht mehr erholen wird. Mag sein, dass dies noch nicht der letzte | |
Schlag ist. Aber der Gottesstaat steht am Abgrund. Seine Tage sind gezählt. | |
21 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Bahman Nirumand | |
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