# taz.de -- Feministischer Protest im Iran: Mit Gewalt gegen Studierende | |
> Teheraner Elite-Universität stellt nach Eskalation den Unterricht ein. | |
> Augenzeugen berichten von Schüssen auf Studierende. Baerbock kritisiert | |
> „rohe Gewalt“. | |
Bild: Die Lage im Iran führt in vielen Länder zu Solidaritätsprotesten. Hier… | |
TEHERAN/BERLIN/HAMBURG dpa/afp | Nach den heftigen Unruhen in der | |
Universität Scharif in Teheran wurde der Unterricht bis auf Weiteres | |
eingestellt. Nach Angaben des Nachrichtenportals Aftab-News werde der | |
Unterricht in der iranischen Hochschule ab Montag nur noch online | |
stattfinden. Studenten zufolge ist das wegen der Internetsperren, die im | |
Zusammenhang mit den systemkritischen Protesten verhängt wurden, derzeit | |
kaum machbar. | |
Am Sonntagabend waren Sicherheitskräfte örtlichen Medienberichten zufolge | |
mit Gewalt gegen Studierende vorgegangen. Polizisten und Milizen riegelten | |
den Campus in der Nacht zu Montag ab. Auch mehrere Professoren der | |
Elite-Universität sollen nach Angaben des iranischen Nachrichtenportals | |
„Emtedad“ verprügelt worden sein. | |
In den sozialen Medien war von einem Polizeiangriff und | |
„bürgerkriegsähnlichen“ Zuständen die Rede. Augenzeugen berichteten in | |
Onlinenetzwerken von Festnahmen und Schüssen auf Demonstrierende. | |
Die iranischen Medien wiese diese Berichte als übertriebene Stimmungsmache | |
gegen das System zurück. | |
Auslöser der Demonstrationen ist [1][der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini | |
vor gut zwei Wochen]. Die Sittenpolizei hatte sie wegen ihres angeblich | |
„unislamischen Outfits“ festgenommen. Was mit Amini danach geschah, ist | |
unklar. Die Frau fiel ins Koma und starb am 16. September in einem | |
Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu | |
haben; die Polizei weist das zurück. Seit dem Tod der jungen Frau | |
demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs von | |
Regierung und Sicherheitskräften sowie gegen das islamische System. | |
## Baerbock zeigt sich entsetzt | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich entsetzt über die | |
Vorfälle an der Teheraner Scharif-Universität geäußert. Es sei „kaum zu | |
ertragen, was an der Sharif-Universität in Iran passiert“, schrieb Baerbock | |
am Montag im Internetdienst Twitter. Zugleich äußerte sie Bewunderung für | |
die dort Protestierenden: „Der Mut der Iraner*innen ist unglaublich.“ | |
Baerbock kritisierte in diesem Zusammenhang „die rohe Gewalt des Regimes“. | |
Diese sei „Ausdruck der puren Angst vor der Kraft von Bildung und | |
Freiheit.“ | |
Es sei „schwer zu ertragen, dass unsere außenpolitischen Möglichkeiten | |
begrenzt sind“, schrieb die Ministerin weiter mit Blick auf Unterstützung | |
für die Protestbewegung. „Aber wir können ihre Stimme verstärken, | |
Öffentlichkeit schaffen, anklagen und sanktionieren. Und das tun wir“, hob | |
Baerbock hervor. | |
Ebenfalls entsetzt äußerte sich Bundebildungsministerin Bettina | |
Stark-Watzinger (FDP). „Schlägertruppen suchen die Stimmen der Freiheit | |
heim“, schrieb sie auf Twitter. Den „mutigen Menschen, die für mehr | |
Selbstbestimmung ihr Leben riskieren“, müsse „jetzt unsere Aufmerksamkeit | |
uns Solidarität gelten“, schrieb sie weiter auf Twitter. | |
## Proteste in Hamburg | |
Hunderte Menschen haben in Hamburg am Montag gegen | |
Menschenrechtsverletzungen im Iran und gegen das Islamische Zentrum (IZH) | |
demonstriert. Der Protest sei friedlich verlaufen, sagte ein | |
Polizeisprecher. An einer Kundgebung hätten sich etwa 450 Menschen | |
beteiligt. Zu der Aktion in Sichtweite der Blauen Moschee an der Alster | |
hatten die Kulturbrücke Hamburg und der Verein Säkularer Islam Hamburg | |
aufgerufen. Erst am 26. September hatte sich ein als Paketbote getarnter | |
Mann Zutritt zu dem Gebäude verschafft und das Foyer mit roter Farbe | |
verunreinigt. | |
Mehrere Frauen schnitten sich bei der Kundgebung am Montag aus Protest die | |
Haare ab, wie ein dpa-Fotograf beobachtete. Auch ein Mann mit längeren | |
Haaren habe sich symbolisch Haare abschneiden lassen. Auf Schildern | |
forderten Demonstranten, das IZH sofort zu schließen. Das Islamische | |
Zentrum, das die Blaue Moschee an der Alster betreibt, wird vom Landesamt | |
für Verfassungsschutz als Außenposten des Irans in Europa betrachtet. | |
3 Oct 2022 | |
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