# taz.de -- IQB-Studie zu Deutsch und Mathe: Viertklässler deutlich schlechter | |
> Im Vergleich zu 2016 sind die Leistungen von Grundschülern abgestürzt. | |
> Der Lehrerverband fordert „eine schonungslose Bestandsaufnahme“. | |
Bild: In allen geprüften Kompetenzen – Lesen, Schreiben, Zuhören und Rechne… | |
BERLIN taz | Im Vergleich zu 2016 haben sich Viertklässler:innen in | |
Deutschland in den Kernfächern Deutsch und Mathe deutlich verschlechtert. | |
Das ist das Ergebnis des [1][IQB-Bildungstrends], der am Montag in Berlin | |
vorgestellt worden ist. | |
In allen geprüften Kompetenzen – Lesen, Schreiben, Zuhören und Rechnen – | |
sind die Leistungen deutlich abgefallen. Vor allem hat sich der Anteil der | |
Schüler:innen, die die Mindeststandards verfehlen, nochmal deutlich erhöht: | |
je nach Kompetenz ist die Gruppe der Leistungsschwachen zwischen acht und | |
knapp zehn Prozent gewachsen. Nur in drei Bundesländern sind die Leistungen | |
im Großen und Ganzen stabil geblieben: Hamburg, Bremen und Rheinland-Pfalz. | |
„Das ist eine signifikant ungünstige Entwicklung“, sagte Petra Stanat vom | |
Institut zur Qualitätsentwicklung in der Bildung (IQB) bei der Vorstellung | |
des Berichts. Nicht besser fällt ihr Urteil aus, wenn man die Ergebnisse | |
von 2021 isoliert betrachtet. So verfehlt etwa jede:r fünfte Schüler:in | |
in Deutsch die Mindeststandards. In Rechtschreibung trifft das sogar auf | |
jede:n Dritten zu. | |
In Mathe hat fast jede:r Vierte Probleme bei grundlegenden Aufgaben. Der | |
negative Trend, den das IQB bereits zwischen 2011 und 2016 festgestellt | |
hat, hat sich seit 2016 „deutlich verstärkt“, so Stanat. Selbst in Bayern | |
und Sachsen, die insgesamt mit guten Ergebnissen herausstechen, sei dieser | |
Trend sichtbar. | |
## Soziale Ungleichheit wächst | |
Eindeutig ist der Bildungsbericht, für den im vergangenen Jahr mehr als | |
26.000 Viertklässler:innen in rund 1.500 Schulen getestet worden sind, | |
auch beim ungebrochenen Einfluss des Elternhauses auf die Bildungschancen. | |
So schneiden Kinder aus sozioökonomisch besser gestellten Familien deutlich | |
besser ab als Kinder aus ärmeren Familien. Das gleiche gilt für Kinder mit | |
Migrationsgeschichte. Die Schere bei der Bildungsbenachteiligung geht also | |
weiter auseinander. | |
Zu den Gründen der schlechten Ergebnisse äußert sich Bildungsforscherin | |
Stanat zurückhaltend. Aus ihrer Sicht dürfte aber einerseits die gestiegene | |
Heterogenität in den Klassenzimmern eine Rolle gespielt haben. So lag der | |
Anteil der Kinder mit Migrationsgeschichte 2021 bei 38 Prozent und damit 5 | |
Prozentpunkte höher als noch 2016. Zum anderen dürfe man die Nachwirkungen | |
der Pandemie nicht vergessen, so Stanat. | |
„Natürlich hat die Pandemie eine Rolle gespielt“, sagte die Präsidentin d… | |
Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien. Die CDU-Politikerin will die | |
„ernüchternden Ergebnisse“ aber nicht darauf schieben. „Wir dürfen uns … | |
Gesellschaft nicht abfinden mit diesen Ergebnissen“, stellte Prien klar. | |
Jedes Bundesland müsse sich nun im Detail mit den Ergebnissen des | |
IQB-Bildungstrends befassen. | |
Die KMK wolle nun Vorschläge erarbeiten, wie sich die Qualität an den | |
Grundschulen verbessern lasse, so Prien. Im Dezember stellt die Ständige | |
Wissenschaftliche Kommission im Auftrag der KMK dazu ein Gutachten mit | |
konkreten Handlungsempfehlungen vor. Prien kündigte an, dass auch die | |
Lehramtsausbildung auf den Prüfstand genommen werde. | |
## Lehrerverband warnt | |
Insgesamt fielen die Reaktionen auf die IQB-Studie heftig aus. So | |
bezeichnete Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger die Ergebnisse als | |
einen „Beleg für einen ungebremsten dramatischen Bildungsabsturz“. Es sei | |
jetzt höchste Zeit, die Phase der Schönfärberei zu beenden und „eine | |
schonungslose Bestandsaufnahme“ vorzunehmen. Sollte die Politik nicht | |
zusätzliche Personalressourcen bereit stellen, drohe in Folgestudien ein | |
weiterer Absturz. | |
Anja Bensinger-Stolze, Vorstandsmitglied der derBiderldungsgewerkschaft GEW | |
bezeichnete die Ergebnisse des Bildungstrends als „ernüchternd und | |
skandalös“. Jetzt räche sich, dass der Primarbereich in den vergangenen | |
Jahren vernachlässigt worden sein, so Bensinger-Stolze: „der immer größer | |
werdende Lehrkräftemangel, die ungleiche Bezahlung in den Bundesländern, | |
große Klassen, fehlende Unterstützungssysteme, eine unzureichende | |
Ausbildung – so legt man nicht die notwendigen Grundlagen für das | |
zukünftige Leben der Kinder.“ | |
17 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.iqb.hu-berlin.de/bt/BT2021 | |
## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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