# taz.de -- Putsch in Burkina Faso: Ibrahim Traoré hat die Macht | |
> Burkina Faso erlebt den zweiten Putsch in diesem Jahr. Nicht nur die | |
> Sorge um die schlechte Sicherheitslage, sondern vor allem Machtkämpfe | |
> innerhalb der Armee dürften Auslöser gewesen sein. | |
Bild: Putschisten in Burkina Faso verkünden die Machtübernahme | |
Es hat sich [1][den ganzen Freitag hingezogen], bis das Militär in der | |
Nacht zu Samstag schließlich vor die Kamera trat: [2][Paul-Henri Damiba] | |
ist in Burkina Faso abgesetzt. Neuer Präsident der Patriotischen Bewegung | |
zur Rettung und Wiederherstellung (MPSR), die seit Ende Januar an der Macht | |
ist, wird Ibrahim Traoré. Bei der Ansprache im staatlichen Fernsehen RTB | |
wurde zudem angekündigt, dass die Verfassung außer Kraft tritt, Flughafen | |
und Landgrenzen geschlossen bleiben und zwischen 21 und fünf Uhr eine | |
Ausgangssperre gilt. | |
Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS verurteilte den | |
Staatsstreich umgehend. Die Junta begründet ihn mit der schweren | |
Sicherheitskrise. [3][Als Militärs um Damiba im Januar gegen den damaligen | |
Präsidenten Roch Marc Christian Kaboré geputscht hatten,] kündigten sie an, | |
Korruption und Terrorbewegungen zu bekämpfen. Doch alleine im September | |
hatte es zwei schwere Anschläge mit Dutzenden Toten gegeben. Damiba habe | |
seine Ziele nicht erreicht. | |
Adama Sawadogo, der aus Djibo im Norden stammt und seit Jahren aufgrund der | |
schlechten Sicherheitslage am Rande der Hauptstadt Ouagadougou lebt, sagt | |
der taz: „Das war eine Überraschung. Wir können nur hoffen, dass sich die | |
Situation verbessert. So viele Menschen wurden vertrieben. Das besorgt uns | |
alle. Egal, wer nun kommt, er muss Frieden bringen.“ Terrorgruppen haben | |
sich seit Ende 2015 vor allem aus Mali in Burkina Faso ausgebreitet. Mehr | |
als 1,9 Millionen Menschen sind auf der Flucht. | |
Richten soll das nun Ibrahim Traoré, über den bisher nicht viel bekannt | |
ist. Mehrfach wird er als „zurückhaltend“ beschrieben. Nach seinem Abitur | |
studierte der heute 34-Jährige an der Joseph-Ki-Zerbo-Universität in | |
Ouagadougou, gehörte der Vereinigung der muslimischen Studierenden an und | |
trat 2010 in die Armee ein. 2020 wurde er zum Hauptmann befördert. Bisher | |
war er Leiter der Spezialeinheit Cobra in der Region Kaya, die nördlich von | |
Ouagadougou liegt. | |
Genau das deutet darauf hin, dass es bei dem Coup wieder einmal vor allem | |
um Machtkämpfe innerhalb der Armee geht. Cobra war 2019 unter Ex-Präsident | |
Kaboré zur Anti-Terrorbekämpfung entstanden. Nach Informationen des | |
Magazins JeuneAfrique, das sich auf Militärkreise beruft, sollen die | |
Cobra-Mitglieder auf nicht gezahlte Prämien in Höhe von umgerechnet rund | |
9000 Euro pro Soldat*in warten. Wütend sei man auch deshalb, weil der | |
frühere Chef, [4][Emmanuel Zoungrana, seit Anfang Januar in Haft ist.] Er | |
wurde unter dem Verdacht, einen Staatsstreich gegen Kaboré anzuzetteln, | |
festgenommen. Zwei Wochen später wurde dieser tatsächlich ausgeführt, | |
allerdings von Damiba und dessen Unterstützer*innen. Der Prozess gegen | |
Zoungrana wurde vergangene Woche auf Ende Oktober verschoben. | |
Sein Name fiel auch bei Protesten am Freitagnachmittag in Ouagadougou, bei | |
denen hunderte Menschen seine Freilassung forderten. Es ist gut möglich, | |
dass diese eine gezielte Aktion der Putschist*innen waren. In sozialen | |
Medien sind außerdem Fotos und Videos zu sehen, die russische Flaggen | |
zeigen. Es heißt, dass die Demonstrant*innen eine engere Kooperation | |
mit Russland forderten. Frankreich solle sich indes aus der Region | |
zurückziehen. Proteste gegen die einstige Kolonialmacht hatten im | |
vergangenen Jahr außer in Mali auch in Burkina Faso zugenommen. Mehrfach | |
wurden Konvois der französischen Armee blockiert. | |
Der abgesetzte Damiba galt jedoch stets als jemand, der zuhört und sich | |
nicht kategorisch von Europa und vor allem Frankreich abgrenzte. Schon früh | |
wurde er als Gegenentwurf von Assimi Goïta bezeichnet, der seit dem Putsch | |
im Putsch im Mai 2021 an Malis Staatsspitze steht. Spätestens als im | |
September 2021 Verträge mit der russischen Wagner-Gruppe bekannt wurden, | |
war klar: Gespräche mit ihm sind schwierig bis unmöglich. Wie sich Traoré | |
künftig positioniert, ist noch nicht klar. „Wir warten auf Informationen“, | |
sagt auch Adama Sawadogo. | |
1 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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