# taz.de -- Neuer Militärmachthaber in Burkina Faso: Schon wieder ein Putsch | |
> Zum zweiten Mal in diesem Jahr erlebt Burkina Faso einen militärischen | |
> Staatsstreich. Dessen Befürworter treten prorussisch auf. | |
Bild: Ouagadougou am Sonntag: Unterstützer des neuen Putsches mit aufschlussre… | |
COTONOU taz | Nach dem [1][Umsturz am Wochenende] kehrt in Burkina Faso | |
langsam wieder etwas Ruhe ein. Militärmachthaber Paul-Henri Damiba, der | |
[2][erst Ende Januar durch einen Putsch an die Macht gekommen war] und | |
seinen Sturz durch unzufriedene Soldaten am vergangenen Freitag offenbar | |
erst nicht hinnehmen wollte, ist nach Gesprächen mit Kirchen, der | |
muslimischen Gemeinschaft sowie der Zivilgesellschaft am Sonntag formell | |
zurückgetreten. | |
Offiziell heißt es, er wolle weitere Konflikte vermeiden. Die | |
Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) begrüßte die „friedliche | |
Lösung“. | |
Mittlerweile hält sich Damiba im Nachbarland Togo auf. Sein Nachfolger, der | |
34-jährige Ibrahim Traoré, betonte, er wolle nicht dauerhaft an der Macht | |
bleiben. Möglicherweise könnten Wahlen bereits früher als geplant | |
stattfinden – spätestes Datum ist der 1. Juli 2024. | |
Der Putsch hatte [3][am frühen Freitagmorgen] begonnen. Stundenlang war | |
unklar gewesen, wie sich die Lage entwickelt. Noch am Samstag wurde in | |
Ouagadougou geschossen. Zunächst sprach der Generalstab der Armee von einem | |
„inneren Konflikt“, bis Verhandlungen zu einer Machtübergabe von Damiba an | |
Traoré führten. | |
## Ein Aufbegehren gegen Frankreich | |
In Burkina Faso wird der zweite Putsch in diesem Jahr vor allem als ein | |
Aufbegehren gegen Frankreich gewertet, die ehemalige Kolonialmacht, die in | |
Burkina Faso immer noch Spezialkräfte stationiert hat. | |
Demonstrant*innen zündeten am Sonntag Autoreifen vor der französischen | |
Botschaft an. Französische Geschäfte sowie das Sprachlern- und | |
Kulturzentrum Institut français in der zweitgrößten Stadt Bobo-Dioulasso | |
wurden ebenfalls angegriffen. | |
Die Kritik an der einstigen Kolonialmacht hatte im vergangenen Jahr stark | |
zugenommen. Als im September 2021 bekannt wurde, dass russische | |
Wagner-Söldner mit Malis Junta kooperieren, hieß es in Burkina Faso oft: | |
Das Nachbarland ist souverän, und der Westen hat sich nicht einzumischen. | |
Im November und Dezember wurden französische Militärkonvois, die über | |
Burkina Faso Rüstungsmaterial aus der Elfenbeinküste nach Niger bringen | |
sollten, tagelang blockiert. | |
Damiba galt bei seinem Putsch im Januar 2022 als Gegenentwurf zu [4][Malis | |
Militärherrscher Assimi Goïta] und als jemand, der gut mit Europa | |
zusammenarbeiten konnte. Das bestätigt die Aussage der Junta vom Samstag, | |
in der es heißt, Damiba habe in der französischen Militärbasis Kamboisin | |
nördlich von Ouagadougou Zuflucht gesucht, um eine Gegenoffensive zu | |
planen. Damiba und Frankreichs Außenministerium dementierten dies. | |
Zu hören ist außerdem der Vorwurf, Frankreich habe zu sehr diktiert, wie | |
Burkina Faso den Terrorismus bekämpfen müsse. Gespräche mit Terrorgruppen | |
hatte Ex-Präsident Kaboré offiziell stets abgelehnt. „Dabei sind es doch | |
unsere Brüder. Wir müssen das unter uns regeln“, sagt Prosper Nikiema, | |
Schulleiter am Stadtrand von Ouagadougou. | |
Nikiema spricht eine verbreitete Hoffnung aus: Es möge wieder jemand wie | |
der einstige Nationalheld Thomas Sankara an die Macht kommen. Der junge | |
Militärherrscher, der 1987 ermordet wurde, hatte in seinen Jahren an der | |
Macht deutlich die Einflussnahme des Westens auf Afrika kritisiert. In dem | |
[5][Prozess zur Aufklärung von Sankaras Ermordung] in den vergangenen | |
Monaten kam all dies erneut hoch. | |
Traoré hat die Gewalt gegen französische Einrichtungen mittlerweile | |
verurteilt und Frankreich als einen Partner wie jeder andere bezeichnet. | |
Als neuer Verbündeter wird Russland gehandelt. In sozialen Medien kursieren | |
Videos von Demonstrationen in Ouagadougou, in denen russische Flaggen zu | |
sehen sind. Leutnant Jean-Baptiste Kabré erklärte am Samstag, man müsse | |
sich „andere Partner“ suchen, ohne explizit Russland zu nennen. Eine | |
russische Militärmission war im Juli im Land. | |
3 Oct 2022 | |
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## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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