# taz.de -- Nürnberger Polizisten in der NS-Zeit: „Ganz normale Männer“ | |
> Vor 80 Jahren ermordeten Beamte die Einwohner des ukrainischen Dorfs | |
> Kortelisy. Dann räumen sie das Ghetto von Brest-Litowsk. Keiner kam vor | |
> Gericht. | |
Bild: Darija Alexandrovna Polivoda erlebte und überlebte das Grauen als kleine… | |
An einem der ersten Frühlingstage im März 1960 ist der Handelsvertreter | |
Ernst Wolfesmann (Name geändert) mit dem Auto nach Nürnberg unterwegs, um | |
dort einen Stadtbummel zu unternehmen, als ihn plötzlich heftiges | |
Darmzwicken überfällt. Er muss so dringend auf die Toilette, dass er seinen | |
Wagen in aller Eile im Parkverbot abstellt. Als ihm die Polizei deshalb | |
einen Strafzettel ausstellt, schreibt der Kaufmann einen wütenden Brief an | |
den Nürnberger Oberbürgermeister und den Polizeipräsidenten. Darin | |
rechtfertigt er seinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung mit dem | |
Hinweis, ein nervöser Darm nötige ihn zu häufigen und unverzüglichen | |
Stuhlgängen. Dieses Leiden habe er sich im Krieg gegen Russland zugezogen, | |
nachdem er als Reservist zur Polizeikompanie Nürnberg eingezogen worden | |
sei. | |
Und dann führt Wolfesmann aus, was diese Kompanie im Ostfeldzug gemacht | |
hat: Sie habe im Raum Brest-Litowsk Kriegsverbrechen verübt und dabei | |
„Tausende von Frauen, Kindern und Greisen teilweise bestialisch ermordet“. | |
Was den Handelsvertreter zu diesem Bekenntnis gebracht hat, ist unklar. | |
Vorsorglich weist er aber darauf hin, dass er selbst nie geschossen habe, | |
da er „ein sehr weicher Mensch“ sei. Die Kriminalpolizei nimmt das | |
Schreiben zum Anlass, unverzüglich Mordermittlungen gegen ehemalige | |
Angehörige der besagten Einheit aufzunehmen. | |
Kriegsverbrechen, Massaker, Vernichtungskrieg – diese Vokabeln sind seit | |
dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine wieder erschreckend | |
aktuell. Die Region ist seit mehr als einem Jahrhundert immer wieder | |
Schauplatz furchtbarer Verbrechen geworden. Die schrecklichsten wurden von | |
Deutschen verübt. Genau 80 Jahre sind vergangen, seit deutsche Truppen das | |
Ghetto der belarussischen Stadt Brest-Litowsk im Grenzgebiet zu Polen und | |
der Ukraine eliminierten und tausende Jüdinnen und Juden ermordeten. Zu den | |
Tätern gehörte auch eine Nürnberger Polizeikompanie – ganz normale | |
Schutzpolizisten, die zuvor schon mitgeholfen hatten, ukrainische Dörfer | |
auszulöschen. | |
In ihrer Heimatstadt Nürnberg wurden diese Verbrechen bislang kaum zur | |
Kenntnis genommen, der Aufarbeitungsprozess hat gerade erst begonnen. | |
Keiner der Täter ist je zur Rechenschaft gezogen worden. | |
## „Bekämpfung von Partisanen“ | |
Die Polizeikompanie Nürnberg wurde im August 1941, kurz nach dem Überfall | |
der Wehrmacht auf die Sowjetunion, aufgestellt. Sie bestand aus rund 120 | |
Polizeibeamten aus Nürnberg und der Nachbarstadt Fürth sowie aus | |
Reservisten und wurde im September nach Brest-Litowsk verlegt. Dort | |
unterstand sie dem SS- und Polizeiführer für Wolhynien und wurde zu | |
Objektbewachung sowie zur „Bekämpfung von Partisanen“ eingesetzt – im | |
sogenannten Bandenkrieg, den die deutschen Besatzer zum Anlass für | |
unzählige Massaker nahmen. | |
Bei seiner Vernehmung durch die Kripo nennt Wolfesmann die Orte, an denen | |
er und seine Kameraden gewütet haben, und auch die Namen der Männer. Obwohl | |
er seine Anschuldigungen später relativiert und sich plötzlich nicht mehr | |
an die Geschehnisse erinnern will, übernimmt die Staatsanwaltschaft | |
Nürnberg das Verfahren. Doch am Ende läuft es wie bei so vielen anderen | |
Ermittlungen der damaligen Zeit gegen NS-Verbrecher: Die Untersuchung zieht | |
sich stolze zwölf Jahre lang hin, um dann endgültig eingestellt zu werden. | |
Begründung: Kein „hinreichender Tatverdacht“ gegen konkrete Beschuldigte. | |
Eines aber ist nach den Ermittlungen unzweifelhaft bewiesen: Die | |
Polizeikompanie Nürnberg war an zahlreichen Kriegsverbrechen in der | |
Sowjetunion beteiligt. So halfen die fränkischen Polizeibeamten vor genau | |
80 Jahren, am 15.Oktober 1942, die etwa 15.000 Jüdinnen und Juden, die im | |
Ghetto von Brest-Litowsk zusammengepfercht waren, zu ermorden. Nur wenige | |
Wochen zuvor hatten sie das kleine ukrainische Dorf Kortelisy ausgelöscht. | |
Fast alle Bewohner wurden von den Schutzpolizisten liquidiert. | |
„Das waren keine Bestien, das waren ganz normale Bürger, Polizisten mit | |
Familien und allem drum und dran“, sagt der Historiker Eckart | |
Dietzfelbinger, der lange als wissenschaftlicher Mitarbeiter am | |
Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg gearbeitet hat. | |
Viele der Täter seien durch den Ersten Weltkrieg geprägt worden. „Es war | |
eine Generation, die eine nationalistische, völkische Gesinnung hatte, die | |
stark antisemitisch war. Und sie waren überzeugt, dass sie Befehle | |
auszuführen hatten.“ | |
## Die Berichte der Augenzeugen | |
„Es war am frühen Morgen, meine Mutter weckte mich und schrie: Die | |
Deutschen sind im Dorf. Unser Dorf ist umzingelt.“ Darija Alexandrovna | |
Polivoda ist eine der wenigen Einwohner von Kortelisy, die das Massaker vom | |
23. September 1942 überlebt haben. Sie ist damals gerade einmal zehn Jahre | |
alt. Jahrzehnte später erzählt sie ihre Geschichte Nürnberger Historikern, | |
die sie Ende der 1990er Jahre in dem kleinen Bauerndorf im Nordwesten der | |
Ukraine aufsuchen. „In den anderen Häusern schrien Leute:,Sie töten uns!' | |
Sie holten die Leute aus den Häusern. Ich versuchte immer durch das Fenster | |
zu schauen, ich war noch ein kleines Kind. Ich bin dann später hingerannt, | |
und ich sah blutüberströmte Leichen, aufgereiht Kopf an Kopf.“ | |
Innerhalb weniger Stunden ermorden die Deutschen fast 2.900 Menschen. Heute | |
sind die meisten der überlebenden Zeitzeugen verstorben, doch in Kortelisy | |
ist der Massenmord bis heute präsent. Es existiert ein Mahnmal und ein | |
Museum, das jahrelang von Maria Jaroschuk geleitet wurde. „Bis 16 Uhr | |
dauerte das Morden. Die Überlebenden berichten, dass es anfing zu regnen. | |
Es sah so aus, als ob der Himmel über das Schicksal der Menschen weinte“, | |
erzählt Jaroschuk. „Nachdem die Hitleristen unser Dorf ausgeplündert und | |
alles mitgenommen hatten, was sie tragen konnten, zündeten sie das Dorf | |
an.“ | |
Agawija Iwanowna Sachatschuk ist 22, als die Deutschen kommen. Wie die | |
allermeisten Einwohner arbeitet sie in der Landwirtschaft. Während des | |
Massakers versteckt sie sich im Kuhstall. „Wir sahen einige Leichen | |
verstreut herumliegen. Diese Menschen wurden bei dem Versuch zu fliehen | |
erschossen. Die meisten Leichen lagen aber auf einem Haufen. Wir hatten | |
schreckliche Angst hinzugehen, aber wir mussten hingehen, denn es waren | |
unsere Angehörigen. Wir haben Erde auf die Gräber geworfen, doch das Blut | |
quoll aus der Erde hervor.“ | |
Warum dieser Massenmord? Welchen Zweck verfolgen die Deutschen damit, | |
tausende Menschen, Männer, Frauen, Greise, Kinder niederzumetzeln? Und das | |
alles nicht etwa spontan und willkürlich, sondern systematisch und minutiös | |
geplant. Einen Tag vor dem Massaker ist der Einsatzbefehl ergangen: | |
„Kompanie Nürnberg vernichtet Kortelisy“, heißt es darin. Und weiter: „… | |
4.35 Uhr ist die Ortschaft umstellt. Beginn des Unternehmens 5.30 Uhr.“ | |
Kortelisy ist kein Einzelfall, betont der Historiker Eckart Dietzfelbinger. | |
Insgesamt hätten die Deutschen in der damaligen Sowjetunion rund 70.000 | |
Dörfer vernichtet. „Der Krieg im Osten war ein Rassekrieg, ein | |
Vernichtungskrieg. Es gab zwei Zielgruppen vom Menschen, die man | |
liquidieren wollte: Das eine waren die Politkommissare und Partisanen, das | |
andere war die jüdische Bevölkerung.“ | |
Jüdinnen und Juden gibt es im September 1942 längst keine mehr in | |
Kortelisy, sie sind schon ein Jahr zuvor von den Deutschen in das Ghetto | |
von Ratno deportiert und umgebracht worden. Nun werden die nichtjüdischen | |
Bewohner verdächtigt, die Partisanen zu unterstützen, die sich in den | |
ukrainischen und weißrussischen Wäldern und Sümpfen verbergen und den | |
Deutschen durch Überfälle und Sabotageakte das Leben schwer machen. „In | |
meiner Familie gab es keine Partisanen, wir waren ganz einfache Leute, wir | |
waren Bauern und arbeiteten auf den Feldern“, betont die Überlebende | |
Agawija Iwanowna Sachatschuk, die Familienangehörige bei dem Massaker | |
verloren hat. „Wir haben auch die deutschen Befehle befolgt. Und dann kamen | |
sie und haben uns alle erschossen.“ | |
Die deutschen Schutzpolizisten metzeln auch Kinder gnadenlos nieder: In | |
Kortelisy sind es mehr als 1.600. | |
## Die Räumung des jüdischen Ghettos | |
Brest-Litowsk am 15. Oktober 1942, rund drei Wochen nach der Vernichtung | |
von Kortelisy. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, die Bewohner des | |
Ghettos schlafen noch, als plötzlich scharfe militärische Kommandos die | |
kühle Herbstluft durchschneiden. Unter Leitung des Majors der Schutzpolizei | |
Rohde riegeln rund 1.000 Mann das Ghetto ab. Neben der Polizeikompanie | |
Nürnberg sind auch Angehörige des III. Polizeiregiments 15 und der 48. | |
motorisierten Polizeikompanie sowie sogenannte Schutzmannschaften | |
beteiligt. | |
Sie durchkämmen systematisch die Wohnungen und treiben die Juden ohne | |
Rücksicht auf Alter, Gesundheitszustand oder Geschlecht auf die Straßen. | |
Wer Widerstand leistet, wird sofort erschossen. Der Lärm des Gewehrfeuers | |
ist in der ganzen Stadt zu hören. Die Männer, Frauen und Kinder werden aus | |
den Häusern geschleppt, zum Bahnhof getrieben, in bereitstehende | |
Viehwaggons gepfercht oder auf LKWs verladen und zu einer | |
Massenexekutionsstätte bei Bronnaja Gora etwa 110 Kilometer östlich von | |
Brest transportiert. | |
Was dort passiert, beschreibt Jahre später eine sowjetische | |
Untersuchungskommission: „Die Todgeweihten wurden durch einen engen Gang | |
aus Stacheldraht zu den Gruben geführt. Sie mussten auf Leitern in die | |
Gruben hinabsteigen und sich, mit dem Gesicht zur Erde, dicht nebeneinander | |
legen. Nachdem eine erste Reihe den Boden der Grube bedeckt hatte, wurden | |
sie von den Deutschen in den Uniformen des SD und der SS mit | |
Maschinenpistolen erschossen. Dann wurde eine zweite und dritte Reihe | |
aufgeschichtet und so weiter, bis die Grube gefüllt war.“ | |
An diesen grausamen Erschießungen ist die Nürnberger Kompanie wohl nicht | |
beteiligt, aber sie leistet die Vorarbeit. Das Landeskriminalamt | |
Baden-Württemberg kommt knapp zwei Jahrzehnte später zu dem Ergebnis, dass | |
die Polizisten aus Franken bis auf wenige Ausnahmen „bei der Räumung des | |
Ghettos, teilweise zur Außenabsperrung und innerhalb des Lagers, beim | |
Herausholen der Juden aus ihren Wohnungen, eingesetzt“ waren. | |
## Die Ermittlungen in den 1960er Jahren | |
Das LKA in Stuttgart leitet Anfang der 1960er Jahre ein Verfahren wegen der | |
„Ghettoräumung“ in Brest-Litowsk ein und vernimmt die Nürnberger | |
Polizisten: Die meisten bestreiten vehement, an der Liquidation des Ghettos | |
teilgenommen zu haben. So etwa der Polizeibeamte Friedrich Sch., der nach | |
dem Krieg zum stellvertretenden Leiter der Stadtpolizei in Fürth | |
aufgestiegen ist. In seiner Vernehmung zum Massenmord von Brest-Litowsk | |
tischt er den Ermittlern dieselbe Geschichte auf wie zahlreiche andere | |
Beschuldigte: Er sei in der fraglichen Zeit auf Heimaturlaub gewesen. Dass | |
seine Kompanie an der Ghettoräumung beteiligt war, will Friedrich Sch. erst | |
nach dem Krieg erfahren haben. Diese hanebüchene Darstellung erscheint | |
sogar den LKA-Ermittlern unglaubhaft: „Es ist anzunehmen, dass er durch | |
seine Aussagen sämtlichen Unannehmlichkeiten aus dem Weg [gehen] und auch | |
aus diesem Grunde von nichts wissen oder gehört haben will“, heißt es in | |
einem Bericht. | |
Auch diejenigen Nürnberger Polizisten, die sich nicht auf einen angeblichen | |
Heimaturlaub berufen, erzählen teils aberwitzige Geschichten. So wie | |
Polizeiobermeister Ludwig P., der zugibt, während der Räumungsaktion kurz | |
im Ghetto gewesen zu sein. In dieser Zeit will er jedoch nicht gesehen | |
haben, „dass es zu irgendwelchen Ausschreitungen oder Misshandlungen, | |
geschweige denn Erschießungen gekommen ist“. | |
Ähnlich abstrus sind die Aussagen der selben Polizisten in den etwa | |
zeitgleichen Vernehmungen zum Massaker von Kortelisy. Diese Untersuchung | |
wird von der Nürnberger Polizei geführt, die nun gegen ihre eigenen | |
Kollegen ermittelt und sie entsprechend mit Samthandschuhen anfasst. Als | |
Ludwig P. in seiner Vernehmung gefragt wird, ob ihm irgendwelche | |
willkürlichen Erschießungen bekannt geworden seien, antwortet er dreist: | |
„Ich habe nie solche Vorfälle erlebt, obwohl ich fast täglich unterwegs war | |
und zu den einzelnen Stützpunkten gekommen bin, ist mir kein solcher | |
Vorfall zu Ohren gekommen. Ich möchte dazu noch sagen, dass die | |
Polizeieinheit bei der einheimischen Bevölkerung gut angesehen war.“ | |
Für den Nürnberger Historiker Eckart Dietzfelbinger ist klar: „Die haben | |
alles abgestritten, die haben gelogen, dass sich die Balken gebogen haben. | |
Keiner hat's gesehen, keiner war dabei, keiner hat geschossen.“ Und das | |
Lügen wird den Tätern leicht gemacht. Obwohl die Ermittler sowohl im Fall | |
Brest-Litowsk als auch im Fall Kortelisy zu dem Ergebnis kommen, dass die | |
Nürnberger Polizeikompanie daran maßgeblich beteiligt war, wird keinem der | |
Beschuldigten eine konkrete Straftat nachgewiesen. Wobei die deutsche | |
Justiz es damals, in der Hochphase des Kalten Krieges, ausdrücklich | |
ablehnt, ein Rechtshilfeersuchen an die sowjetischen Behörden zu stellen. | |
So bleiben die Mörder aus Nürnberg allesamt unbehelligt. | |
Ganz normale Ordnungspolizisten, die in den Osten geschickt und dort zu | |
Massenmördern werden – und nach dem Krieg einfach zurückkehren, um wieder | |
als Polizisten zu arbeiten und Karriere zu machen. Eine Geschichte, aus der | |
man viel lernen könnte über Indoktrination und Verführbarkeit in einem | |
totalitären System, auch über gesellschaftliches und individuelles | |
Verdrängen und Abspalten – oder über das Versagen von Politik und Justiz | |
bei der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Menschheitsverbrechen. | |
Gerade in einer Stadt wie Nürnberg, die sich als Konsequenz aus ihrer | |
unrühmlichen Geschichte heute als „Stadt des Friedens und der | |
Menschenrechte“ bezeichnet und mit einem Dokumentationszentrum an die | |
Nazi-Zeit erinnert. | |
Nürnberg ist eben nicht nur der Ort, wo die NSDAP ihre Reichsparteitage | |
abhielt und ihre Rassengesetze verkündete und wo das alliierte | |
Kriegsverbrechertribunal nach 1945 zahlreiche NS-Täter aburteilte. Von | |
Nürnberg aus zogen auch einfache Polizisten los, um ungestraft tausende | |
Menschen zu massakrieren. Das aber ist bis heute in der Stadt kaum bekannt, | |
kritisiert Eckart Dietzfelbinger. Und dies, obwohl Nürnberger Journalisten | |
schon 1998 eine Fernsehdokumentation für einen regionalen Sender erstellten | |
und auch die [1][taz] damals berichtete. | |
Auch Dietzfelbinger hat sich in seiner Zeit als wissenschaftlicher | |
Mitarbeiter im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände immer wieder | |
dafür eingesetzt, auch dieses Kapitel der Nürnberger Geschichte zu | |
beleuchten – ohne Erfolg. „Es ist bis heute nicht in den Köpfen der | |
Verantwortlichen. Und das ist sehr bedrückend“, bedauert der Historiker. | |
„Es wäre längst überfällig, dass eine Delegation der Stadt Nürnberg | |
Kortelisy besucht, sich entschuldigt und ihnen eine Kooperation anbietet.“ | |
## Die späte Erinnerung | |
Immerhin scheint nun nach 80 Jahren Bewegung in die Sache zu kommen. Die | |
Pressestelle des Oberbürgermeisters erklärte auf Anfrage der taz | |
schriftlich: „Die Auslöschung des Dorfes Kortelisy und seiner Bevölkerung | |
(sowie die,Räumung' des Ghettos Brest-Litowsk) sind zwei Verbrechen der | |
Polizeikompanie Nürnberg, die zweifellos, gerade in Nürnberg, der | |
Erinnerung wert sind.“ | |
In der neuen Dauerausstellung für das Dokumentationszentrum | |
Reichsparteitagsgelände, die gerade konzipiert wird, soll das Thema | |
Polizeikompanie mit einbezogen werden, verspricht Kuratorin Nina Lutz: „Ich | |
habe es mir ganz groß auf einen Zettel geschrieben, auf jeden Fall Kontakt | |
mit dem Museum in Kortelisy aufzunehmen.“ Bei der Polizei ist man offenbar | |
schon weiter. „Die Kriegsverbrechen der Polizei in der NS-Zeit stellen ein | |
wichtiges Thema im Rahmen der Polizeiausbildung dar“, betont der | |
Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mittelfranken, Markus Feder, gegenüber | |
der taz und versichert: Dabei kämen auch die Verbrechen der Polizeikompanie | |
Nürnberg zur Sprache. | |
13 Oct 2022 | |
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