| # taz.de -- Naziverbrecher in der Familie: Mörder oder Mitläufer? | |
| > Was hat der eigene Vater während der Nazizeit gemacht? Zwei Brüder haben | |
| > darauf eine Antwort gefunden – jeder seine eigene. | |
| Bild: Hans Zettel währender Nazi-Zeit | |
| Es beginnt mit einem immer wiederkehrenden Albtraum: Peter Zettel befindet | |
| sich in einem sterilen Sanitätsraum, die Wände sind kahl und weiß. Der | |
| gesamte Boden ist mit Fäkalien übersät, die immer mehr zur Decke | |
| hinaufsteigen. Kurz bevor Zettel in diesen ertrinkt, wacht er auf. Peter | |
| Zettel weiß nicht, was dieser Traum zu bedeuten hat, doch er hat ein | |
| starkes Gefühl, dass die Sequenzen mit der Vergangenheit seines Vaters | |
| zusammenhängen. Er wird für Zettel der Anstoß, mehr über ihn zu erfahren. | |
| Von seinem Vater weiß er wenig. Mit 14 landete der Sohn auf einem Internat, | |
| mit Anfang 20 brach er den Kontakt zu seiner Familie ab. Er weiß nur, dass | |
| der Vater in der Nazizeit als Arzt tätig war. | |
| Heute glaubt Zettel, er habe schon als Teenager gespürt, dass etwas nicht | |
| stimmt. Dass seine Eltern ihm etwas aus ihrer Vergangenheit verheimlichten. | |
| Ihr Narrativ war das Schweigen, wie er selbst sagt. Dieses Schweigen wollte | |
| er brechen. | |
| Vor zwei Jahren beginnt der heute 71-jährige Sohn eine Spurensuche. Sie | |
| lässt ihn bis heute nicht los. Er wühlt sich durch Dokumente, spricht mit | |
| Wissenschaftlern und Historikern. So findet er heraus, dass sein Vater, | |
| Hans Zettel, ein ranghoher Nazi war. Dass er ab 1943 eng mit dem KZ-Arzt | |
| [1][Paul Rostock] zusammenarbeitete. Auch mit Hitlers Leibarzt Karl Brandt | |
| war er bekannt. | |
| Dieser [2][Karl Brandt] gilt als einer der Hauptverantwortlichen für die | |
| [3][Krankenmord-Aktion T4], verharmlosend „Euthanasie“ genannt, bei der ab | |
| 1940 Menschen mit Behinderungen sowie psychisch Kranke ermordet wurden. | |
| Mehr als 70.000 Menschen in Deutschland fielen ihr zum Opfer. Brandt und | |
| Rostock waren auch an medizinischen Menschenversuchen in | |
| Konzentrationslagern beteiligt. So leitete Brandt etwa Versuche an | |
| KZ-Häftlingen in Dachau, bei denen Menschen vorsätzlich mit Malaria | |
| infiziert wurden. Hunderte starben. Rostock wiederum war in Hungerversuche | |
| an KZ-Häftlingen in Natzweiler-Struthof involviert. | |
| Rostock und Brandt waren eng miteinander verbunden. Karl Brandt wurde im | |
| Rahmen der Nürnberger Ärzteprozesse 1947 zum Tode verurteilt und im | |
| Folgejahr hingerichtet, Paul Rostock freigesprochen. | |
| ## Die ungleichen Brüder | |
| Über seine Recherchen kommt Zettel wieder mit seinen Bruder Wolfgang ins | |
| Gespräch. Dieser trägt in Wahrheit einen anderen Namen, er möchte aber | |
| nicht mit den Vorwürfen seines Bruders in Verbindung gebracht werden. Fast | |
| 50 Jahre lang hatten die beiden kaum Kontakt miteinander. Eine schwierige | |
| Beziehung zur Mutter war der Grund. „Unsere Mutter mochte immer nur einen | |
| von uns beiden: entweder ihn oder mich“, sagt Peter Zettel. Aber es sei | |
| auch eine unterschiedliche Sicht auf die Welt gewesen, welche die Brüder | |
| getrennt habe. „Davor hat er immer gesagt, man kann mit mir überhaupt nicht | |
| reden“, erzählt Wolfgang bei einem Telefongespräch. | |
| Die Brüder fahren gemeinsam in den Urlaub, machen eine Motorradtour. Sie | |
| diskutieren, sprechen über ihre Kindheit und den Nationalsozialismus. In | |
| ihren Gesprächen streiten sie sich immer wieder darüber, was ihr Vater | |
| verbrochen hat. | |
| Die Geschichte des Vaters Hans Zettel ist eine über die Frage der | |
| individuellen Verantwortung im Nationalsozialismus und dem Umgang mit der | |
| eigenen Familienbiografie. Es sind Fragen, die sich in unzähligen Familien | |
| in Deutschland stellen. Denn die eigenen Eltern schwiegen oft über ihre | |
| Vergangenheit. Und nur wenige Kinder und Enkel trauten sich, unangenehme | |
| Fragen zu stellen. Peter Zettel kann das schon lange nicht mehr. Sein Vater | |
| starb vor dreiunddreißig Jahren. Deshalb hat er versucht, die Fragen selbst | |
| zu beantworten. | |
| ## Die Eltern erscheinen wie zwei Fremde | |
| „Ich hatte das Gefühl, dass ich die Schuld meines Vaters auf mir trage“, | |
| sagt Peter Zettel. Der 71-Jährige ist groß und schlank, trägt eine schwarze | |
| Brille und sitzt in seinem Kaminzimmer in im oberfränkischen Forchheim. An | |
| der Wand reihen sich Bücher über chinesische Zen-Kultur neben | |
| Hitler-Biografien. Er ist sich sicher, dass sein Vater Täter im | |
| Nationalsozialismus war. Erzählt Peter Zettel von seinen Eltern, klingt es, | |
| als spricht er von zwei Fremden. Seine Stimme ist distanziert und kühl, | |
| wenn er schildert, dass sie lediglich eine formale Beziehung unterhielten. | |
| Seinen Vater habe er als Kind so gut wie nie gesehen. Als er aus der Schule | |
| kam, habe sich dieser gerade für seinen Mittagsschlaf hingelegt. | |
| Spätnachmittags ging er wieder zurück in die Klinik und kam erst spätabends | |
| wieder, als der Sohn schon schlief. | |
| Aus den Erzählungen seines Bruders ergibt sich ein ganz anderes Bild vom | |
| Vater. „Mein Vater war ein absolutes Vorbild für mich“, sagt er. Auch er | |
| nahm ihn als distanziert wahr, beschreibt ihn aber als einen „akzeptablen“ | |
| Vater. Seine Stimme klingt weicher, wenn er von ihm erzählt. Für ihn war er | |
| ein anerkannter und ehrgeiziger Mediziner, der nur Karriere machen wollte | |
| und deswegen für Hitlers Ärzteschaft arbeitete. Man merkt schnell, dass die | |
| beiden Brüder die Vergangenheit ihres Vaters unterschiedlich lesen. | |
| Für den einen ist der Vater ein Mörder, für den anderen lediglich ein | |
| Mitläufer. Doch wer hat recht? Und lässt sich das überhaupt beantworten? | |
| Dafür lohnt es sich einen Blick in die Recherchen von Peter Zettel zu | |
| werfen. Über das Dokumentationszentrum in Nürnberg bekam er die Unterlagen | |
| zu den Nürnberger Ärzteprozessen von 1946 und 1947. | |
| ## Entlastungszeuge im NS-Ärzteprozess | |
| Dort ist auch von einem Hans Zettel die Rede. Dieser entlastet in einer | |
| Vernehmung Paul Rostock bei dem Prozess. Darin bestreitet der Vater, dass | |
| Rostock etwas von den Menschenversuchen in den Konzentrationslagern gewusst | |
| habe. Und er beschreibt ihn als einen geschätzten, ambitionierten Kollegen, | |
| mit dem er gerne zusammengearbeitet habe. | |
| „Er war wie ein Vater für ihn“, sagt Peter Zettel über die Beziehung | |
| zwischen den beiden. Von Onkel Paul war zu Hause immer die Rede. Dass er | |
| für ihn aussagte, ist für den Sohn deshalb auch ein Freundschaftsbeweis. In | |
| wieweit die Aussage das Urteil beeinflusst hat, lässt sich schwer sagen. | |
| Aber sie hat einen Teil dazu beigetragen, dass Rostock davonkam und nach | |
| dem Prozess sogar weiter als Arzt praktizieren durfte. | |
| Für seinen Bruder ist der Nürnberger Ärzteprozess dagegen der Beweis dafür, | |
| dass sein Vater nichts von den Experimenten in den Konzentrationslagern | |
| wusste. „Sonst hätte er sich niemals als Zeuge zur Verfügung gestellt“, | |
| sagt der 79-Jährige. Als naiv beschreibt er das Verhalten seines Vaters, | |
| überhaupt auszusagen. Seinem Ruf als Mediziner habe er damit geschadet. | |
| Beide Brüder verfügen über die gleichen Fakten, doch obwohl gut | |
| dokumentiert, ist die Vergangenheit des Vaters eben auch lückenhaft. Die | |
| Frage der Schuld lässt sich nicht klar beantworten. Die Verwicklung der | |
| eigenen Familie in der NS-Zeit wird meist von Familienmitglied zu | |
| Familienmitglied weitererzählt. Es ist keine offizielle Geschichte, sondern | |
| eine private. Das macht die Erinnerung daran so schwer. Eine [4][Studie] | |
| ergab, dass in deutschen Familien vor allem Geschichten von Opfern und | |
| Helfer:innen weitergegeben werden. Die Hälfte der Befragten geht zudem | |
| davon aus, dass ihre Vorfahren weder Mitläufer:innen noch | |
| Täter:innen waren. Unschuldige halt. | |
| Oft erfahrend die Kinder nur vage Fakten aus der Vergangenheit ihrer | |
| Eltern. Es ist einfacher zu verdrängen und zu verharmlosen, was damals | |
| wirklich geschah. Die Kinder machen sich dann ihr eigenes Bild. Die Eltern | |
| werden zu harmlosen Zeitgenossen. Für Wolfgang ist der Vater nur ein | |
| ambitionierter Arzt gewesen, der nichts von den Machenschaften seiner | |
| Kollegen wusste. | |
| Trotzdem hat sich auch Zettels Bruder Fragen gestellt: Als sein Vater noch | |
| lebte, sprach er mit ihm immer wieder über die [5][Nürnberger | |
| Ärzteprozesse]. Er wollte von ihm erfahren, ob er wusste, für welche | |
| Verbrechen Vaters enger Freund Paul Rostock verantwortlich gewesen war. Wie | |
| schon in seiner Aussage im Nürnberger Ärzteprozess bestritt der Vater jedes | |
| Wissen. Er erzählte ihm nur von einem Metallschrank in Rostocks Büro, der | |
| immer verschlossen gewesen sei. | |
| Liest man Zettels Zeugenaussage aus dem Prozess, ist von diesem Schrank | |
| keine Rede. Sein Vater habe gewusst, dass für die Experimente KZ-Häftlinge | |
| ausgenutzt worden sind, glaubt der Sohn Wolfgang heute. Doch dass er in den | |
| Nürnberger Ärzteprozessen womöglich gelogen hat, mache ihn nicht gleich zu | |
| einem Mörder. „Dass mein Vater wissentlich Leute umgebracht hat, das glaube | |
| ich wirklich nicht“, sagt er. | |
| Wo fängt Tätersein an und wo hört es auf? Dass Hans Zettel sich nicht ganz | |
| klar von seinen Kollegen distanzierte, macht ihn zu einem Mitläufer. Doch | |
| auch sie trugen Verantwortung in dem menschenverachtenden System der | |
| Nationalsozialisten. Ohne sie hätte die Mordmaschine nicht funktioniert. Es | |
| konnten nicht alle Opfer sein. Ein System, von dem auch Hans Zettel | |
| profitierte. | |
| Neben den Dokumenten, die der Sohn Peter Zettel über die letzten Jahre | |
| angesammelt hat, gibt es auch zahlreiche Fotos von seinem Vater mit Karl | |
| Brandt und Paul Rostock. Fotos von den Medizinern, wie sie in einer Kneipe | |
| mit einem Bier in der Hand sitzen. Aber auch Familienbilder aus dem Urlaub, | |
| auf denen man ein glückliches, junges Pärchen am Strand mit einer Kugel Eis | |
| in der Hand sieht. Hans Zettel bewegte sich in elitären Kreisen der | |
| Ärzteschaft unter den Nazis. | |
| Das Schweigen über die eigene Familienbiografie hinterlässt Spuren. Denn es | |
| sind oft die Kinder, die die Schuld weitertragen. So ist es auch bei Peter | |
| Zettel. Der Sohn hat das unbestimmte Gefühl, dass er das Verhalten seines | |
| Vaters jahrelang unreflektiert übernommen hat. „Ich habe das | |
| nationalsozialistische Denken selbst auch verinnerlicht“, sagt er. Fragt | |
| man ihn, was er damit meint, dann ist vor allem von einer gewissen Arroganz | |
| die Rede, die er von seinem Vater übernommen habe. Das Gefühl, etwas | |
| Besseres zu sein, mehr Rechte zu haben als andere. Zettel erinnert sich an | |
| seine Zeit als Rechtsanwalt, als er unschuldige Leute verklagte, nur um | |
| sich einen eigenen Vorteil zu verschaffen. | |
| Wolfgang hält die Interpretation seines Bruders für übertrieben. Er glaubt | |
| nicht daran, dass bestimmte Verhaltensweisen oder Ideologien vererbt werden | |
| können. „Mein Bruder kannte meinen Vater gar nicht“, sagt er. In Gespräch… | |
| mit Peter Zettel habe er gemerkt, dass dieser sich gar nicht an viele | |
| Episoden der gemeinsamen Kindheit erinnern kann. Im Gegensatz zu Peter | |
| hatte Wolfgang ein enges Verhältnis zu den Eltern. Über die NS-Zeit habe | |
| sein Vater wenig geredet, nur immer wieder betont, was für ein schönes | |
| Leben sie in Berlin geführt hätten. | |
| Wenn Wolfgang über die Vergangenheit spricht, dann gewinnt man den | |
| Eindruck, als wolle er seinen Vater verteidigen. „Die Deutschen haben so | |
| viel Dreck am Stecken, ich will nichts beschönigen, ich finde es grausam, | |
| aber das auf alle zu projizieren, finde ich falsch“, sagt er. Damit steht | |
| er nicht allein. Die Geschichte der Eltern zu entschuldigen, ist manchmal | |
| einfacher, als die Schuld anzuerkennen. Denn Menschen, die man liebt, | |
| Schuld zuzuweisen, fällt schwer. | |
| Wie schwer das ist, spürt man bei Zettel: „Es nimmt einem wirklich den | |
| Boden unter den Füßen weg zu erfahren, dass der Vater ein Mörder war“, sagt | |
| er, während seine Stimme abbricht. Unter Tränen verlässt er kurz den Raum. | |
| Trotz der Distanziertheit und Kühle habe er seinen Vater geliebt, sagt der | |
| Sohn. Informationen über seine Machenschaften in der NS-Zeit zu erfahren, | |
| sei deshalb schmerzhaft. | |
| Das merkt man, wenn Peter Zettel von der Vergangenheit erzählt. Er springt | |
| von einer Jahreszahl in die nächste. In einem Satz ist von den Nürnberger | |
| Ärzteprozessen die Rede, in einem anderen vom Konzentrationslager in | |
| Neuengamme. Es ist nicht einfach, ihm inhaltlich zu folgen. Noch hat er | |
| nicht alle Dokumente sortiert. Ordnung in die Unterlagen zu bringen, wühlt | |
| ihn emotional auf und ist deshalb eine Mammutaufgabe für ihn. Die | |
| Vergangenheit lastet auf seinen Schultern. | |
| Besonders eine Geschichte lässt ihn nicht mehr los. Es ist jene, die ihm | |
| beweist, dass sein Vater ein Mörder war. Sein Bruder sieht das ganz anders. | |
| ## Menschenversuche mit chemischem Kampfstoff | |
| Ab 1943 arbeitete seine Vater gemeinsam mit Paul Rostock und Karl Brandt am | |
| Amt für Wissenschaft und Forschung in Berlin. 1944 war die Aufgabe der | |
| Behörde, kriegswichtige Forschungsvorhaben von der SS und der | |
| Pharmaindustrie in Deutschland zu dokumentieren. Dazu zählte auch die | |
| Planung, Koordination und Umsetzung von Menschenversuchen. | |
| Eines dieser Forschungsvorhaben waren Menschenversuche mit dem Kampfstoff | |
| Lewisit im Konzentrationslager Neuengamme im Jahr 1944. Dabei mussten 150 | |
| Häftlinge Wasser trinken, das zunächst mit dem chemischen Kampfstoff | |
| Lewisit verseucht und danach wieder entgiftet worden war. Das erfährt Peter | |
| Zettel von [6][Florian Schmaltz], einem Historiker, der zu Kampfstoffen im | |
| Zweiten Weltkrieg forscht. „Ziel der Versuche war es, die Wirksamkeit der | |
| Reinigungsmethode nachzuweisen, damit die Wehrmacht im Falle eines | |
| Chemiewaffeneinsatzes verseuchtes Trinkwasser zur Truppenversorgung | |
| entgiften konnte“, sagt er. Von Schmaltz erfährt der Sohn auch, dass sein | |
| Vater an jener Forschung beteiligt war. Aber der Historiker betont, dass | |
| man heute nicht sagen könne, ob dabei Menschen wirklich zu Schaden gekommen | |
| sind. | |
| Peter Zettel telefoniert mehrmals mit Schmaltz, will wissen, in wie weit | |
| sein Vater in die Versuche involviert war. Eine genaue Auskunft kann der | |
| Historiker ihm nicht geben, sein Vater hatte damals nur eine administrative | |
| Tätigkeit ausgeübt. Es könnte sein, dass das Forschungsvorhaben lediglich | |
| über seinen Schreibtisch wanderte und er dieses dokumentierte. Es gebe | |
| keine Beweise dafür, dass die KZ-Häftlinge an den Versuchen gestorben sind. | |
| Hans Zettel deshalb einen Mörder zu nennen, erscheint ihm weit hergeholt. | |
| Wolfgang hat das Gefühl, dass sein Bruder unbedingt einen schlagenden | |
| Beweis dafür finden möchte, dass ihr gemeinsamer Vater ein Mörder war. „Der | |
| Unterschied zwischen meinem Bruder und mir ist, dass wir eine | |
| unterschiedliche Ansicht auf Fakten haben“, sagt er. Die Suche seines | |
| Bruders wurde für diesen zum Lebensinhalt. Wolfgang denkt, dass der Bruder | |
| in der Biografie seines Vaters Gründe für die eigenen Fehler finden möchte. | |
| Das sieht auch eine der Töchter von Peter Zettel so. Für ein Interview | |
| steht sie nicht bereit, aber sie schreibt in einer kurzen Mail, dass sie | |
| die Recherche des Vaters vor allem als Suche nach Erklärungen sieht, warum | |
| dieser selbst ein so schlechter Vater war. Sie verurteilt das Verhalten | |
| ihres Großvaters, hat aber kein großes Bedürfnis, sich darüber | |
| auszutauschen. Eine ähnliche Antwort kommt von seiner anderen Tochter. | |
| Nur bei Peter Zettel hat man den Eindruck, dass er über die | |
| nationalsozialistische Vergangenheit der Verwandtschaft sprechen will. Als | |
| er sich verabschiedet, hat er wieder Tränen in den Augen, es habe so gut | |
| getan, die Geschichte mit jemandem zu teilen. Einen Tag später kommt eine | |
| E-Mail mit der gleichen Nachricht. Drei Tage später eine neue E-Mail. Er | |
| habe jetzt die Unterlagen sortiert. Die Vergangenheit ist jetzt ordentlich | |
| sortiert, in einem iCloud-Ordner. | |
| Für seinen Bruder Wolfgang ist das Thema erst einmal abgeschlossen. „Vor | |
| einigen Wochen habe ich gesagt, jetzt ist Schluss, ich will nicht mehr“, | |
| erzählt er. Die Diskussionen über die vermeintliche Schuld des Vaters | |
| drehten sich irgendwann im Kreis. Der Bruder, die Enkel, sie tragen, wie in | |
| so vielen deutschen Familien, das Schweigen der Eltern weiter. | |
| 11 Oct 2022 | |
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| [1] https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/1085009 | |
| [2] https://www.t4-denkmal.de/Karl-Brandt | |
| [3] /Gedenken-an-Nazi-Verbrechen/!5107939 | |
| [4] https://www.presseportal.de/pm/129525/4242970 | |
| [5] https://www.aerzteblatt.de/archiv/192979/Medizingeschichte-Der-Nuernberger-… | |
| [6] https://www.wallstein-verlag.de/9783835331693-kampfstoff-forschung-im-natio… | |
| ## AUTOREN | |
| Sabina Zollner | |
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