Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Entlastungspaket für Berlin: Taktische Unschärfe
> Das Entlastungspaket der Koalition bleibt in den Details unkonkret.
> Frustrierend – aber richtig, wenn man den Bund unter Druck setzen will.
Bild: Ein Licht in der Dunkelheit der Energiekrise wäre für viele Menschen ei…
Die Regierende Bürgermeisterin sah sich am Donnerstag dann doch noch mal
genötigt, ein paar grundsätzliche Worte loszuwerden. „Das ist ein
Gesamtkonzept, das es so noch in keinem anderen Bundesland gibt“, sagte
Franziska Giffey (SPD) zum diese Woche im Senat beschlossenen [1][Berliner
Entlastungspaket in der Energiekrise]. „Berlin ist hier Vorreiter.“
So. Das wäre gesagt. Tatsächlich sind die Maßnahmen, die am Montag zunächst
im rot-grün-roten Koalitionsausschuss geeint und dann am Dienstag im Senat
verabschiedet wurden, recht detailliert: Ein Energiekostenzuschuss und ein
Stromrabatt für Menschen mit wenig Geld soll kommen. Der Wirtschaft wird
mit Darlehen und einer „Energiekostensoforthilfe“ über den Winter geholfen.
Kitas können 300 Euro pro Platz mehr abrechnen. Und so weiter.
Dass sich Giffey am Donnerstag im Parlament trotzdem in der Defensive
wiederfand mit ihrem mindestens 800 Millionen Euro teuren Geschenk –
billiger soll das Berliner Entlastungspaket nicht werden – liegt natürlich
daran: Es ist nicht so ganz klar, was am Ende von den vielen Versprechen
bleibt.
Die meisten Entlastungsmaßnahmen stehen im Detail noch gar nicht fest.
Etwa, wer überhaupt qualifiziert sein wird, einen Energiekostenzuschuss zu
beantragen. Der Härtefallfonds für diejenigen, die – trotz Zuschuss und
Stromrabatt – nicht mehr wissen, wie sie ihre Abschläge bezahlen sollen,
soll nur kommen, wenn der Bund sich partout nicht [2][zu einem
Energiepreisdeckel durchringen] mag.
Diese andauernde Unschärfe der Landespolitik im Angesicht der Krise mag ein
bisschen frustrierend sein. Sie ist aber gerade die richtige Taktik, um der
Ampel-Koalition im Bund endlich ein bisschen Feuer unter dem Hintern zu
machen, sich ihrerseits nicht nur zu Einmalzahlungen á la 300 Euro für
Rentner*innen hinreißen zu lassen. Vielmehr muss sie grundsätzlich zur
„Wurzel des Übels“ vorstoßen, sprich den hohen Energiepreisen. Die lähmen
die Kauflust der Leute. 300 Euro Einmalzahlung helfen da gar nichts, und
die Rezession gewinnt als Schreckgespenst am Horizont der Berliner
Wirtschaft rasch an Kontur.
## Der Energiepreisdeckel muss her
Ein breit angelegter Energiepreisdeckel muss also her. In Berlin fordert
den, in einem seltenen Anfall von Krisen-Pragmatismus mit der Linken und
der SPD vereint, sogar die CDU. Doch um ihn finanzieren zu können, müsste
der Bund die Schuldenbremse aussetzen. Das will [3][FDP-Finanziminister
Christian Lindner] nicht.
Lieber hält Lindner an der Gasumlage fest, die allerdings – zumal [4][wenn
Gasunternehmen wie Uniper verstaatlicht werden] – zunehmend den Charakter
einer Steuer bekommt. Die Last läge also wieder bei den Bürger*innen und
nicht bei den Energiekonzernen, die immer noch teils hohe Gewinne machen in
der Krise.
„Rechtlich zweifelhaft und politisch falsch“, nannte der Berliner
SPD-Fraktionschef Raed Saleh die Gasumlage. Während also die SPD gerade
fleißig Opposition gegen die mitregierenden Genoss*innen im Bund
betreibt, bleiben die Berliner Grünen leise. Dabei scheint
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Gasumlage auch lieber
wieder weghaben zu wollen – er habe erhebliche verfassungsrechtliche
Zweifel, ließ er sich zitieren. Finanzminister Linder mag die freilich
nicht erkennen.
Am kommenden Mittwoch entscheidet sich auf der
Ministerpräsidentenkonferenz, ob die Länder – auch NRW und Bayern wollen
sich der Schuldenbremse entledigen – so viel Druck machen können, dass die
FDP ihre Blockadehaltung aufgeben muss. Damit läge der Ball wieder beim
Berliner Senat. Und dann müsste man endlich konkret werden bei den
Entlastungs-Versprechen.
24 Sep 2022
## LINKS
[1] /Entlastungspaket-fuer-Berlinerinnen/!5879486
[2] /Von-der-Leyens-Energiemarkt-Plan/!5878125
[3] /Verstaatlichung-von-Uniper/!5879733
[4] /Nach-der-Verstaatlichung-von-Uniper/!5879749
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Wochenkommentar
Berlin
Energiekrise
Franziska Giffey
Franziska Giffey
Umfragewerte
Ampel-Koalition
Energie
Franziska Giffey
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kein Rauswurf wegen Energiekosten: Schutz für 360.000 Wohnungen
Der Senat beschließt ein Kündigungsmoratorium für landeseigene
Wohnungsgesellschaften. Giffey drängt auch private Vermieter zu einer
solchen Zusage.
SPD in Umfrage auf Abwärtskurs: In Versuchung geführt
Ein Jahr nach der Wahl sind die regierenden Sozialdemokraten in Berlin nur
drittstärkste Kraft. Das stellt sie in der Krise auf eine harte Probe.
Verstaatlichung von Uniper: Gefährliches Zaudern
Die Verstaatlichung von Uniper war überfällig. Jetzt muss die
Bundesregierung nur noch Geld lockermachen.
Energiekrise in Europa: Uniper wird verstaatlicht
Der Staat steigt mit 8 Milliarden Euro bei dem Energiekonzern ein und
erhält 99 Prozent der Anteile. Der Bund hält erst mal an Gasumlage fest.
Kampf der Energiekrise: Ohne Dunkeltuten
Mit einem bundesweiten Energiedeckel will der Senat Entlastung in der Krise
schaffen. Auch ein Kündigungsmoratorium soll kommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.