Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kriegsdienstverweigerer aus Russland: Ampel will Asyl für Deserteu…
> Nach Putins Teilmobilmachung soll die Aufnahme von
> Kriegsdienstverweigerern vereinfacht werden. Noch-Botschafter Andrij
> Melnyk ist dagegen.
Bild: Asyl statt Teilmobilmachung und Propaganda
Berlin taz | Die Bundesregierung will die Aufnahme russischer Deserteure in
Deutschland erleichtern. Hintergrund ist die Teilmobilmachung, die der
russische Präsident Wladimir Putin am Mittwoch ausgerufen hat.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte am Freitag in Berlin, dass
Deutschland gemeinsam mit den anderen EU-Staaten „eine tragfähige Lösung“
für den Umgang mit russischen Deserteuren finden wolle.
Noch gibt es kein Sonderaufnahmeprogramm oder sogenannte humanitäre Visa
für Kriegsdienstverweigerer aus Russland. Bei Asylanträgen müsse aber jeder
Einzelfall auf Beweggründe der Flucht überprüft werden, betonte Hebestreit.
Niemand solle sich im Auftrag der russischen Regierung nach Europa bewegen
können.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, wetterte derweil
gegen das Vorhaben. Melnyk – noch bis Mitte Oktober im Amt – nannte es
einen falschen Ansatz, wenn junge Russen „abhauen“ würden und „im Westen
Dolce Vita“ genössen. Eher sollten sie „Putin und sein rassistisches Regime
endlich stürzen“, [1][schrieb er am Donnerstag auf Twitter].
Politiker:innen in Deutschland wollen jedoch russischen Deserteuren
Asyl gewähren. Justizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte auf
[2][Twitter], dass „wer Putins Weg hasst und die liberale Demokratie liebt“
herzlich willkommen sei. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese betonte in der
Rheinischen Post, dass er die verschärften Strafen, die Menschen bei Entzug
der Einberufung drohten, „bereits nach jetziger Rechtslage für ausreichend
als Asylgrund“ halte.
Auch die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion,
Irene Mihalic, bekräftigte gegenüber der Zeitung, wer sich nicht als
russischer Soldat im „völkerrechtswidrigen und mörderischen Angriffskrieg“
gegen die Ukraine beteiligen wolle, dem müsse in Deutschland Asyl gewährt
werden.
## Auch die Union ist für humanitäre Visa
Zustimmung kommt aus der Opposition: Der stellvertretende Vorsitzende der
Unionsfraktion, Johann Wadephul, forderte Medienberichten zufolge,
humanitäre Visa müssten jetzt großzügig und umfassend ausgelegt werden.
Bereits Ende Mai hatte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bekannt gegeben,
dass besonders gefährdeten Dissident:innen, Medienschaffenden und
Wissenschaftler:innen in Deutschland Schutz geboten werden soll. Über
dieses Sonderaufnahmeprogramm wurden nach Angaben des
Bundesinnenministeriums 438 Menschen aus Russland aufgenommen.
Der Sprecher des Ministeriums, Maximilian Kall, sagte, die
Entscheidungspraxis des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge für
Asylbewerber aus Russland sei bereits im April so geändert worden, „dass im
Regelfall die Kriegsdienstverweigerung ein Schutzgrund ist“.
## Langwierige Begutachtung der Asylanträge
Jedoch werden auch Asylanträge russischer Oppositioneller langwierig als
Einzelfälle begutachtet. Das hat zur Folge, dass vielen das politische Asyl
in Deutschland verwehrt bleibt, insbesondere, wenn sie sich schon in
Drittstaaten aufhalten, wie die [3][taz berichtete].
Rudi Friedrich, Geschäftsführer des Vereins [4][„Connection“], erklärt z…
Teilmobilmachung in Russland: „Viele verunsichert die Nachricht stark. Es
herrscht Unklarheit, wer nun eingezogen werden soll und wer nicht, oder
noch nicht“. Die Organisation setzt sich international für
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure ein. Friedrich sagt: „Für uns ist
klar: Niemand zwischen 18 und 60 Jahren kann sich mehr sicher sein in
Russland, dass er nicht eingezogen wird.“
## Gerüchte in Russland
In Russland kursieren [5][Gerüchte] darüber, dass nicht wie angekündigt
300.000 Reservisten eingezogen werden könnten, sondern eine Million. In dem
sogenannten geheimen siebten Punkt des Dekrets sei das beschrieben,
berichtet die oppositionelle Zeitung [6][„Nowaja Gaseta“]. Sie hat diese
Information nach eigenen Angaben von einer Quelle der Präsidialverwaltung.
Der russische Regierungssprecher Dmitri Peskow dementierte diesen Bericht
umgehend in der staatlichen Agentur [7][Ria Nowosti]. Verteidigungsminister
Sergei Schoigu habe von „bis zu 300.000 Menschen“ gesprochen. Diese würden
aber „nicht alle auf einmal“ eingezogen.
23 Sep 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/MelnykAndrij/status/1572858853435539456
[2] https://twitter.com/MarcoBuschmann
[3] /Russische-Oppositionelle/!5866661
[4] https://de.connection-ev.org/index.php
[5] https://www.n-tv.de/politik/Russlands-Teilmobilmachung-koennte-viel-groesse…
[6] https://novayagazeta-eu.cdn.ampproject.org/c/s/novayagazeta.eu/amp/articles…
[7] https://radiosputnik.ria.ru/20220922/mobilizatsiya-1818708351.html
## AUTOREN
Anne Frieda Müller
## TAGS
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Asylrecht
Deserteur
Mobilmachung
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Flucht
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russische Opposition
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Russland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit über russische Deserteure: Zivilisatorisches Versagen
Wer nicht kämpft, kann nicht töten – nicht nur deshalb sollte jeder, der
nicht für Russlands Präsident Putin sterben will, überall aufgenommen
werden.
Mehr Geflüchtete in Deutschland: Es wird wieder eng
Kommunen klagen über steigende Geflüchtetenzahlen, Turnhallen werden wieder
umfunktioniert. Ist es wirklich so dramatisch?
Aufnahme russischer Deserteure: Macht hoch die Tür
Soll Europa russische Deserteure, Kriegsdienstflüchtlinge oder
Kriegsdienstverweigerer einreisen lassen? Natürlich, immer und sofort! Was
denn sonst?
Rechte ukrainischer Geflüchteter: Aufenthaltsstatus unsicher
Drittstaatsangehörige aus der Ukraine erhalten nur unter bestimmten
Voraussetzungen Schutz in Deutschland. Vielen könnte die Abschiebung
drohen.
Asyl für russische Kriegsverweigerer: EU noch uneins
Deutschland ist offen für die Aufnahme russischer Deserteure. In der
Europäischen Union wird noch diskutiert.
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Wird Edward Snowden Russe?
Putin bietet dem Whistleblower Snowden die russische Staatsbürgerschaft an.
Die USA drohen mit „katastrophalen Konsequenzen“ bei Atomwaffeneinsatz.
Russische Scheinreferenden in der Ukraine: Erzwungene „Willensbekundung“
Im besetzten ukrainischen Cherson werden Fragebögen für das
Scheinreferendum über den Anschluss an Russland verteilt. Viele Bewohner
haben Angst.
+++ Krieg in der Ukraine +++: Schlangen an den Grenzübergängen
Grenzschützer in Finnland und Kasachstan melden erhöhtes Aufkommen aus
Russland. Der Kreml beklagt „Hysterie“ als Reaktion auf die Mobilmachung.
Russische Oppositionelle: Kein Deutschlandbezug, kein Visum
Für geflüchtete Russ:innen werden zu wenig Aufenthaltsgenehmigungen
ausgestellt. Ein Grund: fehlende Beziehungen zu Deutschland.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.