| # taz.de -- Rechte ukrainischer Geflüchteter: Aufenthaltsstatus unsicher | |
| > Drittstaatsangehörige aus der Ukraine erhalten nur unter bestimmten | |
| > Voraussetzungen Schutz in Deutschland. Vielen könnte die Abschiebung | |
| > drohen. | |
| Bild: Erstanlaufstelle für Asylsuchende aus der Ukraine in Berlin im März | |
| Berlin taz | Nicht alle Geflüchteten aus der Ukraine haben in Deutschland | |
| die gleichen Chancen auf einen gesicherten Aufenthalt. Seit dem 1. | |
| September dürfen sie sich nur noch für 90 Tage ohne Aufenthaltstitel hier | |
| aufhalten. Darüber hinaus haben Menschen mit ukrainischem Pass aber | |
| Anspruch auf bis zu zwei Jahre Schutz in Deutschland. Für | |
| Drittstaatsangehörige gilt das hingegen nur unter [1][bestimmten | |
| Voraussetzungen], etwa wenn sie einen unbefristeten Aufenthaltstitel in | |
| der Ukraine hatten oder nicht sicher und dauerhaft in ihre Herkunftsländer | |
| zurückkehren können. Andernfalls droht ihnen die Abschiebung. | |
| Edwin Greve vom Migrationsrat Berlin sind bislang noch keine tatsächlich | |
| vollzogenen Abschiebungen bekannt. „Was Ausreiseaufforderungen angeht, | |
| sieht es allerdings etwas anders aus“, schreibt Greve der taz. Schon bald | |
| könnten diese durchgesetzt werden, befürchtet der Geschäftsführer des | |
| Flüchtlingsrats Schleswig-Holstein, Martin Link, mit Blick auf | |
| möglicherweise steigende Ankunftszahlen im Winter: „Je höher die Nachfrage | |
| nach Plätzen, desto restriktiver werden die Ausländerbehörden in der | |
| Umsetzung von Ausreiseaufforderungen.“ | |
| Von der [2][neuen Unsicherheit] um einen Aufenthaltstitel sind in | |
| Deutschland rund 32.000 Geflüchtete betroffen. Insgesamt erfasste das | |
| Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) bis Mitte September knapp | |
| eine Million Personen, die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine | |
| seit Februar 2022 nach Deutschland eingereist sind. Davon seien fast 97 | |
| Prozent ukrainische Staatsangehörige, schlüsselt eine Sprecherin des | |
| Bundesinnenministeriums (BMI) auf. | |
| ## Abschiebung bedeutet eine weitere Katastrophe | |
| Auch sie müssen in den ersten 90 Tagen ihres Aufenthalts einen Antrag | |
| stellen, jedoch erhalten sie nach einer Entscheidung des Rats der | |
| Europäischen Union vorübergehenden Schutz laut Paragraf 24 des | |
| Aufenthaltsgesetzes. „Das Ziel ist vor allem, dass die Menschen schnelle | |
| Sicherheit und Schutz bekommen, anstatt in langwierigen und bürokratischen | |
| Verfahren festzustecken“, erklärt Wiebke Judith, rechtspolitische | |
| Referentin bei Pro Asyl. Für alle anderen, also vor allem | |
| Drittstaatsangehörige, ist unklar, ob sie diesen Schutzstatus erhalten | |
| können. „Sie können den Antrag auch stellen, jedoch werden hier | |
| Einzelfallprüfungen durchgeführt – und das kann dauern“, sagt Judith der | |
| taz. | |
| Flüchtlingsräte und Pro Asyl fordern von der Bundesregierung, alle | |
| Geflüchteten aus der Ukraine gleich zu behandeln: „Sie haben ihren | |
| Lebensmittelpunkt, oft auch ihre Heimat verloren – unabhängig von der | |
| Nationalität in ihrem Pass.“ Dass nun ein halbes Jahr nach Kriegsausbruch | |
| Tausende nach Deutschland geflohene Menschen eine Abschiebung befürchten | |
| müssen, sei für viele eine weitere Katastrophe, kritisiert Wiebke Judith. | |
| Die Bundesregierung hat zudem versäumt, die Betroffenen rechtzeitig zu | |
| informieren. Bis zum 31. August konnten sich alle Geflüchteten aus der | |
| Ukraine ohne Visum in Deutschland aufhalten. Dass diese Regel nun nur noch | |
| und auch rückwirkend für 90 Tage gilt, kam überraschend. Wer also bis Ende | |
| August keine Aufenthaltserlaubnis egal welcher Art beantragt hatte und sich | |
| dann schon länger als 90 Tage in Deutschland befand, rutscht in die | |
| Illegalität. „Beratungsstellen versuchen, so viele wie möglich zu | |
| informieren“, sagt Judith. Sie gehe davon aus, dass viele noch einen | |
| entsprechenden Antrag gestellt haben. „Solange darüber nicht entschieden | |
| wurde, können [3][die Geflüchteten] mit einer sogenannten | |
| Fiktionsbescheinigung legal in Deutschland leben.“ | |
| 27 Sep 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Frieda Müller | |
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